Musik getauscht – 200 Euro Lizenzschaden für ein Lied

Musik getauscht – 200 Euro Lizenzschaden für ein Lied
16.07.2014224 Mal gelesen
Wer über eine Filesharing Börse Musik tauscht, muss mit einer Abmahnung rechnen. Über die Höhe der in einer solchen Abmahnung geltend gemachten Schadensersatzforderungen wird jedoch fast immer gestritten. In einem Fall hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main nun entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 200 Euro angemessen ist (Urteil vom 15.7.2014, Az. 11 U 115/13).

Der fiktive Lizenzschaden

Die Abgemahnte hatte einen aktuellen Chart Song über ein Filesharing Programm zunächst gedownloadet und anschließend wieder für andere Nutzer zum Upload freigegeben. Das öffentliche Zugänglichmachen eines Werkes ist jedoch dem Rechteinhaber vorbehalten, sodass hier eine Urheberrechtsverletzung gegeben war. Die Rechteinhaberin verlangte sodann Zahlung des "fiktiven Lizenzschadens" und der entstandenen Abmahnkosten.

Unter dem fiktiven Lizenzschaden ist der Betrag zu verstehen, der an den Urheber hätte gezahlt werden müssen, wenn dieser die Nutzung seines Werkes erlaubt hätte. Mittelbar geregelt ist die Erstattung dieses Schadens in §97 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz:

Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. [...]

OLG verneint Deckelung und schraubt Lizenzschaden hoch

Das Landgericht hielt einen Lizenzschaden in Höhe von 150 Euro für angemessen. Die Abmahnkosten sollten nach Ansicht der Richter jedoch gem. §97 a II UrhG gedeckelt werden.

§ 97 a Abs. 2 Urheberrechtsgesetz:

Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro.

Dem stimmte das OLG Frankfurt nicht zu. Zum einen sah das Gericht eine Deckelung in Filesharing Fällen als nicht angemessen an. Grund dafür sei die "weltweit wirkenden Paralleldistribution" bei der Nutzung von Tauschbörsen. Diese begründe eine erhebliche Rechtsverletzung. Zum anderen setzte das Gericht den Lizenzschaden auf 200 Euro an. Dabei bezog sich das Gericht auf ähnliche Rechtsprechungsfälle, in denen ebenfalls ein Betrag von 200 Euro für den Tausch eines Titels in einer Tauschbörse als angemessen erachtet wurde.

Entscheidung entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers

Aus unserer Sicht sind sowohl 200 Euro, als auch 150 Euro Lizenzschaden für den Tausch eines Musikstückes viel zu hoch bemessen. In der Tat haben bereits einige Gerichte, darunter auch das OLG Köln einen Lizenzschaden in Höhe von 200 Euro für angemessen befunden (Vgl. OLG Köln Urt. v. 20.12.2013, Az. 355/08). Die Gerichte haben jedoch den Lizenzschaden stets über den Daumen gepeilt und nicht sauber herausgearbeitet. Das AG Düsseldorf hat jüngst in einem Fall richtig entschieden, dass bei Berechnung des Schadens durch einen privaten Filesharer nicht die gleichen Maßstäbe wie bei einem kommerziellen Lizenznehmer gelten dürfen und den Lizenzschaden erheblich reduziert. Aktuell liegt einer unserer Filesharing Fälle beim BGH. Möglicherweise wird die Frage im Rahmen dieses Verfahrens abschließend beantwortet werden können.

Sicher ist allerdings, dass in Filesharing Fällen wie diesen, die Deckelung der Abmahnkosten in jedem Fall zu bejahen wäre. Hier bezieht sich das OLG Frankfurt am Main zwar noch auf die alte Gesetzeslage, also auf die Zeit vor dem in Kraft treten des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken, allerdings hätten die Richter die neuen Gesetze hier bereits in ihre Entscheidung mit einfließen lassen müssen. Wir halten das Urteil für falsch. Der Gesetzgeber hat mit dem neuen Gesetz solche Entscheidungen bewusst verhindern wollen. Dieser Wille hätte bei der Entscheidung berücksichtigt werden müssen.