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Beamtenrechtliche Beurteilungen

 Normen 

§ 21 BBG

Beamtengesetze der Länder

Richtergesetze des Bundes und der Länder

Laufbahngesetze der Länder, z.B. §§ 54 ff. Leistungslaufbahngesetz (LlbG) Bayern

Richtlinien für die dienstliche Beurteilung - allgemein oder berufsspezifisch (z.B. Feuerwehr, Lehrer)

 Information 

1. Allgemein

Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. Die Pflicht zur regelmäßigen dienstlichen Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn ist in den Beamtengesetzen, den Laufbahngesetzen sowie Richtlinie näher geregelt.

Beispiel:

Gemäß § 58 Abs. 2 LlbG Bayern hat die Beurteilung die fachliche Leistung in Bezug auf die Funktion und im Vergleich zu den anderen Beamten und Beamtinnen derselben Besoldungsgruppe der Fachlaufbahn und, soweit gebildet, desselben fachlichen Schwerpunkts objektiv darzustellen und außerdem von Eignung und Befähigung ein zutreffendes Bild zu geben.

Es bestehen folgende Form der dienstlichen Beurteilung:

  • Regelbeurteilung/Periodische Beurteilung

  • Anlassbeurteilung

  • Zwischenbeurteilung

  • Probezeitbeurteilung

2. Grundsätze und Verfahren

Die Grundsätze und Verfahren der dienstlichen Beurteilungen sind in § 21 BBG, den Landesbeamtengesetzen sowie den dazu erlassenen Verordnungen und Richtlinien geregelt.

Die Regelung über Beurteilungen in § 21 BBG wurde zum 07.07.2021 gesetzlich näher konkretisiert und neu gegliedert. Die Paragraphenüberschrift wurde anwenderfreundlich gestaltet. Der neue Absatz 1 enthält nunmehr ausdrücklich die Rechtsgrundlage für Regel- und Anlassbeurteilungen. Regelbeurteilungen sind nach Satz 1mindestens alle drei Jahre zu erstellen; kürzere Regelbeurteilungszeiträume sind zulässig. Anlassbeurteilungen sind nach Satz 2 darüber hinaus zusätzlich zu erstellen, wenn es die dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse erfordern. Absatz 2 enthält eine erweiterte Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung zum Erlass von Regelungen über die Grundsätze und das Verfahren dienstlicher Beurteilungen. Die Regelung enthält eine Aufzählung von Beispielen.

3. Beurteilungsverfahren

Für das Verfahren zur Erstellung einer Beurteilung bestehen ua. folgende Grundsätze. Die Vorgaben sind im Einzelnen in den Richtlinien der einzelnen Bundesländer normiert.

  • Zuständig: der unmittelbare Vorgesetzte

  • Beurteilung kann auch von Arbeitnehmern erstellt werden

  • Aber: Der Beurteiler muss in der Lage gewesen sein, sich ein Bild von der Arbeit gemacht zu haben

  • Die Beurteilung muss zeitnah erstellt werden (LAG Niedersachsen 09.01.2014 - 5 Sa 980/13)

  • Beurteilungsfehler / nicht Verwertbarkeit:

    • Wenn die Beurteilung auf einer nur partiell oder bruchstückhaft vorhandenen Kenntnis der für die Bewertung erforderlichen Tatsachen beruht.

    • Ist der für die Beurteilung Zuständige nicht in der Lage, sich ein eigenes vollständiges Bild von den Leistungen des Bewerbers zu machen, ist er darauf angewiesen, sich die fehlenden Kenntnisse von anderen Personen zu beschaffen (BVerwG 04.11.2010 - 2 C 16/09 - Rn. 46, 47)

4. Keine Bindung an vorhergehende Beurteilungen

"Beim Erstellen einer planmäßigen dienstlichen Beurteilung besteht keine Bindung an vorangehende Beurteilungen im Sinne einer "Fortschreibung" der dortigen Werturteile oder Benotungen. Spricht das Gericht mit einem Bescheidungstenor die Verpflichtung zur Neufassung einer dienstlichen Beurteilung aus, so sind die beurteilenden Vorgesetzten auch an die tragenden Gründe der Entscheidung gebunden. Stellt das Gericht dort lediglich einen Widerspruch zwischen der vergebenen Benotung und der Beschreibung im Textteil der Beurteilung fest, so ist der beurteilende Vorgesetzte frei, den Widerspruch durch eine Angleichung des Textes an die Notenwerte, eine Angleichung der Notenwerte an den Text oder einen Mittelweg (wechselseitige Annäherung von Notenwerten und Text) zu beheben" (BVerwG 26.11.2020 - 1 WRB 2/19).

5. Grundlage der Personalauswahl

Grundsätzlich ist die Regelbeurteilung als Grundlage der Bewertung zu nehmen. Die Anlassbeurteilung ist zu nehmen, wenn die Regelbeurteilung nicht mehr aktuell, z.B. weil der Bewerber erst nach der Regelbeurteilung die laufbahnrechtlich vorgeschriebene Erprobungszeit auf dem höherwertigen Dienstposten absolviert und damit die Beförderungsreife erlangt hatten.

