Bundesfreiwilligendienst
BFDG
ZSV
1 Einführung
Die mit der derzeit noch bestehenden Aussetzung der gesetzlichen Verpflichtung zur Ableistung des Grundwehrdienstes (Wehrpflicht) sowie dem damit verbundenen Ende des Zivildienstes entstandene Lücke wurde mit der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes gefüllt. Rechtsgrundlage ist das Bundesfreiwilligendienstgesetz – BFDG.
Anders als zuvor beim Zivildienst oder dem weiterhin bestehenden Freiwilligen sozialen Jahr bzw. dem Freiwilligen ökologischen Jahr können auch »ältere« Menschen an dem Bundesfreiwilligendienst teilnehmen.
Hinweis:
Die Möglichkeit, den Zivildienst als Wehrersatzdienst im Bedarfsfall wieder aktivieren zu können, ist erhalten geblieben.
2 Teilnahmeberechtigung
Zur Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes berechtigt ist gemäß § 2 BFDG jede Person, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt hat.
Neben EU-Ausländern können auch andere Ausländer am Bundesfreiwilligendienst teilnehmen:
Einem Nicht-EU-Ausländer wird eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Teilnahme an einem europäischen Freiwilligendienst nach der Richtlinie 2016/801 erteilt, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG zugestimmt hat oder durch die Beschäftigungsverordnung oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Teilnahme an einem europäischen Freiwilligendienst ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist und der Ausländer eine Vereinbarung mit der aufnehmenden Einrichtung vorlegt, die die in § 19e AufenthG aufgeführten Inhalte enthält.
3 Voraussetzung und Form der Ausführung
Rechtsgrundlage ist § 2 BFDG.
Ableistung des freiwilligen Dienstes ohne Erwerbsabsicht
Verpflichtung zur Leistung des Dienstes für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten und höchstens 24 Monaten (s.u.)
Die Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes ist neben der Vollzeittätigkeit bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch als Teilzeit möglich, jedoch nur mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden. Dies dient dem Zweck, dass die gesetzlich geregelten Freiwilligendienste sich von anderen Formen zivilgesellschaftlichen Engagements, die von vielen Millionen Menschen in Deutschland im Umfang einiger Wochenstunden in allen Bereichen der Gesellschaft ausgeübt werden, unterscheiden.
Hinweis:
Seit dem 20.05.2024 muss für die Vereinbarung eines Teilzeitdienstes für Freiwillige kein berechtigtes Interesse an einem Teilzeitdienst mehr vorliegen.
Außerhalb einer Berufsausbildung: Dass ein Freiwilligendienst außerhalb einer Berufsausbildung zu leisten ist, ist im Zusammenhang mit den nun eröffneten Teilzeitmöglichkeiten so zu verstehen, dass ein Freiwilligendienst in Teilzeit bei einer Einrichtung, bei der bereits eine Teilzeitausbildung absolviert wird, ausscheidet.
Geld- und Sachleistungen nur in dem gesetzlich geregelten Umfang (s.u.)
4 Dauer
Grundregel:
Der Bundesfreiwilligendienst ist gemäß § 3 BFDG für eine Dauer von mindestens sechs Monaten und höchstens 18 Monaten abzuleisten. In der Regel soll der Dienst für eine Dauer von zwölf zusammenhängenden Monaten geleistet werden.
Ausnahmen:
Der Dienst kann ausnahmsweise bis zu einer Dauer von 24 Monaten verlängert werden, wenn dies im Rahmen eines besonderen pädagogischen Konzepts begründet ist.
Im Rahmen eines pädagogischen Gesamtkonzepts ist auch eine Ableistung in zeitlich getrennten Abschnitten möglich, wenn ein Abschnitt mindestens drei Monate dauert.
Die Gesamtdauer aller Abschnitte sowie mehrerer geleisteter Bundesfreiwilligendienste darf bis zum 27. Lebensjahr die zulässige Gesamtdauer nach den Sätzen 2 und 3 nicht überschreiten, danach müssen zwischen jedem Ableisten der nach den Sätzen 2 und 3 zulässigen Gesamtdauer fünf Jahre liegen.
Auf das Ableisten der Gesamtdauer ist ein Jugendfreiwilligendienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz (Freiwilliges ökologisches Jahr, Freiwilliges soziales Jahr) anzurechnen.
