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Bargeldloser Zahlungsverkehr - Haftung

 Normen 

§§ 675u - 676c BGB

Art. 228 EGBGB

 Information 

1. Einführung

Rechtsgrundlage einer Banküberweisung sind die §§ 675c ff. BGB.

Im Zusammenhang mit der Überweisung sind auch verschiedene Formen der Haftung der Banken im BGB gesetzlich geregelt.

Dabei erstreckt sich der Anwendungsbereich sowohl auf Überweisungen in ein EU-Land oder einen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums als auch auf inländische Überweisungen und Überweisungen in ein Nicht-EU- bzw. Nicht-EWR-Land.

2. Haftungstatbestände

2.1 Haftung des Zahlungsdienstleisters für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge

Die grundsätzliche Haftung des Zahlungsdienstleisters für Folgen einer nicht autorisierten Zahlung ist in § 675u BGB geregelt. Eine nicht autorisierte Zahlung ist eine Zahlung, der keine wirksame Weisung oder kein wirksamer Überweisungsvertrag zugrunde lag.

In diesem Fall hat der Zahlungsdienstleister keinen Aufwendungsersatzanspruch gegen seinen Zahlungsdienstnutzer. Wurde das Konto des Zahlers dennoch belastet, hat dieser gegen seinen Zahlungsdienstleister einen Erstattungsanspruch. Bei kontobezogenen Zahlungen führt der Erstattungsanspruch zur Kontoberichtigung.

Bei Zahlungskonten, die in Form eines Kontokorrents geführt werden, erfasst die Haftung auch den Anspruch auf Berichtigung des Kontokorrents wegen unberechtigter Belastungen. Die Regelung ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/11643) abschließend. Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers, die auf dieselben Rechtsfolgen gerichtet sind, wie etwa aus ungerechtfertigter Bereicherung, bestehen daneben nicht. Darüber hinausgehende Ansprüche des Zahlers gegen seinen Zahlungsdienstleister aus anderen Vorschriften, etwa verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche, bestehen für die Fälle nicht autorisierter Zahlungsvorgänge nur nach Maßgabe des § 675z BGB.

2.2 Haftung des Zahlers bei missbräuchlicher Nutzung eines Zahlungsinstruments

Hinweis:

Der Ausdruck "Zahlungsauthentifizierungsinstrument" wurde zum 01.03.2018 in den Ausdruck "Zahlungsinstrument" umbenannt.

§ 675v BGB regelt auch schon bisher die Haftung des Zahlers für Schäden, die aufgrund der Nutzung eines verloren gegangenen, gestohlenen oder sonst missbräuchlich verwendeten Zahlungsinstruments in dem Zeitraum vor der Übermittlung einer Anzeige gemäß § 675l Absatz 1 Satz 2 BGB entstanden sind. Die Haftung soll vor allem für den Zahler einen Anreiz darstellen, einen Missbrauch zu verhindern und nach dem Verlust oder Diebstahl durch eine Anzeige das Risiko einer nicht autorisierten Zahlung zu verringern.

Dabei wurde zum 13.01.2018 der Haftungshöchstbetrag auf 50,00 EUR abgesenkt, um den Schutz des Zahlers bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen zu verbessern. Auch diese Haftung ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Zahler nicht in der Lage war, den Verlust, den Diebstahl oder die missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments vor einer Zahlung zu bemerken.

Weiter wurden die Haftungsvoraussetzungen vereinheitlicht. Zuvor haftete der Zahler bei Verlust und Diebstahl des Zahlungsinstruments verschuldensunabhängig, für eine "sonstige missbräuchliche Verwendung" jedoch nur, wenn er die personalisierten Sicherheitsmerkmale nicht sicher aufbewahrt hat. Dieses Verschuldenselement war vor allem im Hinblick darauf eingeführt worden, dass es auch Zahlungsidentifizierungsinstrumente gibt, die kein körperlicher Gegenstand sind, bzw. dass auch bei gegenständlichen Zahlungsinstrumenten ein Missbrauch ohne Abhandenkommen möglich ist. Allein bei dieser Fallgruppe setzte die Haftung bisher durch die Einschränkung der "nicht sicheren Aufbewahrung" ein Verschuldenselement voraus. Nach dem neuen Wortlaut sind diese Fälle nunmehr einheitlich zu behandeln.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH trägt im Überweisungsverkehr zwar regelmäßig die Bank und nicht der Kunde das Risiko, dass Überweisungsaufträge gefälscht oder inhaltlich verfälscht werden. Dem Bankkunden kommt jedoch die girovertragliche Pflicht zu, die Gefahr einer Fälschung soweit wie möglich auszuschalten. Sofern keine anderweitige vertragliche Ausgestaltung des Haftungsmaßstabes besteht, haftet der Bankkunde wie folgt (BGH 24.04.2012 - XI ZR 96/11):

