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Betäubungsmittel

 Normen 

BtMG

GÜG

 Information 

1. Allgemein

Betäubungsmittel sind die in alphabetischer Folge in den Anlagen 1 - 3 des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführten Stoffe und Zubereitungen, insbesondere Opiate und Rauschgifte.

Gemäß § 3 Abs. 1 BtMG erfordert der Anbau, die Herstellung, der Handel etc. mit Betäubungsmitteln eine Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Eine Erlaubnis für die in der Anlage 1 genannten Betäubungsmittel kann nach § 3 Abs. 2 BtMG zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilt werden.

Die Verschreibungsfähigkeit von Cannabisarzneimitteln bei Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen nach entsprechender Indikationsstellung und bei fehlenden Therapiealternativen ist in § 5 BtMG geregelt. Damit soll Patienten ermöglicht werden, diese Arzneimittel zu therapeutischen Zwecken in standardisierter Qualität aus Apotheken zu erhalten. Daneben dient dieses Gesetz aus gesundheits- und ordnungspolitischer Sicht dazu, einen nicht zielführenden Eigenanbau von Cannabis zur Selbsttherapie zu vermeiden.

In § 19 BtMG ist der Anbau von Cannabis sowie der anschließende Kauf durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und in § 31 Abs. 6 SGB V der Anspruch der Versicherten auf die Versorgung mit Cannabis geregelt.

Für eine ausreichende qualitätsgesicherte Versorgung mit Cannabisarzneimitteln wird der Anbau von Cannabis ausschließlich zu medizinischen Zwecken in Deutschland unter Beachtung der Vorgaben des Einheits Übereinkommens von 1961 über Suchtststoffe ermöglicht.

Bereits mit dem Urteil BVerwG 19.05.2005 - 3 C 17/04 wurde die Behandlung mit Cannabis im Rahmen einer Multiple-Sklerose-Erkrankung zu therapeutischen Zwecken für zulässig erklärt, die Erlaubnis ist daher zu erteilen. Nach der Begründung der Richter ist ein öffentliches Interesse dann gegeben, wenn das Vorhaben zumindest auch einem gegenwärtigen Anliegen der Allgemeinheit entspricht. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG einer der Gesetzeszwecke des Betäubungsmittelgesetzes. Diese realisiert sich jedoch in der Versorgung einzelner Individuen.

2. Legalisierung von Canabis

Derzeit (August 2023) befindet sich der Entwurf des "Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften" im Gesetzgebungsverfahren. Das Gesetz soll am 01.01.2024 in Kraft treten.

Der Gesertesentwurf beinhaltet Folgendes:

  • Künftig sollen Erwachsene in begrenzten Mengen privat (bis zu drei Pflanzen) oder in nicht-gewerblichen Vereinigungen Cannabis anbauen dürfen.

  • Über diese Anbauvereinigungen soll Cannabis an Erwachsene zum Eigenkonsum kontrolliert weitergegeben werden dürfen.

  • Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis soll künftig straffrei sein.

  • Es gilt ein allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot für Konsumcannabis und für Anbauvereinigungen.

  • Für Minderjährige bleibt der Besitz von Cannabis nach wie vor verboten.

  • Zudem bestehen Sonderregelungen für junge Erwachsene – mit geringeren Abgabemengen und reduzierten THC-Gehalten.

  • Es soll ein Konsumverbot von Cannabis in einer Schutzzone von 200 Metern Abstand geben – zum Eingangsbereich von Anbauvereinigungen, Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen sowie in öffentlich zugänglichen Sportstätten.

  • Aufklärung und Prävention zu Cannabiskonsum sollen gestärkt werden, unter anderem durch ausgebaute Frühinterventionsprogramme für Minderjährige.

3. Überwachungsbehörde

Die Überwachung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln obliegt der bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (http://www.bfarm.de) angesiedelten Bundesopiumstelle.

4. Strafrecht

4.1 Betäubungsmittelgesetz

Im Betäubungsmittelgesetz ist in den §§ 29 ff. BtMG ein umfassender Straftatenkatalog aufgeführt. So macht sich strafbar, wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt.

Der BGH hat in dem Urteil BGH 26.10.2005 - GSSt 1/05 den Beginn eines vollendeten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln festgelegt: Danach ist es ausreichend, wenn der Täter bei einem beabsichtigten Ankauf von zum Weiterkauf bestimmten Betäubungsmitteln in ernsthafte Verhandlungen mit dem Verkäufer tritt.

Ein geringeres Strafmaß besteht gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG für eine Person, die mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt. Mit dem Urteil BGH 14.01.2015 - 1 StR 302/13 hat der BGH eine Bestimmung der nicht geringe Menge verschiedener synthetischer Cannabinoide vorgenommen:

  • Die nicht geringe Menge der synthetischen Cannabinoide JWH-018 und CP 47,497-C8-Homologes beginnt bei zwei Gramm.

  • Die nicht geringe Menge der synthetischen Cannabinoide JWH-073 und CP 47,497 beginnt bei sechs Gramm.

