Rechtswörterbuch

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Billigkeitshaftung

 Normen 

§ 829 BGB

 Information 

1. Allgemein

Bei der in § 829 BGB geregelten Billigkeitshaftung besteht eine Schadensersatzpflicht, obwohl der Schädiger ohne Verschulden gehandelt hat.

2. Voraussetzungen

  1. a)

    Dem Schädiger fehlt aus den in den §§ 827, 828 BGB genannten Gründen die Deliktsfähigkeit, d.h. er ist nicht verschuldensfähig.

  2. b)

    Der Schädiger wäre wegen einer unerlaubten Handlung nach den §§ 823 - 826 BGB schadensersatzpflichtig, wenn er verschuldensfähig wäre.

  3. c)

    Schadensersatz kann nicht von dem Aufsichtspflichtigen erlangt werden.

  4. d)

    Die die gesamten Umstände des Falles, insbesondere die Verhältnisse der Beteiligten, erfordern einen Schadensausgleich.

    Dabei dürfen dem Schädiger aber nicht die Mittel für seinen eigenen Unterhalt oder den von ihm zu zahlenden gesetzlichen Unterhalt entzogen werden.

    Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung ist derjenige der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. "Dazu bedarf es stets eines Vergleichs der Vermögenslagen der Beteiligten, wobei für einen Anspruch ein "wirtschaftliches Gefälle" zugunsten des Schädigers vorliegen muss (...). Als ein für die Vermögenslage des Schädigers bedeutsamer Umstand ist das Bestehen einer Pflichtversicherung wie der Kfz-Pflichthaftpflichtversicherung anzuerkennen, da deren Zweck in erster Linie auf den Schutz des Geschädigten ausgerichtet ist. Diese besondere Zweckbestimmung der Pflichthaftpflichtversicherung im Kraftfahrzeugverkehr rechtfertigt im Rahmen des § 829 BGB die Durchbrechung des Trennungsprinzips, demzufolge die Eintrittspflicht des Versicherers der Haftung folgt und nicht umgekehrt die Haftung der Versicherung (...). Das Bestehen einer freiwilligen Haftpflichtversicherung rechtfertigt die Durchbrechung des Trennungsprinzips hingegen grundsätzlich nicht und kann daher - auch im Rahmen des § 829 BGB - jedenfalls nicht anspruchsbegründend wirken." In die Beurteilung der Billigkeit sind "alle tat-, täter- und geschädigtenbezogenen Umstände einzubeziehen" (BGH 29.11.2016 - VI ZR 606/15).

3. Anspruchskonkurrenz

Die Billigkeitshaftung ist zum Schadensersatzanspruch des Aufsichtspflichtigen gemäß § 832 BGB subsidiär.

4. Haftpflichtversicherung

Eine zugunsten des Schädigers bestehende Privathaftpflichtversicherung ist bei der Haftungsbegründung nicht zu berücksichtigen. Sie kann nach der Rechtsprechung des BGH aber bei der Höhe des Haftungsumfanges einbezogen werden.

Eine Berufshaftpflichtversicherung hingegen kann auch bei der Schadensbegründung berücksichtigt werden.

 Siehe auch 

Aufsichtspflicht - Eltern

Aufsichtspflicht - Erzieher

Aufsichtspflichtverletzung

Deliktsfähigkeit

Einsichtsfähigkeit

Haftung von Kindern

BGH 18.12.1979 - VI ZR 27/78 (Berücksichtigung der Haftpflichtversicherung)

BGH 11.10.1994 - VI ZR 303/93(Berücksichtigung der Kfz-Haftpflichtversicherung)

OLG Köln 22.10.1980 - 16 U 43/80(Haftung auch aus zukünftigem Vermögen, Unerheblichkeit des Elternvermögens)

Wolf: Billigkeitshaftung statt überzogener elterlicher Aufsichtspflichten; Versicherungsrecht - VersR 1998, 812