ABMAHNUNG / FILESHARING/ Akteneinsicht in die Ermittlungsakte / Beweisverwertungsverbot

25.04.2008 2711 Mal gelesen Autor: Gordon Kirchmann

Nach Erhalt einer Abmahnung stellt sich immer wieder die Frage, ob die Abmahnenden die Ermittlungsinhalte der Staatsanwaltschaft für Ihre Schadenersatzansprüche verwerten dürfen.

Die Abmahnindustrie stellt im Rahmen vermeintlicher Urheberrechtsverletzungen immer wieder Strafanzeigen, um nach den entsprechenden Ermittlungen gegen die Inhaber einer bestimmten IP-Adresse als Störer zivilrechtlich vorgehen zu können.

Inzwischen sind einige Staatsanwaltschaften und Gerichte dazu übergegangen, Anträge auf Einsichtnahme in die Ermittlungsakte abzulehnen. Denn nach § 406e der Strafprozessordnung (StPO) kann eine Einsichtnahme des vermeintlich Verletzten versagt werden, wenn das Interesse an der Geheimhaltung der in der Ermittlungsakte enthaltenen persönlichen Daten des Beschuldigten größer ist als das berechtigte Interesse des Geschädigten, Kenntnis vom Akteninhalt zu erhalten.
Hier haben Ermittlungsbehörden und Gerichte eine Interessenabwägung vorzunehmen, die sich auch am Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten im Einzelfall orientieren muss.

Die Rechtsprechung in Strafsachen geht inzwischen davon aus, dass die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten abzulehnen ist, wenn die Ermittlungen keinen Hinweis auf einen konkreten Verdächtigen ergeben haben (mangelnder hinreichender Tatverdacht i.S.v. § 170 Abs. 1 StPO).
Das ist praktisch immer der Fall, wenn die Ermittlungen nur ergeben haben, dass Filesharing über eine bestimmte IP-Adresse stattgefunden haben, aber der Täter als solcher nicht aus einer Gruppe möglicher, in Betracht kommender Täter einwandfrei identifiziert werden kann.

Haben Staatsanwaltschaft oder Gericht aber eine entsprechende Akteneinsicht gewährt, dann stellt sich die Frage im Rahmen des durch die Musik-/Filmindustrie geltend gemachten Schadenersatzanspruchs, ob die Nennung der IP-Adresse und dessen Inhaber im Zivilprozess überhaupt verwertet werden dürfen.
Auch hier ist wieder eine Interessensabwägung, eine Einzelfallabwägung der geschützten Interessen von Urheberrechtsinhaber und Inhaber der IP-Adresse vorzunehmen.
Dabei ist auch zu beachten, dass zivilrechtlich der Internetnutzer nur als (mittelbarer) Störer in Anspruch genommen wird. Die Musik-/Filmindustrie kann den IP-Nutzer ja gerade nicht unmittelbar als Handlungsstörer identifizieren und wäre dafür auch beweisbelastet.

Hier gilt:
Je stärker die Erlangung der Kenntnis der störungsrelevanten Tatsachen in Richtung Intimssphäre greift, desto eher dürfte von einem Beweisverwertungsverbot auch in einem Zivilprozeß auszugehen sein.