5 Teilnahme an Seminaren und Schulungen
Mit der Ergänzung von § 4 Abs. 3 BFDG zum 29.05.2024 wurde klargestellt, dass, dass ganz- oder teiltägig durchgeführte Seminartage auch bei einem Bundesfreiwilligendienst in Teilzeit unabhängig von ihrer Dauer als ein Dienst-Tag entsprechend der individuell vereinbarten täglichen Dienstzeit gelten und dementsprechend nicht zu Über- oder Minderstunden führen.
Die Einfügung des neuen Satzes 4 dient dem Ziel, einen Ausgleich für Seminarzeiten an Tagen zu regeln, an denen Freiwillige einen dienstfreien Tag hätten, wenn sie nicht das Seminar besuchen müssten. Dies betrifft im Wesentlichen dienstfreie Tage, die zwischen den Freiwilligen und ihren Einsatzstellen vereinbart wurden und dienstfreie Tage aufgrund von Einsatzplänen. Bei der Berücksichtigung von gesetzlichen Feiertagen sind die Regelungen am jeweiligen Dienstort und folglich bei Seminaren die Regelungen am Seminarort maßgeblich. Würde jedoch für eine an einem Seminar teilnehmende Person am Ort der Einsatzstelle ein gesetzlicher Feiertag gelten, soll auch für diesen gesetzlichen Feiertag ein dienstfreier Tag außerhalb des Seminars in der Einsatzstelle gewährt werden.
Dies gilt unabhängig davon, ob der Dienst in Voll- oder in Teilzeit geleistet wird, denn die Seminare werden in der Regel nicht individuell entsprechend der vereinbarten Dienstzeiten oder -tage einzelner Freiwilliger ausgestaltet (zum Beispiel hinsichtlich der täglichen Dauer oder der Tage). Ein Anspruch auf die Durchführung von Seminaren in Teilzeit wird durch die Änderung nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/9874) nicht geschaffen.
Um dem hohen Qualitätsanspruch der Freiwilligendienste als Lern- und Bildungsdienst gerecht zu werden, muss die Anzahl an Seminartagen von Freiwilligen, die einen Teilzeitdienst leisten, der Anzahl an Seminartagen der Freiwilligen im Vollzeit-Dienst entsprechen.
6 Vergütung
In § 2 Nr. 4 4 BFDG ist bestimmt, welche Arten der Vergütung zulässig sind. Diese sind:
unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung oder entsprechende Geldersatzleistungen
ein angemessenes Taschengeld: Die Verantwortung für die konkrete Höhe des angemessenen Taschengeldes liegt bei den Trägern und Einsatzstellen, wobei der Rahmen in § 2 S. 2 BFDG gesetzlich festgelegt ist. Die bundeseinheitlich festgelegte Obergrenze für ein angemessenes Taschengeld ist dynamisch an die in der allgemeinen Rentenversicherung geltende Beitragsbemessungsgrenze gekoppelt. Das Taschengeld darf nach einer Erhöhung dieser Grenze zum 29.05.2024 8 % der in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigen.
Neu seit dem 29.05.2024: Mobilitätszuschläge oder entsprechende Sachleistungen: Die konkrete Ausgestaltung der Mobilitätszuschläge bleibt den Vereinbarungen zwischen den Freiwilligen und den Trägern beziehungsweise Einsatzstellen überlassen. Denkbar sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/9874) beispielsweise Fahrtkostenzuschüsse oder die Ausgabe von Fahrkarten, aber auch (gegebenenfalls anteilige) Kostenerstattungen für andere Mobilitätsmittel, wie z.B. für die Anschaffung eines Fahrrads, für dessen Reparatur oder Wartung. Die Mobilitätszuschläge sind der Höhe nach begrenzt, um eine Umgehung der Taschengeld-Obergrenze durch eine unverhältnismäßige hohe Leistung von Mobilitätszuschlägen zu vermeiden. Die maximal zulässige Höhe ist dynamisch an das maximal angemessene Taschengeld geknüpft. Die monatlichen Mobilitätszuschläge dürfen 15 % des monatlich maximal zulässigen Taschengeldes nicht übersteigen.
7 Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug
Mit § 18 BFDG wurde der Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug als Sonderform des Bundesfreiwilligendienstes geschaffen.
