Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters vs. Verlust des Kundenstamms

Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters vs. Verlust des Kundenstamms
26.07.20111733 Mal gelesen
Unternehmen versuchen sich oftmals durch vertragliche Wettbewerbsverbots- und Verschwiegenheitsklauseln gegenüber kompetenten und gut vernetzten Handelsvertretern zu schützen. Dabei gilt: das konkrete vertragliche Konzept ist entscheidend bei der Frage, ob der Kundenstamm für das Unternehmen ausreichend geschützt ist.

Für die Frage, ob und inwieweit der Handelsvertreter einem Wettbewerbsverbot sicher unterliegt, muss zunächst danach unterschieden werden, ob der Vertrag mit dem Handelsvertreter noch besteht oder bereits beendet wurde.

  1. Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters während der Vertragszeit

    Während der Vertragszeit unterliegt der Handelsvertreter grundsätzlich einem Wettbewerbsverbot. Eine ausdrückliche Regelung findet sich im Gesetz nicht. Vielmehr wird ein Wettbewerbsverbot von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung aus den allgemeinen Vertragspflichten des Handelsvertreters abgeleitet. Die Vorschrift des § 86 Abs. 1, 2. HS HGB regelt die sog. Interessenwahrnehmungspflicht des Handelsvertreters. Der Handelsvertreter muss zur Wahrung der Interessen des Unternehmers seine Tätigkeit grundsätzlich interessenkonform gestalten. Dies umfasst zugleich auch die Pflicht, jedes Verhalten zu unterlassen, das den Interessen des Unternehmers in irgendeiner Weise zuwiderläuft, mithin auch grundsätzlich etwaige Konkurrenztätigkeiten.

    Anders verhält es sich nur, wenn eine ausdrückliche Erlaubnis vom Unternehmer erteilt wird. Insoweit herrscht allgemein Einigkeit darüber, dass während der Vertragszeit grundsätzlich ein Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters existiert.

    Die große Unsicherheit herrscht jedoch bei der Frage, im welchen Umfang ein Wettbewerbsverbot besteht. Klar ist nur, dass die Interessenwahrnehmungspflicht allein ohne weiteres zu keinem umfassenden Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters führen darf. Der Bundesgerichtshof bekräftigt in seiner ständigen Rechtsprechung, dass die Reichweite des Wettbewerbsverbotes im Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände zu bestimmen sei. Unverzichtbar sei insbesondere eine Beurteilung am Maßstab der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Art und Ausmaß der Tätigkeit des Handelsvertreters können damit von erheblicher Bedeutung sein. Regelmäßig wird ein Handelsvertreter, der fast oder gar ausschließlich für einen Unternehmer tätig wird und über eine strenge Vertriebsexklusivität verfügt, einem strengen Wettbewerbsreglement unterliegen. Hingegen wird der Umfang des Wettbewerbsverbotes eher großzügiger zu bemessen sein, wenn der Handelsvertreter mehrere Firmen vertritt (sog. Mehrfirmenvertreter). Ebenfalls von Bedeutung kann sein, ob sich die Tätigkeit des Handelsvertreters in der Vermittlung von Geschäften erschöpft oder ihm darüber hinaus auch der Abschluss jener Geschäfte obliegt.

    Rechtssicherheit schafft nur eine klar definierte Regelung im Handelsvertretervertrag. Um später einmal teure Gerichtsverfahren oder sogar den Verlust des Kundenstamms zu verhindern, sollten die Parteien eine eindeutige, schriftliche Absprache treffen. Die Einhaltung der getroffenen Regelung kann durch ein angemessenes vertragliches Sanktionssystem, wie z.B. eine an den Provision ausgerichtete Vertragsstrafe, sichergestellt werden.

  2. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters

    Mit Beendigung des Vertrages wird der Handelsvertreter grundsätzlich von seinen Pflichten entbunden. Er kann sich daher wieder in den freien Wettbewerb begeben. Nicht selten hat der Unternehmer aber auch über das eigentliche Vertragsverhältnis hinaus ein Interesse daran, dass der Handelsvertreter nicht zu ihm in Konkurrenz tritt. Diesen Gedanken hat auch der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 90 a HGB berücksichtigt und die Möglichkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes geschaffen.

    Nach § 90a HGB können die Parteien eine sog. Wettbewerbsabrede vereinbaren. Entscheiden sich die Parteien jedoch für eine solche Wettbewerbsabrede, sind die Voraussetzungen der Norm zwingend zu beachten. So unterliegt die Abrede zum Schutze des Handelsvertreters nach § 90 a Abs.1 HGB einzuhaltenden Schranken: Die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung bedarf der Schriftform und dem Handelsvertreter ist eine unterzeichnete Urkunde der getroffenen Bestimmungen zu überreichen. Zudem ist die Dauer des Wettbewerbsverbotes auf 2 Jahre beschränkt, um den Handelsvertreter nicht unzumutbar zu belasten. Das Verbot darf sich nur auf den dem Handelsvertreter zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis und nur auf solche Gegenstände erstrecken, über die der Handelsvertreter zur Vermittlung bzw. zum Abschluss sich zu bemühen hatte. Ferner ist dem Handelsvertreter eine angemessene Entschädigungszahlung für die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung zu entrichten (sog. Karenzentschädigung).

    Oftmals werden bei der Regelung eines nachvertraglichen Kundenschutzes die hohen gesetzlichen Voraussetzungen nicht eingehalten. Die laxe Handhabe bezahlt das Unternehmen häufig mit empfindlichen Verlusten von lukrativen Kunden.

  3. Rechtsfolgen bei Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot     

    Bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot während der Vertragslaufzeit durch den Handelsvertreter können dem Unternehmer gravierende wirtschaftliche Schäden treffen. Entsprechend weitreichend wären dann auch die rechtlichen Konsequenzen für den Handelsvertreter. Der Unternehmer kann gegen den Handelsvertreter gerichtlich vorgehen und neben Schadensersatz auch auf Unterlassung klagen. Gegebenenfalls kann der Unternehmer sogar per einstweiliger Verfügung den rechtswidrigen Zustand vom Gericht in wenigen Tagen beheben lassen. Ein solcher Verstoß vermag mitunter einen erheblichen Vertrauensbruch darstellen und kann infolgedessen auch zur außerordentlichen Kündigung eines noch bestehenden Vertrags führen.

    Ein Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot kann weiterhin dazu führen, dass der Handelsvertreter für die Dauer und Auswirkung des Verstoßes den Anspruch auf die Karenzentschädigung verliert. Um dem Handelsvertreter die abschreckenden Sanktionsfolgen klar vor Augen zu führen, empfiehlt es sich für die Praxis von den Möglichkeiten einer Rückzahlungsklausel und einer Vertragsstrafe Gebrauch zu machen. Daneben bestehen gegen den Handelsvertreter auch Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche.

Dr. Boris Jan Schiemzik
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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