In dem Urteil BGH 20.12.2012 - 3 StR 407/12 hat der BGH die Abgrenzung vollzogen, "dass für die Abgrenzung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG vom Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) die Menge maßgeblich ist, die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt und gewinnbringend veräußert werden soll".

4.2 Verkehrsdelikte

Das Führen eines Fahrzeuges im Straßenverkehr unter der Einwirkung eines Betäubungsmittels kann insbesondere folgende Rechtsvorschriften berühren:

Anders als bei der Trunkenheit im Verkehr gibt es bei dem Führen eines Fahrzeugs unter dem Einfluss anderer berauschender Mittel keine festen Grenzwerte. Die Fahruntüchtigkeit muss in jedem Einzelfall gesondert festgestellt werden.

Nach dem Urteil OLG Hamm 03.05.2005 - 4 Ss OWi 215/05 muss sich der Vorsatz bzw. die Fahrlässigkeit bei der Begehung der Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG auch auf die Wirkung des Rauschmittels zum Tatzeitpunkt beziehen. Die Erkennbarkeit der Wirkung kann nach der Ansicht der Richter fehlen, wenn zwischen der Einnahme des Rauschmittels und der Begehung der Tat eine längere Zeit vergeht.

Die Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung enthält eine Aufstellung häufiger vorkommende Erkrankungen und Mängel, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können. Die Regelbewertung der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung, dass der gelegentliche Cannabiskonsum mit zusätzlichem Gebrauch von Alkohol zum Verlust der Fahreignung führt, verletzt nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Voraussetzung ist allerdings ein Mischkonsum, der eine kombinierte Rauschwirkung zur Folge haben kann (BVerwG 14.11.2013 - 3 C 32/12).

4.3 Suchthilfe

Neben der strafrechtlichen Sanktion ist die Staatsanwaltschaft auch angehalten, mit den Stellen zusammenzuarbeiten, die sich um die Betreuung von Suchtkranken bemühen, also den Gesundheitsämtern, Jugendämtern und Verbänden.

5. Grundstoffe

Bei Grundstoffen oder auch Drogenausgangsstoffen handelt es sich um 23 international gelistete Chemikalien, die in großem Umfang legal gehandelt werden, die aber auch als Ausgangsstoffe für die illegale Drogenherstellung benötigt und zu diesem Zweck missbräuchlich aus dem legalen Handelsverkehr abgezweigt werden, z.B. Essigsäureanhydrid für die Heroinherstellung und Kaliumpermanganat zur Kokain-Produktion.

Die weltweite Kontrolle und Überwachung des Verkehrs mit Grundstoffen stellt daher einen unverzichtbaren und wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung des illegalen Drogenhandels dar. Sie wird durch ein System aus internationalen, EU-rechtlichen und nationalen Vorschriften geregelt. So sind die Grundstoffliste, Regelungen zum Handelsverkehr sowie Sanktionsgebote Teil des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (Suchtstoffübereinkommen von 1988, BGBl. II 1993 S. 1136) sowie Gegenstand verschiedener Rechtsinstrumente der Europäischen Union.

Das EU-Grundstoffrecht ist in den folgenden EU-Verordnungen geregelt, die unmittelbar in Deutschland gelten:

  • VO 273/2004

  • VO 111/2005

  • VO 1277/2005

Rechtsgrundlage in Deutschland ist das Grundstoffüberwachungsgesetz. Das Gesetz hat jedoch im Bereich der administrativen Kontrolle (Erlaubnisse, Genehmigungen, Registrierung, Dokumentations- und Meldepflichten) neben dem EU-Recht keine eigenständige inhaltliche Regelungsfunktion.

Es enthält vielmehr nur die zur Ausführung des EU-Rechts in Deutschland notwendigen Vorschriften, wie z.B. die Regelung der Zuständigkeiten sowie Inhalte, die dem deutschen Gesetzgeber zur Regelung ausdrücklich zugewiesen wurden, wie die Ausgestaltung der Überwachungsmaßnahmen, sowie die Straf- und Bußgeldvorschriften.

 Siehe auch 

Arzneimittelhaftung

Fahrerlaubnis - Verlust

BAG 18.10.2000 - 2 AZR 131/00 (Außerordentliche Kündigung eines Heimleiters bei Mitwirkung an Cannabisverbrauch)

http://www.bfarm.de (Internetauftritt des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte)

Endriß/Kinzig: Betäubungsmittel und DNA-Analyse; Neue Zeitschrift für Strafrecht - NStZ 2001, 299

Kotz/Rahlf: Praxis des Betäubungsmittel-Strafrechts; 1. Auflage 2013

Krumm: Die "nicht geringe Menge" im Betäubungsmittelstrafrecht; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2020, 2165

Krumm: Die "nicht geringe Menge" - neue Drogen, alte Probleme; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2022, 1995

Ladiges: Betäubungsmittel als Gegenstand von Vermögens- und Eigentumsdelikten. Zugleich Anmerkung zu BGH, B. v. 01.06.2016 - 2 StR 335/15; Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht - wistra 2016, 479

Prütting: Medizinrecht. Kommentar; 6. Auflage 2022

Schmidt: Die Entwicklung des Betäubungsmittelstrafrechts bis Mitte 2022; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2022, 2964