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Berufsqualifikationen in der EU

Normen

RL 2005/36 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen

RL 2013/55 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen

Information

1 Die EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen

Rechtsgrundlagen sind die EU-Richtlinie 2005/36 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen sowie die RL 2013/55 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die von den Mitgliedsländern in nationales Recht umzusetzen waren.

Die Richtlinien gelten gemäß Art. 2 RL 2005/36 für alle Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union, die als Selbstständige, Freiberufler oder abhängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen als dem, in dem sie ihre Berufsqualifikation erworben haben. Von dem Anwendungsbereich nicht erfasst wird die Anerkennung von außerhalb der Europäischen Union erworbenen Berufsabschlüssen, die sich weiterhin nach nationalem Recht richtet. Ebenfalls nicht erfasst sind durch einen Hoheitsakt bestellte Notare.

Die Richtlinien gelten gemäß Art. 2 RL 2005/36 für alle Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union, die als Selbstständige, Freiberufler oder abhängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen als den, in dem sie ihre Berufsqualifikation erworben haben. Von dem Anwendungsbereich nicht erfasst wird die Anerkennung von außerhalb der Europäischen Union erworbenen Berufsabschlüssen, die sich weiterhin nach nationalem Recht richtet.

Hinweis:

Daneben kann eine Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) erfolgen. Die Rechtslage ist in dem Beitrag "Berufsqualifikationen - Anerkennung" dargestellt.

Ziel der Richtlinie ist es, die Freizügigkeit der Arbeitstätigkeit innerhalb der Europäischen Union weiter zu erleichtern. Daneben ergänzt die Berufsqualifikations-Richtlinie die Anwendung der Dienstleistungs-Richtlinie.

Die Richtlinien erfassen nicht die Anerkennung der Berechtigung zur Berufsausübung von Rechtsanwälten. Hintergrund ist, dass es sich nicht um die Anerkennung der Berufsqualifikation handelt, sondern um die Berechtigung zur Berufsausübung. Diese ist durch eine gesonderte Richtlinie geregelt (siehe den Beitrag "Europäischer Rechtsanwalt").

Die Anerkennung der Berufsqualifikation setzt gemäß Art. 53 RL 2005/36 immer voraus, dass der Antragsteller über die zur Ausübung seines Berufs erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt.

2 Inhalt der Richtlinie

2.1 Aufbau

Die Richtlinie hat folgenden Aufbau:

  • Allgemeine Bestimmungen

  • Dienstleistungsfreiheit

  • Niederlassungsfreiheit

    • Allgemeine Regelungen für die Anerkennung

    • Besondere Berufsgruppen

      • Ärzte

      • Krankenpflegepersonal

      • Zahnärzte

      • Tierärzte

      • Hebammen

      • Apotheker

      • Architekten

    • das Verwaltungsverfahren der Anerkennung

2.2 Voraussetzungen der Berufsanerkennung

2.2.1 Allgemein

Bei der Frage der Voraussetzung der Berufsausübung in einem anderen Mitgliedsstaat ist zwischen folgenden Formen zu unterscheiden:

2.2.2 Dienstleistungsfreiheit

Rechtsgrundlage der Dienstleistungsfreiheit im Sinne der Richtlinie sind die Art. 5 - 9 RL 2005/36.

Grundsätzlich erfordert die Berufsausübung im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit im Sinne der Richtlinie in einem anderen Mitgliedsstaat nicht die Anerkennung der Berufsqualifikationen. Der Dienstleister ist bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen berechtigt, seine Tätigkeit zur vorübergehenden und gelegentlichen Ausübung in einem anderen Mitgliedsland auszuüben:

  • Er ist zur Ausübung derselben Tätigkeit in einem Mitgliedsland der Europäischen Union niedergelassen.

  • Der Beruf ist in dem Land der Niederlassung des Dienstleisters nicht reglementiert.

  • Der Dienstleister kann in diesem Beruf eine mindestens zweijährige Berufserfahrung nachweisen.

In dem Ausübungs-Mitgliedsstaat unterliegt der Dienstleister den nationalen berufsständischen und gesetzlichen Berufsregeln. Gemäß Art. 6 RL 2005/36 ist der Dienstleister in dem Ausübungs-Mitgliedsstaat jedoch von folgenden Erfordernissen befreit:

  • Zulassung, Eintragung oder Mitgliedschaft bei einer Berufsorganisation:

    Die Mitgliedsländer können jedoch eine vorübergehende Eintragung oder eine Pro-forma-Mitteilung vorsehen.

  • Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit

Gehört der Dienstleister einem reglementierten Beruf an, der die öffentliche Sicherheit und Gesundheit berührt und nicht zu den in Art. 21 RL 2005/36 aufgeführten Berufen der automatischen Anerkennung gehört, kann gemäß Art. 7 Abs. 4 RL 2005/36 die zuständige Behörde die Berufsqualifikation des Dienstleisters vor der ersten Erbringung der Dienstleistung nachprüfen.

Die Vorgaben bezüglich der Ausübung des Berufs richten sich nach dem nationalen Recht der Mitgliedsländer.

Wird die Dienstleistung unter der Berufsbezeichnung des Niederlassungsmitgliedsstaats ausgeübt oder auf der Grundlage des Ausbildungsnachweises des Dienstleisters erbracht, so ist der Dienstleister verpflichtet, dem Dienstleistungsempfänger die in Art. 9 RL 2005/36 aufgeführten Informationen zu übermitteln. Daneben können nach anderen Vorschriften weitere Informationspflichten bestehen.

2.2.3 Niederlassungsfreiheit

Soll die Berufstätigkeit dauerhaft in dem anderen Mitgliedsstaat ausgeübt werden, so erfordert dies die Anerkennung der Berufsqualifikation. Rechtsgrundlage sind die Art. 10 - 52 RL 2005/36.

Dabei sind folgende Stufen zu unterscheiden:

  • Anerkennung der Berufserfahrung (Art. 16 - 20 RL 2005/36):

    Sofern in einem Mitgliedsstaat zur Ausübung einer der in Anhang 4 der RL 2005/36 aufgeführten Tätigkeiten das Vorhandensein von allgemeinen, kaufmännischen oder fachlichen Kenntnissen oder Fertigkeiten vorausgesetzt wird, ist es ausreichend, wenn der Bewerber eine entsprechende Berufserfahrung in einem anderen Mitgliedsstaat nachweisen kann. Die an die Berufserfahrung zu stellenden Anforderungen sind in den Art. 17 - 19 RL 2005/36 dargelegt.

  • Anerkennung auf der Grundlage der Koordination der Mindestanforderungen an die Ausbildung (Art. 21 - 49 RL 2005/36):

    Bei den in Art. 21 RL 2005/36 genannten Berufsgruppen (Arzt, Krankenpflege, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker, Hebamme, Architekt) ist die Anerkennung der Berufsqualifikation bei Vorliegen eines der in dem Anhang 5 der RL 2005/36 aufgeführten Ausbildungsabschlüsse als gleichwertig anzuerkennen.

    Daneben werden in den Art. 24 ff. RL 2005/36 zur Gewährleistung eines identischen Ausbildungsstandards für diese einzelnen Berufsgruppen Mindestausbildungsinhalte festgelegt.

  • Allgemeine Regelung für die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen (Art. 10 - 15 RL 2005/36):

    Hierbei handelt es sich gemäß Art. 10 RL 2005/36 um einen Auffangtatbestand, der für alle nicht zuvor erfassten Berufe gilt sowie für die besondere Situation von Migranten. Danach besteht folgende Rechtslage:

    • Der Beruf ist in dem Aufnahmemitgliedsstaat reglementiert.

    • Die Aufnahme / Ausübung dieses Berufes erfordert den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen.

    • Der Antragsteller besitzt den nach den Vorschriften eines anderen Mitgliedslandes zur Ausübung des Berufes erforderlichen Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis.

    • Dieser Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis ist einem der in Art. 11 RL 2005/36 aufgeführten Qualifikationsniveaus zuzuordnen, ebenso die nach den Vorgaben des Aufnahmemitgliedsstaates geforderte Berufsausbildung.

    • Der Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis des Antragstellers ist dann als gleichwertig anzuerkennen, wenn er mindestens unmittelbar unter dem Niveau der Berufsqualifikation liegt, die nach den Vorgaben des Aufnahmemitgliedsstaates erforderlich ist.

      Daneben kann der Aufnahmemitgliedsstaat gemäß Art. 13 RL 2005/36 dem Antragsteller die Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder die Ablegung einer Eignungsprüfung auferlegen (Art. 3 Abs. 1 g + h RL 2005/36).