Kann dem Zahler eine betrügerische Absicht oder eine grob fahrlässige Verletzung der in § 675v Absatz 2 BGB aufgeführten Pflichten vorgeworfen werden, so hat er den gesamten Schaden zu tragen.Der Bundesgerichtshof hat grobe Fahrlässigkeit in einem Fall abgelehnt, in welchem die Zahlungskarte und die Geheimnummer an verschiedenen Stellen der Wohnung des Karteninhabers verwahrt wurden und ein Unbefugter beides nicht in einem Zugriff erlangen konnte, sondern nach dem Auffinden der einen Unterlage weiter nach der anderen suchen musste (BGH 17.10.2000 - XI ZR 42/00).Auch stellt es stellt keine grobe Fahrlässigkeit dar, wenn die Ausgabe oder Nichtausgabe der Girokarte (vormals EC-Karte) aus dem Geldautomaten im Zusammenhang mit der Geldabholung übersehen wird; insoweit handelt es sich um ein Augenblicksversagen (OLG Düsseldorf 06.07.2012 - I-17 U 79/11).

Diese Vorgaben wurden nun in § 675v Abs. 3 BGB umgesetzt.

Abweichend von den Absätzen 1 und 3 haftet der Zahler seinem Zahlungsdienstleister aber gemäß § 675v Abs. 4 BGB auch im Fall von grober Fahrlässigkeit nicht auf Schadensersatz, wenn der Zahlungsdienstleister eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 ZAG nicht verlangt hat.

Hinweis:

Zu weiteren Informationen siehe die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11495), Seiten 145 ff.

2.3 Beweislast

§ 675w BGB bestimmt, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers - zum Nachweis der Autorisierung eines bereits ausgeführten Zahlungsvorgangs, einer (Sorgfalts-)Pflichtverletzung des Zahlungsdienstnutzers oder eines Handelns in betrügerischer Absicht - zumindest darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, dass eine Authentifizierung stattgefunden hat und der Zahlungsvorgang technisch einwandfrei abgelaufen ist.

Dabei kann sich der Zahlungsdienstleister ggf. auf die Beweishilfe in der Form des Anscheinsbeweises berufen:

Nach Auffassung des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf 06.07.2012 - I-17 U 79/11) obliegt die Würdigung, ob die Voraussetzungen für einen Anscheinsbeweis vorliegen gemäß § 286 ZPO im Rahmen der freien Beweiswürdigung allein den Gerichten, z.B. der Anscheinsbeweis, dass wenn in Missbrauchsfällen unter Einsatz einer Original Girokarte (vormals EC-Karte) mit der richtigen PIN an Geldautomaten Geld abgehoben wurde der Karteninhaber pflichtwidrig die PIN auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt hat.

3. Zahlungen unter Nutzung einer Geheimzahl

Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, nach welcher der Kunde ohne weitere Voraussetzungen für die Vergütung aller unter seiner (nicht gesperrten) persönlichen Geheimzahl bestellten Leistungen haftet, ist mit wesentlichen Grundsätzen der gesetzlichen Regelung des Vertretungsrechts nicht vereinbar und deshalb gemäß unwirksam (OLG München 12.11.2015 - 29 U 2092/15).

 Siehe auch 

Girovertrag

Kontokorrent

Überweisung

Zahlungsvertrag

Assies/Beule/Heise/Strube: Handbuch des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht; 4. Auflage 2015

Borges: Haftung für Identitätsmissbrauch im Online-Banking; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2012, 2385

Pauli: Wenn der Empfänger zur (Konto-)Nummer wird; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2008, 2229

Rademacher § 675u BGB: Einschränkung des Verkehrsschutzes im Überweisungsrecht? Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2011, 2169

Schwintowski: Bankrecht; 5. Auflage 2018