Künstliche Befruchtung und die Angst vor der verweigerten Kostenübernahme

11.02.2008 1339 Mal gelesen Autor: Oliver Klaus
Steigende Umweltbelastungen, Infektionen, Varikozele testis, genetische Störungen. Die Gründe für Unfruchtbarkeit sind vielfältig. Fakt ist jedoch, dass die Zahl unfruchtbarer Männer und Frauen stetig steigt. Immer mehr zum Teil junge Paare sehen sich daher einem unerfüllten Kinderwunsch gegenüber. Aber auch aufgrund demographischer und gesellschaftlicher Entwicklungen gewinnt die Übernahme der Kosten künstlicher Befruchtungen an Bedeutung. Nicht zuletzt durch die neuen Entwicklungen im Gesundheitswesen ist zum Teil eine zusätzliche Unsicherheit entstanden bzgl. der Leistungen, die die Krankenkassen tragen.
Die Erfüllung dieses Wunsches mit Hilfe der sogenannten In-vitro-Fertilisation, gegebenenfalls im Zusammenspiel mit der intracytoplasmatischen Spermieninjektion, wird oftmals schon durch die Angst vor einer mangelnden Erstattungsfähigkeit der Kosten durch die Krankenkassen im Keim erstickt. Erfahrungen in diesem Zusammenhang haben gezeigt, dass interessierte Paare die Kosten entweder ungeprüft aus eigener Tasche zahlen oder aber die Konfrontation mit der Krankenkasse scheuen. Dies soll kein Aufruf sein, sich gegen die Krankenkassen aufzulehnen, vielmehr sollen interessierte Paare sensibilisiert werden, die Höhe der Erstattungsfähigkeit prüfen zu lassen.
Die Reagenzglasbefruchtung, kurz IVF oder künstliche Befruchtung, wird seit den 70er Jahren in der Behandlung des unerfüllten Kinderwunsches eingesetzt. Nach einer hormonellen Stimulation der Eierstöcke werden die Eizellen aus dem Körper der Frau entnommen und in einem Reagenzglas mit den Samen des Mannes zusammengebracht. Die durch Befruchtung der Eizellen entstandenen Embryonen werden in die Gebärmutter zurückgegeben und wachsen dort im Idealfall an.
 
Aber wie sieht es mit der Erstattung durch die Krankenkasse aus? Hat der Versicherte etwa Kostenerstattungsansprüche gegenüber seiner Versicherung? Dieser Artikel soll einen kurzen Überblick am Beispiel der privaten Krankenversicherung geben. Er kann und soll die eingehende Beratung beim Anwalt Ihres Vertrauens jedoch nicht ersetzen.
 
Die gesetzliche Grundlage für einen möglichen Erstattungsanspruch gegenüber der privaten Krankenversicherung stellt der jeweilige Krankenversicherungsvertrag i.V.m. mit dem Versicherungsvertragsgesetz und den Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung dar. Vereinfacht ausgedrückt ist die Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs, dass die geltend gemachten Kosten eine medizinisch notwendige Behandlung an einer versicherten Person wegen einer Krankheit darstellen.
Voraussetzung für das Vorliegen einer Krankheit wäre in diesem Zusammenhang das Vorliegen eines objektiv nach ärztlichem Urteil bestehenden anormalen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes. Wichtig an dieser Stelle: Allein die bestehende Kinderlosigkeit wird in der Rechtssprechung nicht als Krankheit iSv § 1 MBKK angesehen. Vielmehr muss eine auf organischen Ursachen beruhende Unfruchtbarkeit eines der Partner vorliegen.
Liegt diese Voraussetzung vor, ist bei der Frage der grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit sowie im Bezug auf die Höhe, eine umfangreiche Prüfung des Einzelfalles nötig. Faktoren wie die Höhe der Erfolgswahrscheinlichkeit, das Alter der Frau sowie die Anzahl der bisher erfolglosen Versuche spielen bei der Einzelfallbetrachtung eine Rolle. Gerade im Fall einer negativen Bescheidung durch die Krankenkasse sollten die angeführten Gründe im Lichte der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes ausgelegt werden.
 
So stellt es eine spannende Entwicklung dar, ob sich auch die Rechtssprechung an den sich wandelnden biologischen und gesellschaftlichen Veränderungen orientieren. Eine zumindest gleichbleibende Geburtenrate sollte nicht an der Angst vor negativer Bescheidung durch die Krankenkassen scheitern.