Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Befristetes Arbeitsverhältnis - Unwirksame Befristung

 Normen 

§§ 16 ff. TzBfG

 Information 

1. Allgemein

Ist der Arbeitsvertrag mit einer unzulässigen Befristung abgeschlossen, so gilt der Vertrag gemäß § 16 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen, d.h. es besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Das Arbeitsverhältnis kann in diesen Fällen vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende bei Vorliegen der Voraussetzungen ordentlich gekündigt werden. Die allgemeinen Voraussetzungen einer Kündigung müssen dabei in allen Fällen vorliegen.

Hinweis:

Besonderheiten bestehen, wenn der Vertrag nur aufgrund des Mangels der Schriftform unzulässig ist, siehe insofern den Beitrag "Befristetes Arbeitsverhältnis - Form".

2. Rechtsschutz

Frist zur Klageeinreichung:

Die gerichtliche Überprüfung der Zulässigkeit der Befristung ist gemäß § 17 TzBfG im Rahmen einer Feststellungsklage innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages zu beantragen (sog. Befristungskontrollklage).

Hinweis:

Siehe zum Zeitpunkt der Beendigung des befristeten Arbeitsvertrages den Beitrag "Befristetes Arbeitsverhältnis".

Die Klagefrist gilt für sämtliche befristeten Arbeitsverhältnisse, auch wenn die Befristung nach anderen Gesetzen als dem TzBfG erfolgt. Die Fristberechnung richtet sich nach den allgemeinen Regeln.

Die Wirksamkeit der Befristung kann jedoch auch bereits vor dem Auslaufen der Befristung gerichtlich überprüft werden. Nicht möglich ist jedoch die Überprüfung der Wirksamkeit eines befristeten Arbeitsvertrages, wenn die Parteien bereits einen anschließenden befristeten Arbeitsvertrag geschlossen haben. In diesen Fällen kann nur der neu abgeschlossene befristete Vertrag auf seine Wirksamkeit hin überprüft werden. Soll weiterhin die Wirksamkeit des laufenden Vertrages überprüft werden, so ist der Abschluss des neuen Vertrages unter dem Vorbehalt der Wirksamkeit des vorherigen Vertrages zu stellen (BAG 13.10.2004 - 7 AZR 218/04).

Davon zu unterscheiden ist die Klageerhebung und ein anschließender Abschluss eines vorbehaltslosen neuen befristeten Vertrages.

Die Beweis- und Darlegungslast für die Wirksamkeit des befristeten Arbeitsvertrages obliegt dem Arbeitgeber.

Hinweis:

"Nach § 17 TzBfG kann nur der Arbeitnehmer, nicht aber der Arbeitgeber eine Befristungskontrollklage erheben. Dies schließt eine Klage des Arbeitgebers auf Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund einer vereinbarten Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt geendet, aus." (BAG 15.02.2017 - 7 AZR 153/15).

Umfang der Prüfungspflicht der Gerichte:

"Die Gerichte dürfen sich auch bei der Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrundes beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls und dabei namentlich die Gesamtdauer und die Zahl der mit derselben Person zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen" (LAG Köln 09.09.2015 - 11 Sa 506/15).

3. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines befristeten Arbeitsvertrags ist als Erstes immer folgender Grundsatz zu beachten: "Die Wirksamkeit einer Befristung beurteilt sich nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen Umständen. Danach eintretende Änderungen haben daher grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung. Fällt der bei Vertragsschluss gegebene Sachgrund für die Befristung später weg, entsteht daher kein unbefristetes Arbeitsverhältnis (BAG 29.06.2011 - 7 AZR 6/10).

"Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich während der Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert. Wird jedoch in einem Änderungsvertrag unter Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Befristungsdauer eine Änderung der Tätigkeit und ggf. der Vergütung vereinbart, unterliegt der Änderungsvertrag als letzter Arbeitsvertrag der Befristungskontrolle. In diesem Fall kommt es darauf an, ob bei Abschluss des Änderungsvertrags ein Sachgrund für die Befristung bestand" (BAG 17.05.2017 - 7 AZR 301/15).

Dies gilt auch bei der Änderung der ursprünglichen Aufgaben: "Wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Wirksamkeit der Befristung der Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages (BAG 17.05.2017 - 7 AZR 301/16). Zu diesem Zeitpunkt waren aber die in der Stellenbeschreibung wiedergegebenen Aufgaben für den Arbeitsplatz des Klägers maßgeblich" (LAG Berlin-Brandenburg 30.10.2018 - 7 Sa 711/18).

4. Berufen des Arbeitgebers auf einen anderen Befristungsgrund / Nachschieben von Gründen

Der Arbeitgeber hat im Rechtsstreit folgende Möglichkeiten (st. Rspr., so u.a. BAG 12.08.2009 - 7 AZR 270/08, LAG Rheinland-Pfalz 20.03.2018 - 6 Sa 439/17). :

  • Er kann sich bei einer Sachgrundbefristung zu deren Rechtfertigung auch auf einen anderen als den im Arbeitsvertrag genannten Sachgrund berufen.

  • Er kann sich auf einen Sachgrund stützen, wenn im Arbeitsvertrag § 14 Abs. 2 TzBfG als Rechtfertigungsgrund für die Befristung genannt ist.

  • Er kann die Befristung mit § 14 Abs. 2 TzBfG begründen, wenn im Arbeitsvertrag ein Sachgrund für die Befristung angegeben ist.

    Denn: Die bloße Benennung eines Sachgrunds im Arbeitsvertrag reicht nicht für die Annahme aus, die Parteien hätten die Rechtfertigungsmöglichkeit sachgrundloser Befristung ausgeschlossen. Die Vorschrift enthält kein Zitiergebot.

Aber die sachgrundlose Befristung kann ausgeschlossen werden:

"Die Arbeitsvertragsparteien können die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung vertraglich ausschließen. Eine derartige Abbedingung der Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 TzBfG kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Ein konkludenter Ausschluss der Anwendbarkeit von § 14 Abs. 2 TzBfG liegt etwa dann vor, wenn der Arbeitnehmer die Erklärungen des Arbeitgebers so verstehen darf, dass die Befristung ausschließlich auf einen bestimmten Sachgrund gestützt werden und nur von seinem Bestehen abhängen soll. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend. Die Benennung eines Sachgrunds kann dafür ein wesentliches Indiz sein. Allein reicht sie allerdings nicht aus, um anzunehmen, die sachgrundlose Befristung solle damit ausgeschlossen sein. Vielmehr müssen im Einzelfall noch zusätzliche Umstände hinzutreten" (BAG 12.08.2009 - 7 AZR 270/08).

5. Berufung des Arbeitnehmers auf andere Gründe

Nach § 17 S. 2 TzBfG kann der Arbeitnehmer sich zur Begründung der Unwirksamkeit der Befristung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz auch auf bis dahin noch nicht geltend gemachte Kündigungsgründe berufen. Darauf hat das Gericht ihn hinzuweisen (BAG 21.03.2018 - 7 AZR 408/16).

 Siehe auch 

Befristetes Arbeitsverhältnis - Ältere Arbeitnehmer

Befristetes Arbeitsverhältnis - Form

Befristetes Arbeitsverhältnis - Hochschule

Befristetes Arbeitsverhältnis - Projektarbeit

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Vertretung

Befristetes Arbeitsverhältnis - Zulässigkeit

Gleichbehandlungsgrundsatz

Kettenarbeitsverträge

Sievers: TzBfG - Kommentar zum Teilzeit- und Befristungsgesetz; 6. Auflage 2018