Aber: Die Anlassbeurteilung muss aus den Regelbeurteilungen entwickelt werden; sie darf diese lediglich fortentwickeln (BVerwG 22.11.2012 - 2 VR 5/12).

Soweit wirksame dienstliche Beurteilungen im maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung fehlen, hindert dies nicht, das Stellenbesetzungsverfahren durchzuführen. Von der Behörde sind jedoch die eignungs-, leistungs- und befähigungsrelevanten Merkmale des Bewerbers zu ermitteln, die einen Vergleich nach den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG ermöglichen (denn: von den Gerichten nicht ersetzbare Beurteilungskompetenz des Dienstherrn).

6. Beurteilungsspielraum des Dienstherrn

Bei der dienstlichen Beurteilung eines Beamten obliegt dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum, der im Wesentlichen nur auf folgende Verstöße gerichtlich überprüft werden kann:

  • Der Anlass für eine Bedarfsbeurteilung war nicht gegeben oder ist rückwirkend entfallen.

  • Eine Regelbeurteilung hätte nicht mehr erstellt werden dürfen.

  • Der Beurteilende war für die Beurteilung nicht zuständig.

  • Das Verfahren wurde nicht beachtet: Die Anhörung hat nicht stattgefunden, dem Beamten wurde die Beurteilung nicht bekannt gegeben oder es hat keine Besprechung der Beurteilung stattgefunden.

  • Die Beurteilung wurde von einem voreingenommenen Vorgesetzten erstellt.

7. Beurteilung von Richtern

Bei der Beurteilung von Richtern besteht die Besonderheit der in Art. 97 GG geregelten richterlichen Unabhängigkeit. Demgemäß bestimmt § 26 DRiG, dass der Richter einer Dienstaufsicht nur insoweit untersteht, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.

Zuständigkeit:

"Die Beurteilung eines in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehenden Bediensteten ist Sache des Dienstherrn (BVerwG 21.12.2016 - 2 VR 1/16). (...). Als eine die persönlichen Angelegenheiten des Bediensteten betreffende Maßnahme wird sie grundsätzlich vom Dienstvorgesetzten, der vom Dienstherrn bestimmt wird, wahrgenommen" (BVerwG 13.05.1965 - 2 C 146/62).

Zuständigkeit bei einer Abordnung:

"Die dienstliche Beurteilung eines Richters eines Landes obliegt auch im Falle seiner Abordnung an einen Obersten Gerichtshof des Bundes im Sinne von Art. 95 Abs. 1 GG regelmäßig dem Dienstherrn. (...)

Erstellt der Präsident des Bundesgerichts, an das der Richter abgeordnet ist, für die Dauer der Abordnung eine "Beurteilung", so handelt es sich regelmäßig lediglich um einen Beurteilungsbeitrag für die dem Land obliegende dienstliche Beurteilung des Richters. Diesen Beurteilungsbeitrag kann der betroffene Richter wegen § 44a VwGO nicht isoliert verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen" (BVerwG 20.06.2022 - BVerwG 2 B 45/21).

8. Beamtenrechtliche Beurteilungen für Arbeitnehmer

"Dienstliche Beurteilungen (Red. Anm.: für Arbeitnehmer) sind grundsätzlich zulässig. Der Arbeitgeber darf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer beurteilen und die Beurteilungen in die Personalakten aufnehmen. Auch formalisierte Regelbeurteilungen können erstellt werden" (BAG 18.08.2009 - 9 AZR 617/08).

Der öffentliche Arbeitgeber ist jedoch nicht verpfllichtet, auch für die Angestellten eine dienstliche Beurteilung zu erstellen (LAG Hamm 02.11.2021 - 17 Sa 460/21).

"Hat der öffentliche Arbeitgeber Richtlinien über dienstliche Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler bei der Anwendung der Richtlinien nach dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an die Richtlinien gebunden" (BAG 18.08.2009 - 9 AZR 617/08).

 Siehe auch 

Abordnung eines Beamten

Amt - Beamtenrecht

Beamte - Alimentation

Beamte - Institutionsgarantie

Beamte - Postnachfolgeunternehmen

Beamtenverhältnis - Beendigung

Beförderung eines Beamten

Dienstvergehen

Konkurrentenschutz öffentlicher Dienst

Nebentätigkeit

Probebeamter

Umsetzung eines Beamten

Versetzung eines Beamten

Weisungsgebundenheit des Beamten

Günther/Brackmann: Von Äpfeln und Birnen. Zur (Nicht-) Vergleichbarkeit von qualifizierten Arbeitszeugnissen mit dienstlichen Beurteilungen, (Zugleich Anmerkung zu OVG Weimar, B. v. 08.04.2019 - 2 EO 883/17); Zeitschrift für Beamtenrecht - ZBR 2020, 220

Kenntner: Grund und Grenze der Besserstellung von dienstlichen Beurteilungen aus höheren Statusämtern; Zeitschrift für Beamtenrecht - ZBR 2019, 331

Lorse: Personalvertretungsrechtliche Aspekte dienstlicher Beurteilungen; Die Personalvertretung - PersV 2020, 44

Poseck: Besetzung von Richterpositionen - Status quo besser als sein Ruf; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2022, 2734