Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE stellt Befangenheitsantrag gegen die 28. Zivilkammer am Landgericht Köln

20.12.2010 964 Mal gelesen Autor: Christian Solmecke, LL.M.
In zwei aktuellen Filesharing-Klagen, die im Auftrag der größten deutschen Musiklabels vor dem Landgericht Köln erhoben worden sind, haben wir Befangenheitsanträge gegen drei Richter der zuständigen Kammer gestellt. In den Ablehnungsgesuchen machen wir deutlich, dass die Kammer - offenbar auch aufgrund der Überlastung - ihre Urteile und Beschlüsse mit Textbausteinen verfasst, die sich oft nicht auf den konkreten Sachverhalt beziehen.

Diejenigen, die die Filesharing-Verfahren schon länger verfolgen, wissen, dass ein Großteil der Prozesse vor dem Landgericht Köln anhängig gemacht wird. Der Grund dafür ist, dass die Kölner Urheberrechtskammer in den vergangenen Jahren im Bereich Filesharing meist zugunsten der Rechteinhaber geurteilt hat. In Köln werden auch besonders strenge Maßstäbe angelegt, wenn es um die Aufsichtspflichten von Kindern geht.

In den vorliegenden Verfahren hatten wir vorgetragen, dass die Eltern ihre 17-jährige Tochter belehrt und Sicherungsmaßnahmen ergriffen hatten. Trotzdem lehnte das Landgericht Köln die Erteilung von Prozesskostenhilfe ab, ohne auf diesen Vortrag auch nur ansatzweise einzugehen.

In unserem über zehnseitigen Befangenheitsantrag führen wir dazu u.a. aus:

"[.] Es ist vielmehr, wofür auch die Vertagung anderer Verhandlungen wegen Überlastung der Berichterstatterin spricht, davon auszugehen, dass die bezeichneten Richter wegen Überlastung der Kammer von der Gleichartigkeit aller eingereichten Filesharingklagen der Klägerinnen ausgehen und ebenfalls textbausteinartig ohne Prüfung des Einzelfalls zu Lasten der Beklagten entscheiden. Ausführungen zum angeblich so erheblichen Risiko Jugendlichen den Zugang zum Internetanschluss zu ermöglichen und die Textpassage "es müsste eine Firewall sowie Benutzerkonten eingerichtet werden" befindet sich mithin in nahezu allen Entscheidungen der beteiligten Richter. So nämlich in den Verfahren:

28 O 150/06, Urteil vom 22.11.2006
28 O 10/07,         Urteil vom 28.02.2007
28 O 889/08,      Urteil vom 13.05.2009
28 O 237/09,      Urteil vom 27.01.2010
28 O 241/09,      Urteil vom 27.01.2010

Vorliegend wurden jedoch eben diese Sicherungsmaßnahmen seitens der Beklagten zu 1) ergriffen. Dennoch findet -vor Beweisaufnahme- eine Wertung dahingehend statt, dass die Beklagte zu 1) als Störerin zu haften habe. Auf Seite 15 des Beschlusses heißt es unzutreffender Weise "Solche Maßnahmen sind jedoch nicht erfolgt".

Wenn man darüber hinaus bedenkt, dass die Kammer aber selbst die Einrichtung eines Benutzerkontos und einer Firewall nicht ausreichen lässt, selbst wenn - wie auch hier -  dahingehend vorgetragen wird (vgl. Verfahren 28 O 889/08, 28 O 623/10), erweckt eine dahingehende Beurteilung der Kammer im abweisenden PKH-Beschluss vom 01.12.2010 den Eindruck einer sachwidrigen auf Voreingenommenheit beruhenden willkürlichen Benachteiligung von abgemahnten Personen in sog. Filesharingverfahren. Dies nämlich insofern, als dass die Kammer unabhängig von dem gemachten Vortrag stets eine Störerhaftung annimmt, um den vermeintlichen Rechteinhabern die Erstattungsfähigkeit von Abmahnkosten zuzusprechen. [.]"

Das textbausteinartige Zusammensetzen von Urteilen und Beschlüssen - ohne ausreichende Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt - versuchen wir auch dadurch zu untermauern, dass wir die Stellen aufzeigen, an denen von "dem Beklagten" statt von "der Beklagten" gesprochen wird. In einem der Vorverfahren, aus dem der Textbaustein stammt, ist offenbar nicht eine Frau, sondern ein Mann verklagt worden.

Ebenfalls konnten wir nachweisen, dass die Kanzlei Rasch zugunsten von vier so genannten Major-Labels, Schadensersatzansprüche einklagt, die in den Schriftsätzen nicht belegt waren. Konkret bestanden nur Ansprüche zugunsten von zwei Klägerinnen und nicht - wie eingeklagt - zugunsten aller vier Klägerinnen. Die Kammer teilte zwar unsere Auffassung, dass der Anspruch der Klägerinnen nicht voll begründet sei, vermutete aber, dass die Kanzlei Rasch zu einem späteren Zeitpunkt noch nachbessern werde und lehnte unseren Prozesskostenhilfeantrag ab.

Insgesamt haben wir das Gefühl, dass sich die Kammer nicht mehr individuell mit unseren Schriftsätzen auseinander gesetzt hat. Ganz bestimmt hat das auch damit zu tun, dass sowohl unsere als auch die Schriftsätze der Gegenseite immer länger werden. Wir haben die Meinung, dass unser Vortrag - aus Gründen der Überlastung der Kölner Urheberrechtskammer - nur noch überflogen wird. Dabei ist es so, dass jeder Filesharing-Fall einzeln zu betrachten und gesondert zu behandeln ist. Mit unserem Befangenheitsantrag wenden wir uns gegen die pauschale Vorverurteilung der abgemahnten Filesharer .

Über den Antrag wird vermutlich erst in den kommenden Monaten entschieden werden. Bis dahin werden wir gegen die ablehnenden Prozesskostenhilfe-Beschlüsse sofortige Beschwerde einlegen. Wir sind uns sicher, dass sich das Oberlandesgericht Köln detailliert mit unseren zahlreichen Bedenken gegen die Argumentation der Kanzlei Rasch auseinandersetzen wird. Zu gegebener Zeit werden wir wieder darüber berichten.