2.3 Verfahren zur Anerkennung

Die Niederlassung in einem anderen Mitgliedsstaat erfordert die Stellung eines Anerkennungsantrages bei der zuständigen Behörde. Dem Antrag sind die im Anhang 7 der RL 2005/36 aufgeführten Unterlagen beizufügen. Innerhalb eines Monats ist der Eingang des Antrags zu bestätigen und es sind die noch fehlenden Unterlagen nachzufordern.

Die zuständige Behörde ist verpflichtet, den Antrag innerhalb von drei Monaten zu bearbeiten. Gegen einen ablehnenden Bescheid kann ein Rechtsmittel eingelegt werden, das sich nach den Vorschriften des nationalen Rechts richtet.

2.4 Sprachkenntnisse

Der Antragsteller muss die für die Ausübung einer Berufstätigkeit erforderlichen Sprachkenntnisse besitzen. Die Sprachkenntnisse dürfen jedoch nicht zur Bedingung für die Anerkennung der Berufsqualifikationen gemacht werden. Falls also ein Antragsteller nicht über die nötigen Sprachfertigkeiten verfügt, muss er sich diese Fertigkeiten aneignen. Die Anerkennung der Berufsqualifikationen darf jedoch mangels Sprachkenntnissen nicht verweigert oder hinausgezögert werden.

2.5 Zuständige Behörden und Kontaktstelle

Gemäß der Definition in Art. 3 Abs. 1d RL 2005/36 sind zuständige Behörden die von den jeweiligen Mitgliedsländern mit der Befugnis zur Anerkennung der Berufsqualifikationen ausgestattete Behörden. Die Pflichten der zuständigen Behörden sind in Art. 56 RL 2005/36 benannt.

Daneben bestimmt Art. 57 RL 2005/36, dass die Mitgliedsstaaten eine Kontaktstelle einrichten mussten, deren Aufgaben die Beratung der Bürger in Fragen der Anerkennung der Berufsqualifikationen sowie die Durchsetzung ihrer Rechte nach dieser Richtlinie sind.

2.6 Berufsbezeichnung

Der Berufstätige darf gemäß Art. 52 RL 2005/36 sowohl die Berufsbezeichnung des Ausgangsmitgliedsstaates als auch die Berufsbezeichnung / Abkürzung des Aufnahmemitgliedsstaates führen, es sei denn, dass der Beruf durch einen Verband etc. reglementiert ist. In diesem Fall darf die Berufsbezeichnung / Abkürzung nur geführt werden, wenn eine entsprechende Mitgliedschaft besteht.

2.7 Europäischer Berufsausweis

Die EU-Mitgliedsstaaten können nach einem entsprechenden Antrag gemäß der §§ 4a ff. RL 2013/55 einen Europäischen Berufsausweis ausstellen.

3 Umsetzung in Deutschland

Der Inhalt der Richtlinien wurde in Deutschland nicht in einem allgemeinen Gesetz, sondern im Rahmen der Regelungen der Berufsqualifikationen der jeweiligen Berufe bzw. Berufszweige umgesetzt, so z.B. in § 4 Bundes-Apothekerordnung oder: Die Anerkennung von Berufsqualifikationen im Rahmen einer öffentlichen Bestellung von Sachverständigen ist in § 36a Absatz 1 GewO gesondert geregelt.

Hinweis:

In Deutschland besteht seit dem 01.04.2012 eine weitere Rechtsgrundlage zur Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen. Rechtsgrundlage ist das "Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (BQFG)". Das Gesetz regelt die Berufsqualifikationsanerkennung von in einem jeglichen ausländischen Land (auch der EU) erworbenen Berufsqualifikationen. Siehe insofern den Beitrag "Berufsqualifikationen - Anerkennung".

Die Befugnisse eines nach dem Recht von England und Wales bestellten Notary Scrivener bestimmen sich bei notarieller Urkundstätigkeit im Geltungsbereich der Bundesnotarordnung ausschließlich gemäß § 11a Satz 3 und 4 BNotO. Mit § 11a Satz 3 und 4 BNotO verbundene Beschränkungen der Berufsfreiheit sowie der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit sind durch zu schützende Gemeinwohlbelange in Gestalt der Sicherung der Funktionsfähigkeit der vorsorgenden Rechtspflege gerechtfertigt (BGH 20.07.2015 - NotZ(Brfg) 13/14).

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