Rechtswörterbuch

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Bundesfreiwilligendienst

 Normen 

BFDG

ZSV

§ 19e AufenthG

 Information 

1. Einführung

Die mit der Aussetzung der gesetzlichen Verpflichtung zur Ableistung des Grundwehrdienstes (Wehrpflicht) sowie dem damit verbundenen Ende des Zivildienstes entstandene Lücke soll mit der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes gefüllt werden. Rechtsgrundlage ist das Bundesfreiwilligendienstgesetz - BFDG.

Anders als zuvor beim Zivildienst oder dem weiterhin bestehenden Freiwilligen sozialen Jahr können auch "ältere" Menschen an dem Bundesfreiwilligendienst teilnehmen.

Hinweis:

Die Möglichkeit, den Zivildienst als Wehrersatzdienst im Bedarfsfall wieder aktivieren zu können, ist erhalten geblieben.

2. Teilnahmeberechtigung

Zur Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes berechtigt ist gemäß § 2 BFDG jede Person, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt hat.

Neben EU-Ausländern können auch andere Ausländer am Bundesfreiwilligendienst teilnehmen:

Einem Nicht-EU-Ausländer wird eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Teilnahme an einem europäischen Freiwilligendienst nach der Richtlinie 2016/801 erteilt, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG zugestimmt hat oder durch die Beschäftigungsverordnung oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Teilnahme an einem europäischen Freiwilligendienst ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist und der Ausländer eine Vereinbarung mit der aufnehmenden Einrichtung vorlegt, die die in § 19e AufenthG aufgeführten Inhalte enthält.

3. Form

Rechtsgrundlage ist § 2 BFDG.

Die Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes ist neben der Vollzeittätigkeit bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch als Teilzeit möglich, jedoch nur mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden. Diese Voraussetzungen sind:

  • Der Freiwillige hat das 27. Lebensjahr vollendet oder

  • er hat das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet und ein berechtigtes Interesse der Freiwilligen an einer Teilzeitbeschäftigung vorliegt.

    • Dabei soll sich das berechtigte Interesse nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/7839) an der Auslegung des § 8 Abs. 1 S. 2 BBiG a.F. orientieren (Anmerkung: Nach der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung der Norm konnte sich bei berechtigtem Interesse der Antrag auch auf die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit richten (Teilzeitberufsausbildung). Diese ist nun in § 7a BBiG geregelt - dabei ist die Voraussetzung des berechtigten Interesses entfallen).

      Nach § 8 Abs. 3 BBiG kann der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung Richtlinien über die Verkürzung der Ausbildungszeit erlassen.

    • Danach liegt ein berechtigtes Interesse beispielsweise vor, wenn Auszubildende

      • ein eigenes Kind oder einen nahen Angehörigen zu betreuen haben,

      • schwerbehindert sind und nicht die regelmäßige tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit absolvieren können (physische oder psychische Beeinträchtigung oder andere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen)

      • oder vergleichbare schwerwiegende Gründe gegeben sind.

      In Anlehnung an diese Richtlinien soll auch in den Freiwilligendiensten über das Vorliegen eines berechtigten Interesses von Freiwilligen - vergleichbar mit Auszubildenden in entsprechenden Lebenssituationen - entschieden werden. Im Einzelfall sollen darüber hinaus insbesondere auch Fallkonstellationen wie zum Beispiel die zeitlich mit einem Vollzeit-Freiwilligendienst kollidierende Wahrnehmung von arbeitsmarktneutralen Bildungs- oder Qualifizierungsangeboten oder die Teilnahme an einem Integrationskurs nach dem Aufenthaltsgesetz parallel zu einem Freiwilligendienst Berücksichtigung finden.

Dass ein Freiwilligendienst außerhalb einer Berufsausbildung zu leisten ist, ist im Zusammenhang mit den nun eröffneten Teilzeitmöglichkeiten so zu verstehen, dass ein Freiwilligendienst in Teilzeit bei einer Einrichtung, bei der bereits eine Teilzeitausbildung absolviert wird, ausscheidet.

