Rechtswörterbuch

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Beratungspflicht - Behörde

 Normen 

§ 25 S. 1 VwVfG

§ 89 Abs. 1 AO

§ 13 SGB I

 Information 

1. Verwaltungsbehörde

Es besteht grundsätzlich keine allgemeine Beratungspflicht einer Behörde.

Aufgrund der in § 25 S. 1 VwVfG normierten Beratungspflicht sollen die Mitarbeiter der Behörde bei aus Unkenntnis über die Rechtslage nicht gestellten oder unrichtig gestellten Anträgen die Bürger über die mögliche Ausnutzung ihrer Rechte aufklären bzw. die korrekte Stellung der Anträge anregen.

Erfasst werden nur Beteiligte eines laufenden Verwaltungsverfahrens.

Konkretisierung:

Die Beratung umfasst Hinweise sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsnormen.

Die Vorschrift steht als "Sollvorschrift" zwischen einer reinen Ermessens- und einer gebundenen Entscheidung: Sie enthält eine grundsätzlich zwingende Beratung, die bei Vorliegen besonderer Gründe aber unterbleiben kann.

Folgen fehlerhafter oder unterlassener Beratung:

War die Behörde zur Beratung verpflichtet, führt eine fehlerhafte oder unterlassene Beratung zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, wenn sich die Verletzung der Hinweispflicht auf den Verwaltungsakt ausgewirkt hat.

Verletzt die Behörde ihre Beratungspflicht schuldhaft, kann der Adressat einen Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG geltend machen.

2. Finanzverfahren

Die für das Verwaltungsverfahren bestehenden Grundsätze gelten gemäß § 89 Abs. 1 AO auch für das finanzbehördliche Verfahren.

Siehe insofern den Beitrag "Auskunft Finanzamt".

3. Sozialverfahren

In den Sozialverfahren nach den Sozialgesetzbüchern besteht gemäß § 13 SGB I eine Pflicht der Leistungsträger, ihrer Verbände und der sonstigen öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach den Sozialgesetzbüchern aufzuklären.

Diese Aufklärungspflicht wird in § 14 SGB I als Beratungsanspruch normiert, nach dem jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten hat. Zuständig für die Beratungspflicht ist der jeweilige Leistungsträger.

Der BGH hat dabei den Umfang der Beratungspflicht festgelegt:

"Im Vordergrund steht dabei nicht mehr nur die Beantwortung von Fragen oder Bitten um Beratung, sondern die verständnisvolle Förderung des Versicherten, das heißt die aufmerksame Prüfung durch den Sachbearbeiter, ob Anlass besteht, den Versicherten auch von Amts wegen auf Gestaltungsmöglichkeiten oder Nachteile hinzuweisen, die sich mit seinem Anliegen verbinden; denn schon gezielte Fragen setzen Sachkunde voraus, über die der Versicherte oft nicht verfügt (...). Die Kompliziertheit des Sozialrechts liegt gerade in der Verzahnung seiner Sicherungsformen bei den verschiedenen versicherten Risiken (z.B. den Risiken der Renten- und Krankenversicherung), aber auch in der Verknüpfung mit anderen Sicherungssystemen (...). Die Beratungspflicht ist deshalb nicht auf die Normen beschränkt, die der betreffende Sozialleistungsträger, hier die Grundsicherungsbehörde beziehungsweise das Sozialamt, anzuwenden hat (...). Der Leistungsträger kann sich nicht auf die Beantwortung konkreter Fragen oder abgegrenzter Bitten beschränken, sondern muss sich bemühen, das konkrete Anliegen des Ratsuchenden zu ermitteln und - unter dem Gesichtspunkt einer verständnisvollen Förderung - zu prüfen, ob über die konkrete Fragestellung hinaus Anlass besteht, auf Gestaltungsmöglichkeiten, Vor- oder Nachteile hinzuweisen, die sich mit dem Anliegen verbinden" (BGH 02.08.2018 - III ZR 466/16).

 Siehe auch 

Akteneinsicht - Verwaltungsrecht

Auskunftspflicht - Verwaltungsrecht

Informationsfreiheitsgesetz

Verwaltungsverfahren

Verwaltungsakt - fehlerhafter

BSG 25.08.1993 - 13 RJ 27/92 (Beratungspflicht des Arbeitsamtes)