Verschiedene Fahrverbote gleichzeitig absitzen

Verschiedene Fahrverbote gleichzeitig absitzen
05.08.20121408 Mal gelesen
Das Amtsgericht Hattingen hat die Ansicht gestärkt, dass bei mehreren Fahrverboten aus verschiedenen Bußgeldverfahren die Vollstreckung auch dann nebeneinander zu erfolgen hat, wenn jeweils die Schonfrist nach § 25 Abs. 2a StVG gewährt wurde. Was müssen Betroffene beachten?

Durch ein Fahrverbot wird untersagt, zwischen ein und drei Monaten im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Werden in einem Bußgeldverfahren mehrere Zuwiderhandlungen geahndet, z.B. wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung und einem Abstandsverstoß, darf immer nur ein einheitliches Fahrverbot festgesetzt werden. Kommt es wegen verschiedener Verkehrsverstöße zu unterschiedlichen Bußgeldverfahren mit Fahrverboten, darf der Führerschein insgesamt nicht länger als drei Monate vorenthalten werden. Um zu verhindern, dass die Verbotsdauer drei Monate überschreitet, sollte dann sinnvollerweise rechtzeitig ein Antrag auf Verbindung der verschiedenen Verfahren gestellt werden. Ist die Entscheidung bereits ergangen muss in den entsprechenden Verfahren jeweils beantragt werden, dass die Fahrverbotes aus beiden Verfahren insgesamt nur bis zur Dreimonatsgrenze vollstreckt werden.

Unter Umständen ist es sogar möglich eine parallele Vollstreckung der verschiedenen Fahrverbote zu erreichen. Das heißt, die Verbotsfristen werden nicht nacheinander vollstreckt, sondern gleichzeitig. Die Fahrverbote überlappen. So kann erreicht werden, dass die Vorenthaltung des Führerscheins trotz zweier Fahrverbote von jeweils einem Monat Dauer insgesamt nur einen Monat dauert.

Dazu müssen die Fahrverbote aus den Bußgeldentscheidungen parallel rechtskräftig werden. Erreichen lässt sich dies z.B. durch die zeitgleiche Zurücknahme der gegen die Bußgeldentscheidungen eingelegten Einsprüche.

Die Rechtsprechung zur Frage, ob bei mehreren Fahrverboten aus verschiedenen Bußgeldbescheiden die Vollstreckung nacheinander oder gleichzeitig zu erfolgen hat, ist überaus umstritten. Es gibt Gerichte, die eine Parallelvollstreckung nur in der Variante als erlaubt ansehen, in der mehrere Fahrverbote ohne Schonfristgewährung (gemeint ist die Vier-Monats-Frist zur Abgabe des Führerscheins des § 25 Abs. 2a StVG) aufeinandertreffen.

Das Amtsgericht Hattingen hat jüngst in einem Beschluss vom 14.12.2011, gestützt auf OLG Hamm, die andere Ansicht gestärkt, die annimmt, dass das Gesetz nicht erlaube, zwei gleichzeitig rechtskräftig gewordene Fahrverbote nacheinander zu vollstrecken. Demnach ist das nebeneinander Absitzen der Verbotszeiträume stets auch dann legitim, wenn dem Betroffenen gem. § 25 Abs. 2 a StVG die Möglichkeit eingeräumt worden ist, innerhalb von vier Monaten ab Rechtskraft der Bußgeldentscheidung den Zeitraum der Vollstreckung des Fahrverbotes selber zu wählen.

Dies gebe der Wortlaut der vom Gesetzgeber nachträglich eingeführten Ausnahmeregelung des § 25 Abs. 2 a StVG vor. Demnach sind Fahrverbotsfristen nacheinander und zwar in der Reihenfolge der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung zu berechnen, wenn gegen den Betroffenen nach einem bereits rechtskräftig angeordneten Fahrverbot weitere Fahrverbote rechtskräftig verhängt werden. Diese Formulierung setze verschiedene Rechtskrafttermine voraus und erfasse somit gerade nicht Fälle, in denen Bußgeldentscheidungen gleichzeitig rechtskräftig werden. Überdies handele es sich bei § 25 Abs. 2 a StVG um eine vom Gesetzgeber nachträglich eingeführte Ausnahmeregelung, so dass die Parallelvollstreckung als Grundmuster angesehen werden müsse.

Praxistipp

Betroffene, denen mehrere Fahrverbote aus verschiedenen Verfahren drohen, sollten daher frühzeitig auf Zusammenlegung der Verfahren drängen, um zu verhindern, dass diese nach Rechtskraft nacheinander vollstreckt werden. Kommt eine Zusammenlegung der Verfahren nicht mehr in Frage ist zunächst darauf zu achten, dass die gleichzeitige Rechtskraft der unterschiedlichen Bußgeldverfahren herbeigeführt wird (Die Parallelvollstreckung gilt übrigens auch, wenn ein strafrechtliches Fahrverbot nach § 44 StGB zu vollstrecken ist). Mit der Vollstreckungsbehörde sollte dann frühzeitig die parallele Vollstreckung abgeklärt werden. Verweigert die Bußgeldstelle die Parallelvollstreckung und möchte stattdessen die Fahrverbote nacheinander vollstrecken kann ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden.

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Der Beitrag nimmt Bezug auf AG Hattingen, Beschluss vom 14.12.2011 (22 OWi 641/11 (b))

Der Autor, Christian Demuth ist als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht auf die Verteidigung von Menschen in Verkehrsstraf- und Bußgeldverfahren spezialisiert. Weitere Infos: www.cd-recht.de