Zusendung der Ware nach erfolgten Widerruf ist als unzumutbare Belästigung wettbewerbswidrig

Wettbewerbs- und Markenrecht
09.12.20091034 Mal gelesen

Insbesondere nach der Reform des Unlauterkeitswettbewerbsgesetzes im Jahre 2008 wurden einige unlautere Verhaltensweisen, die Unternehmer in ihrem täglichen Geschäftsbetrieb an den Tag legen, näher konkretisiert. Nach dem UWG 2008 wird beispielsweise zwischen unlauteren geschäftlichen Handlungen ohne Wertungsmöglichkeit und solchen mit Wertungsmöglichkeit unterschieden. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Arten liegt darin, dass bei unlauteren Handlungen ohne Wertungsmöglichkeit allein die Verwicklung des Tatbestandes ausreicht, damit ein Verstoß gegen das UWG bejaht werden kann. Bei geschäftlichen Handlungen mit Wertungsmöglichkeiten kommt es neben der Verwirklichung des Tatbestands auch darauf an, dass die Interessen der Marktteilnehmer wesentlich beeinträchtigt werden. Das bezeichnet man als sogenannte Erheblichkeitsschwelle. Unlautere geschäftliche Handlungen ohne Wertungsmöglichkeiten sind dabei in der sogenannten schwarzen Liste als Anhang zum § 3 Abs. 3 UWG enthalten.

Im Nachfolgenden soll sich mit einer Wettbewerbshandlung beschäftigt werden, die sowohl vor als auch nach der Reform als ein Verstoß gegen das UWG zu werten ist. Dabei geht es um die sich ständig in der Diskussion befindliche unzumutbare Belästigung des Marktteilnehmers. Unter einer Belästigung sind solche Auswirkungen einer geschäftlichen Handlung zu verstehen, die bereits wegen der Art und Weise des Herantretens an andere Marktteilnehmer, unabhängig vom Inhalt der Äußerung von den Adressaten als Beeinträchtigung ihrer privaten oder beruflichen Sphäre empfunden werden. Die Beeinträchtigung besteht darin, dass das Anliegen den Empfängern "aufgedrängt" wird, sie sich also ohne oder gegen ihren Willen damit auseinandersetzen müssen, (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Unlauterer Wettbewerb-Gesetz, 27. Auflage 2009, § 7 Rdn. 19).

Das OLG Koblenz hatte noch vor Änderung des UWG Stellung zu der Frage zu nehmen, ob die Zusendung der Ware nach Ausübung des Widerrufsrechts einen Verstoß gegen das UWG darstellt. Im konkreten Fall hatte der Verbraucher sogar durch zweifachen Widerruf des betreffenden Vertrags zu erkennen gegeben, dass er die Ware nicht mehr haben will. Dennoch sendete der Verkäufer die Ware dem ehemaligen Käufer zu.    

Hierzu hat das OLG Koblenz in seinem Urteil vom 17.06.2009, Aktenzeichen 9 U 120/09, festgestellt, dass das Zusenden von Ware nach einem erfolgten Widerruf unlauter und wettbewerbswidrig ist, weil dieses Verhalten eine unzumutbare Belästigung des Marktteilnehmers darstelle. Eine unzumutbare Belästigung liegt insbesondere dann vor, wenn dem Markteilnehmer eine Werbung zugeleitet wird, die der angesprochene Marktteilnehmer erkennbar nicht erwünscht. Dabei sei die Zusendung unbestellter Waren oder Erbringung unbestellter Dienstleistungen als eine solche Werbung zu werten und dieser gleichzustellen, sodass ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vorliegt. In diesem Zusammenhang wies das Gericht ausdrücklich nochmals darauf hin, dass es nicht darauf ankomme, ob der Verstoß schuldhaft begangen worden sei oder nicht, da jedenfalls der Unterlassungsanspruch verschuldensunabhängig ist.  

Das OLG Koblenz musste also im Lichte der alten Rechtslage darüber entscheiden, ob diese Verhaltensweise eine unzumutbare Belästigung darstellt, diese Handlung also gegen das Gesetz verstößt, und gleichzeitig darüber entscheiden, ob die Erheblichkeitsschwelle im Sinne des § 3 UWG überschritten ist. Zu beachten ist aber, dass dieses Verhalten nunmehr in Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, der sogenannten schwarzen Liste, enthalten ist und daher allein die Erfüllung des Tatbestands zu einem UWG-Verstoß führt.

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass nach dem Gesetz zwar die Widerrufsfrist erst zu laufen beginnt, wenn alle Informationspflichten erfüllt sind, der Verbraucher die Widerrufsbelehrung in Textform erhält und er die Ware erhalten hat oder es zum Vertragsschluss gekommen ist. Allerdings darf im Interesse des Verbrauchers angenommen werden, dass die Erklärung des Widerrufs auch vor Erfüllung all dieser Merkmale wirksam erklärt werden kann, weil man diese Regelung, wie zumeist, verbraucherfreundlich auslegen muss.
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© 08.12.2009
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