§ 18 Abs. 1 BFDG definiert den Begriff des Bundesfreiwilligendienstes mit Flüchtlingsbezug. Der Begriff »Flüchtlingsbezug« wird dabei in untechnischem Sinne verwendet. Einsatzplätze haben einen Flüchtlingsbezug, wenn ihre Tätigkeitsbeschreibung eine Unterstützung von Asylberechtigten, Personen mit Internationalem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU oder Asylbewerbern erkennen lässt, z.B. bei ihrer Unterbringung und Versorgung, bei der Hilfe bei ihrer gesellschaftlichen Orientierung und Integration und bei der Koordinierung von bürgerschaftlichem Engagement zu ihren Gunsten. Außerdem ist der Flüchtlingsbezug gegeben, wenn der Freiwillige oder die Freiwillige Asylberechtigter, Person mit Internationalem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU oder Asylbewerber ist.
Die Möglichkeit eines Teilzeit-Bundesfreiwilligendienstes gilt auch für Freiwillige mit Flüchtlingsbezug, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Eine Ausweitung auf diesen Personenkreis ist notwendig, um den erhöhten Bedarf an freiwilligem Engagement in diesem Bereich gerecht werden zu können und flexibel darauf zu reagieren.
Die besonderen Bedürfnisse von Freiwilligen mit Flüchtlingsbezug bedingen eine besondere pädagogische Begleitung. Diese Begleitung soll nicht nur in Form von Seminaren, sondern auch durch andere geeignete Bildungs- und Begleitmaßnahmen erfolgen können. Außerdem ist es unabdingbar, im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes mit Flüchtlingsbezug auch den Erwerb deutscher Sprachkenntnisse zu fördern.
§ 18 Abs. 4 BFDG regelt den Einsatzort für Freiwillige mit Flüchtlingsbezug. Satz 1 ermöglicht es, dass angesichts der Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten und einer ausdrücklich gewollten Flexibilität dieses Dienstformates die Einsatzstelle und der tatsächliche Einsatzort auseinander fallen dürfen. Die Einsatzstelle hat allerdings sicherzustellen, dass es sich bei dem jeweiligen Einsatzort um eine gemeinwohlorientierte und zuverlässige Einrichtung handelt. Voraussetzung für die Entsendung in eine andere Einsatzstelle ist die Zustimmung der oder des zu entsendenden Freiwilligen.
8 Sozialversicherung
Die Freiwilligen des Bundesfreiwilligendienstes und die Freiwilligen der Jugendfreiwilligendienste sind sozialversicherungsrechtlich gleichgestellt.
Gemäß § 67 SGB VII wird während des Freiwilligendienstes die Zahlung einer Waisenrente nicht unterbrochen.
9 Bürgergeld
Im Falle des Bezugs von Bürgergeld ist das Taschengeld grundsätzlich als Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II zu betrachten und anzurechnen.
10 Recht der Arbeitsförderung
Gemäß § 27 SGB III besteht trotz der geringfügigen Bezahlung während des Bundesfreiwilligendienstes Versicherungspflicht zur Arbeitsförderung. Freiwillige des Bundesfreiwilligendienstes sind damit unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgeltes in den Schutz der Arbeitsförderung einbezogen.
Das während des Freiwilligendienstes erzielte atypische Entgelt wird gemäß § 150 SGB III nicht bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes berücksichtigt. Das Arbeitslosengeld bestimmt sich in diesen Fällen vielmehr nach dem Arbeitsentgelt, dass der oder die Freiwillige im Bemessungsrahmen aus anderen Beschäftigungen erzielt hat. Hat der oder die Freiwillige kein anderes Arbeitsentgelt im Bemessungsrahmen erzielt, ist das Arbeitslosengeld nach dem künftig erzielbaren Arbeitsentgelt zu bemessen (§ 152 SGB III).
Für Freiwillige des Bundesfreiwilligendienstes, die zuvor eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben, sind Beiträge nach Maßgabe der Bezugsgröße zu zahlen. Damit wird vermieden, dass für diesen Personenkreis in Hinblick auf die Höhe des Arbeitslosengeldes, das regelmäßig an das vor dem Freiwilligendienst erzielte Arbeitsentgelt anknüpft, unverhältnismäßig niedrige Beiträge an die Bundesagentur für Arbeit gezahlt werden (§ 344 SGB III).
11 Zuständiges Gericht
Die Arbeitsgerichte sind gemäß § 2a Abs. 1 Nr. 3d ArbGG sowie § 2 Abs. 1 Nr. 8a ArbGG die zuständigen Gerichte.