Es besteht kein Rechtsanspruch der Freiwilligendienstleistenden auf eine Stundenreduzierung. Es muss vielmehr zur Inanspruchnahme der Teilzeitmöglichkeit das Einverständnis von Einsatzstelle und Freiwilligem vorliegen. Das berechtigte Interesse ist durch die Vorlage geeigneter Belege nachzuweisen und in der Einsatzstelle bzw. beim Träger als Anlage der Freiwilligendienstvereinbarung zu dokumentieren.

4. Dauer

Grundregel:

Der Bundesfreiwilligendienst ist gemäß § 3 BFDG für eine Dauer von mindestens sechs Monaten und höchstens 18 Monaten abzuleisten. In der Regel soll der Dienst für eine Dauer von zwölf zusammenhängenden Monaten geleistet werden.

Ausnahmen:

Der Dienst kann ausnahmsweise bis zu einer Dauer von 24 Monaten verlängert werden, wenn dies im Rahmen eines besonderen pädagogischen Konzepts begründet ist.

Im Rahmen eines pädagogischen Gesamtkonzepts ist auch eine Ableistung in zeitlich getrennten Abschnitten möglich, wenn ein Abschnitt mindestens drei Monate dauert.

Die Gesamtdauer aller Abschnitte sowie mehrerer geleisteter Bundesfreiwilligendienste darf bis zum 27. Lebensjahr die zulässige Gesamtdauer nach den Sätzen 2 und 3 nicht überschreiten, danach müssen zwischen jedem Ableisten der nach den Sätzen 2 und 3 zulässigen Gesamtdauer fünf Jahre liegen.

Auf das Ableisten der Gesamtdauer ist ein Jugendfreiwilligendienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz (Freiwilliges ökologisches Jahr, Freiwilliges soziales Jahr) anzurechnen.

5. Vergütung

§ 2 Abs. 4 BFDG überträgt die Verantwortung für die Höhe des angemessenen Taschengeldes auf Träger und Einsatzstelle. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/4803) besteht ein erheblicher Gestaltungsspielraum, der es ermöglicht, auch in Abhängigkeit von den konkreten Umständen des einzelnen Einsatzes auf lokaler Ebene sachgerechte und auch für die Freiwilligen attraktive Lösungen zu finden.

Dazu zählt auch wie in den Jugendfreiwilligendiensten (Freiwilliges soziale Jahr etc.) die Möglichkeit, im Rahmen einer Taschengeldregelung einen Teil des Taschengeldes nicht monatlich in bar, sondern in Sachleistungen, etwa einer BahnCard oder der Ermöglichung des Erwerbs eines Führerscheines, vorzusehen.

6. Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug

Mit § 18 BFDG wurde der Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug als Sonderform des Bundesfreiwilligendienstes geschaffen.

§ 18 Abs. 1 BFDG definiert den Begriff des Bundesfreiwilligendienstes mit Flüchtlingsbezug. Der Begriff "Flüchtlingsbezug" wird dabei in untechnischem Sinne verwendet. Einsatzplätze haben einen Flüchtlingsbezug, wenn ihre Tätigkeitsbeschreibung eine Unterstützung von Asylberechtigten, Personen mit Internationalem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU oder Asylbewerbern erkennen lässt, z.B. bei ihrer Unterbringung und Versorgung, bei der Hilfe bei ihrer gesellschaftlichen Orientierung und Integration und bei der Koordinierung von bürgerschaftlichem Engagement zu ihren Gunsten. Außerdem ist der Flüchtlingsbezug gegeben, wenn der Freiwillige oder die Freiwillige Asylberechtigter, Person mit Internationalem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU oder Asylbewerber ist.

Die Möglichkeit eines Teilzeit-Bundesfreiwilligendienstes gilt auch für Freiwillige mit Flüchtlingsbezug, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Eine Ausweitung auf diesen Personenkreis ist notwendig, um den erhöhten Bedarf an freiwilligem Engagement in diesem Bereich gerecht werden zu können und flexibel darauf zu reagieren.

