Wilder Streik im Chefbüro - LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 06.05.2015 – 3 Sa 354/14

29.06.2015 178 Mal gelesen Autor: Dr. Heinz J. Meyerhoff
Der Lohn reicht manchmal hinten und vorne nicht. Die Chefs bügeln jeden Wunsch nach Erhöhung ab. Das Ende vom Lied sind unzufriedene Mitarbeiter ohne jeden Antrieb - aber mit dem Wunsch, es dem Boss mal so richtig zu zeigen.

Der Fall: Abteilungsleiterin L. wollte mehr Geld. Sie bekam von ihrem Boss eine Abfuhr und machte danach in seinem Büro einen Sitzstreik. Weder Betriebsrat noch Ehemann konnten L. zur Aufgabe überreden. Nach drei Stunden wurde sie in Polizeibegleitung abgeführt. Tags drauf machte L.  ihren Chef noch per E-Mail schlecht, dann kam die Kündigung, fristlos, hilfsweise fristgemäß.

Das Problem: Streiken dürfen nur Mitglieder einer Gewerkschaft. Legen einzelne Mitarbeiter oder Gruppen von Mitarbeitern ihre Arbeit ohne Rückendeckung der Gewerkschaft nieder, ist das ein "wilder Streik", den unsere Rechtsordnung nicht duldet. Und wenn man dann noch per E-Mail über den Chef herzieht, nun, dann muss man sich nicht wundern, wenn der die rote Karte zeigt.

Das Urteil: L.'s Verhalten ist zwar "eine besonders schwere Pflichtverletzung". Für eine fristlose Kündigung reicht diese Vertragsverletzung jedoch nicht. Eine außerordentliche Kündigung muss immer das letzte Mittel sein, zu dem der Arbeitgeber greift. Die ordentliche Kündigung geht dagegen ohne Beanstandung durch (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 06.05.2015 - 3 Sa 354/14).

Die Konsequenz: L. ist ihren Job los - und mehr Geld bekommt sie auch nicht. Das passiert, wenn man das Recht in die eigene Hand nimmt. Okay, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. L. kann noch Revision einlegen. Aber eine dreistündiger Arbeitsverweigerung mit "Chef-Bashing" im Nachgang, das ist kein Kavaliersdelikt. Das muss ein Arbeitgeber nicht ohne Weiteres hinnehmen.