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Eingliederungsvereinbarung

 Normen 

§ 15 SGB II

 Information 

1. Aktuelle Rechtslage

Die Eingliederungsvereinbarung wird zum 01.07.2023 durch den Kooperationsplan ersetzt. Die folgenden Ausführungen beziehen sich insofern auf die bis zum 30.06.2023 geltende Rechtslage.

2. Rechtslage bis zum 30.06.2023

Eine Eingliederungsvereinbarung ist im Rahmen der Gewährung des Bürgergeldes eine Vereinbarung zwischen der Agentur für Arbeit und dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Inhalte der Eingliederungsvereinbarung sind:

  • Die Leistungen der Agentur für Arbeit an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zur Eingliederung in Arbeit (siehe auch den Beitrag "Arbeitsförderung Langzeitarbeitslose").

  • Die Pflichten des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zur Eingliederung in Arbeit.

Die Bestimmung von Obliegenheiten/Pflichten der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die Planung der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erfolgt im Eingliederungsprozess durch die Eingliederungsvereinbarung bzw. durch das Angebot von Maßnahmen und durch Arbeitsangebote. Das Sanktionenrecht setzt an der Verletzung von Pflichten an, die im Eingliederungsprozess identifiziert und festgelegt worden sind. Dem Zusammenspiel von Eingliederungsvereinbarung und der Bestimmung von Pflichten und ihrer Nachhaltung bis hin zur Durchsetzung im Rahmen von Sanktionen kommt dementsprechend große Bedeutung zu.

Ausgangspunkt des gesamten Eingliederungsprozesses müssen die individuell festgestellten Kompetenzen der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person sein. In Anlehnung an das aus dem Arbeitsförderungsrecht bekannte Instrument der Potenzialanalyse wird hierzu eine individuelle Einschätzung durchgeführt, die die Grundlage der Integrationsprognose für die Vermittlung und Beratung sowie den Einsatz von Eingliederungsleistungen bildet. Obliegenheiten bzw. Pflichten sind entsprechend der festgestellten Fähigkeiten und Kompetenzen der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person zu bestimmen. Insbesondere bei Langzeitleistungsbeziehenden muss berücksichtigt werden, dass Maßnahmen auch motivationsfördernde Elemente enthalten können. Der Bezug zu den festgestellten Potenzialen der leistungsberechtigten Person wird in der Eingliederungsvereinbarung auch dadurch hergestellt, dass die Vermittlungsbereiche (Branchen, Tätigkeitsfelder) benannt werden, in denen die Eingliederung vorrangig erfolgen und für die Vermittlungsvorschläge unterbreitet werden sollen.

Die Eingliederungsvereinbarung soll nicht als Mittel missverstanden werden, von Gesetzes wegen bestehende Pflichten im Wege einer einvernehmlichen Vereinbarung zu regeln. Dies gilt insbesondere für die im Rahmen der Selbsthilfeverpflichtung nach § 5 Absatz 3 und § 12a SGB II bereits bestimmten Pflichten zur Beantragung von vorrangigen Leistungen. Jedoch müssen Leistungen anderer Sozialleistungsträger, die der (Wieder-)Eingliederung in Arbeit dienen (wie zum Beispiel Leistungen der beruflichen Rehabilitation), in die Vereinbarung einbezogen werden, auch um sicherzustellen, dass die Jobcenter vorrangige Leistungen prüfen und deren Inanspruchnahme unterstützen.

Dass die Eingliederungsvereinbarung das maßgebliche Werkzeug zur Planung und Gestaltung des Eingliederungsprozesses und zur Festlegung gegenseitiger Rechte und Pflichten ist, wird durch die Aktualisierungsverpflichtung unterstrichen. Hierzu sollen aufgrund der Erfahrungen und des Verlaufs der bisherigen Leistungen zur Eingliederung Anpassungen des Eingliederungsprozesses erfolgen, die auch dokumentiert werden. Anders als bisher ist die Laufzeit der Eingliederungsvereinbarung nicht mehr regelhaft auf sechs Monate festgelegt, sondern im Interesse eines kontinuierlichen Eingliederungsprozesses sind die sechs Monate der späteste Zeitpunkt für eine Überprüfung und Aktualisierung der Vereinbarung. Es ist angemessen, die Inhalte der Vereinbarung hoheitlich festzusetzen, wenn im Integrationsprozess eine einverständliche Regelung über Leistungen und Pflichten nicht gelingt, aber eine verbindliche Festlegung erforderlich ist. Die Bestimmungen zur Schadenersatzpflicht beim Abbruch von Bildungsmaßnahmen nach dem bisherigen Absatz 3 wurden aufgehoben. Die praktischen Anwendungsfälle der Vorschrift sind außerordentlich selten. Die Bestimmung des Umfanges des Schadenersatzes und seine Geltendmachung hatten sich zudem als unverhältnismäßig verwaltungsaufwendig erwiesen.

Die Rechtmäßigkeit und Möglichkeit der Auflösung einer Eingliederungsvereinbarung richten sich nach den Vorschriften der §§ 53 ff SGB X über den öffentlich-rechtlichen Vertrag. Danach kann eine Partei diesen kündigen, wenn sich die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesenen Verhältnisse mit Abschluss wesentlich geändert haben und dies zur Folge hat, dass dieser Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist (BSG 06.12.2012 B 11 AL 15/11 R).

Ist eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich, so muss der erwerbsfähige Leistungsberechtigte jede ihm zumutbare Arbeitsgelegenheit annehmen. Eine Beschäftigung gilt jedoch erst dann als zumutbar, wenn das tarifliche oder ortsübliche Entgelt gezahlt wird und die Kinderbetreuung sichergestellt ist.

 Siehe auch 

Bürgergeld

Bürgergeld - Sanktionen

Estelmann: SGB II. Kommentar; 1. Auflage 2023

Lahne: Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II als Praxisinstrument der Vermittlungsfachkräfte in den Jobcentern; Zeitschrift für die sozialrechtliche Praxis - ZfSH/SGB 2014, 335

Weinreich: Die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt nach § 15 SGB II; Zeitschrift für die sozialrechtliche Praxis - ZfSH/SGB 2014, 593