Die besonderen Bedürfnisse von Freiwilligen mit Flüchtlingsbezug bedingen eine besondere pädagogische Begleitung. Diese Begleitung soll nicht nur in Form von Seminaren, sondern auch durch andere geeignete Bildungs- und Begleitmaßnahmen erfolgen können. Außerdem ist es unabdingbar, im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes mit Flüchtlingsbezug auch den Erwerb deutscher Sprachkenntnisse zu fördern.

§ 18 Abs. 4 BFDG regelt den Einsatzort für Freiwillige mit Flüchtlingsbezug. Satz 1 ermöglicht es, dass angesichts der Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten und einer ausdrücklich gewollten Flexibilität dieses Dienstformates die Einsatzstelle und der tatsächliche Einsatzort auseinander fallen dürfen. Die Einsatzstelle hat allerdings sicherzustellen, dass es sich bei dem jeweiligen Einsatzort um eine gemeinwohlorientierte und zuverlässige Einrichtung handelt. Voraussetzung für die Entsendung in eine andere Einsatzstelle ist die Zustimmung der oder des zu entsendenden Freiwilligen.

7. Sozialversicherung

Die Freiwilligen des Bundesfreiwilligendienstes und die Freiwilligen der Jugendfreiwilligendienste sind sozialversicherungsrechtlich gleichgestellt.

Gemäß § 67 SGB VII wird während des Freiwilligendienstes die Zahlung einer Waisenrente nicht unterbrochen.

8. Bürgergeld

Im Falle des Bezugs von Bürgergeld ist das Taschengeld grundsätzlich als Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II zu betrachten und anzurechnen.

9. Recht der Arbeitsförderung

Gemäß § 27 SGB III besteht trotz der geringfügigen Bezahlung während des Bundesfreiwilligendienstes Versicherungspflicht zur Arbeitsförderung. Freiwillige des Bundesfreiwilligendienstes sind damit unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgeltes in den Schutz der Arbeitsförderung einbezogen.

Das während des Freiwilligendienstes erzielte atypische Entgelt wird gemäß § 150 SGB III nicht bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes berücksichtigt. Das Arbeitslosengeld bestimmt sich in diesen Fällen vielmehr nach dem Arbeitsentgelt, dass der oder die Freiwillige im Bemessungsrahmen aus anderen Beschäftigungen erzielt hat. Hat der oder die Freiwillige kein anderes Arbeitsentgelt im Bemessungsrahmen erzielt, ist das Arbeitslosengeld nach dem künftig erzielbaren Arbeitsentgelt zu bemessen (§ 152 SGB III).

Für Freiwillige des Bundesfreiwilligendienstes, die zuvor eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben, sind Beiträge nach Maßgabe der Bezugsgröße zu zahlen. Damit wird vermieden, dass für diesen Personenkreis in Hinblick auf die Höhe des Arbeitslosengeldes, das regelmäßig an das vor dem Freiwilligendienst erzielte Arbeitsentgelt anknüpft, unverhältnismäßig niedrige Beiträge an die Bundesagentur für Arbeit gezahlt werden (§ 344 SGB III).

10. Zuständiges Gericht

Die Arbeitsgerichte sind gemäß § 2a Abs. 1 Nr. 3d ArbGG sowie § 2 Abs. 1 Nr. 8a ArbGG die zuständigen Gerichte.

 Siehe auch 

Ehrenamtliche Tätigkeit

Freiwilliges ökologisches Jahr

Freiwilliges soziales Jahr

Wehrpflicht

Leube: Bundesfreiwilligendienst und Genehmigung von Nebentätigkeiten; Zeitschrift für die sozialrechtliche Praxis - ZfSH/SGB 2014, 209

Leube: Bundesfreiwilligendienst im Kontext des Europäischen Arbeitsrechts; Zeitschrift für das Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes - ZTR 2017, 391

Leube: Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug (§ 18 BFDG); Zeitschrift für das Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes - ZTR 2016, 74