Arbeitsentgelt ohne Arbeit
1. Allgemein
In den folgenden Fällen erhält der Arbeitnehmer die Vergütung ohne eine Arbeitsleistung erbracht zu haben:
Bei einer Arbeitsverhinderung aus persönlichen Gründen (s.u.).
Bei einem Annahmeverzug des Arbeitgebers.
Bei dem Eintritt eines Betriebsrisikos.
Bei der Inanspruchnahme einer Kur.
Bei Vorliegen eines Beschäftigungsverbots im Mutterschutz.
Bei der Gewährung von Urlaub.
Bei der Gewährung von Bildungsurlaub.
Bei der Entgeltzahlung an Feiertagen.
Von dem Anspruch auf Arbeitsentgelt ohne Arbeit zu unterscheiden ist die Rechtslage bei dem Ruhen des Arbeitsverhältnisses.
2. Arbeitsverhinderung aus persönlichen Gründen
2.1 Allgemein
Arbeitsverhinderung aus persönlichen Gründen: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer unter Fortzahlung von dessen Vergütung von der Arbeit freistellen, wenn der Arbeitnehmer
- a)
während der Arbeitszeit
- b)
aus persönlichen oder in seiner Person liegenden Gründen
Der Hinderungsgrund muss der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers zuzuordnen sein. Ausgeschlossen sind objektive Hinderungsgründe, wie z.B. Verkehrsstörungen, Witterungsverhältnisse.
- c)
für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit
Was als angemessene Dauer der Arbeitsverhinderung anerkannt werden kann, bestimmt sich durch die Umstände des Einzelfalls. Anerkannte Kriterien sind dabei u.a. die Schwere des Verhinderungsgrundes sowie die Möglichkeit des Arbeitnehmers, den Verhinderungsgrund zu beseitigen.
- d)
an der Ausübung seiner Arbeitsleistung gehindert ist.
Die Fortsetzung der Arbeitstätigkeit muss für den Arbeitnehmer unzumutbar geworden sein. Liegen die Voraussetzungen vor, kann der Arbeitnehmer nicht verpflichtet werden, für die fehlende Zeit Urlaubstage einzusetzen. Als Ausnahmevorschrift ist die Regelung eng auszulegen.
2.2 Ausschluss der Vergütungspflicht
Die Vergütungspflicht aufgrund der persönlicher Arbeitsverhinderung ist ganz oder teilweise abdingbar.
Beispiel:
Gemäß § 29 TVöD gelten als Fälle nach § 616 BGB, in denen Beschäftigte unter Fortzahlung des Entgelts im nachstehend genannten Ausmaß von der Arbeit freigestellt werden, nur die in § 29 TVöD aufgeführten Anlässe.
2.3 Beispiele
Die Freistellungspflicht ist in den folgenden Fällen anerkannt:
Tod oder schwere Verletzung eines nahen Angehörigen
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung bei einer plötzlich und unvermittelt auftretenden Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen gemäß § 2 PflegeZG (Pflegezeit)
Geburt eines Kindes
Gerichtliche / polizeiliche Termine (Zeuge)
Arztbesuche, wenn eine Verlegung des Termins in die arbeitsfreie Zeit nicht möglich ist
Bei in der gesetzlichen Krankenkasse Versicherten zahlt diese bei der Erkrankung eines Kindes unter bestimmten Voraussetzungen dem betreuenden, berufstätigen Elternteil Krankengeld. Der Arbeitgeber ist dann von seiner Entgeltfortzahlungspflicht befreit.
Nicht anerkannt sind:
Ausfall von Bussen / Straßenbahnen
Private Prüfungen
Verspätungen aufgrund der Wetterverhältnisse
Arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer
Erkrankung eines Kindes eines Arbeitnehmers
BAG 13.12.2001 - 6 AZR 30/01 (Gehaltsfortzahlung bei Zeugentätigkeit)
BAG 25.08.1982 - 4 AZR 1147/79
Berscheid/Kunz/Brand/Nebeling: Praxis des Arbeitsrechts; 4. Auflage 2013
Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß: Handbuch des Arbeitsrecht; 14. Auflage 2018
Schulte: Vorübergehende Verhinderung gem. § 616 BGB - Regelungsspielräume bei der Freistellung; Der Arbeits-Rechts-Berater - ArbRB 2004, 344