Kündigungsschutzklage erforderlich, wenn Arbeitgeber mit zu kurzer Frist kündigt? Rüter & Pape Rechtsanwälte für Arbeitsrecht in Frankfurt am Main

Arbeit Betrieb
01.10.2010965 Mal gelesen
Kündigungsschutzklage erforderlich, wenn Arbeitgeber mit zu kurzer Frist kündigt?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 01.09.2010 entschieden, dass der Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung, die der Arbeitgeber mit einer zu kurzen Kündigungsfrist ausgesprochen hat, in der 3-Wochen-Frist nach § 4 S. 1 KSchG mit einer Kündigungsschutzklage angreifen muss, sofern sich die Kündigung nach dem Wortlaut oder den sonstigen Umständen nicht dahin gehend auslegen lässt, dass das Arbeitsverhältnis jedenfalls zum nächst zulässigen Termin enden soll. Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist, dann gilt die Kündigung als rechtswirksam, und zwar zu dem in der Kündigung unzutreffend genannten Zeitpunkt.

 

Sachverhalt:

 

In dem zu entscheidenden Fall hatte Arbeitgeber A seinen seit als mehr als 12 Jahren beschäftigten Arbeitnehmer N mit Schreiben vom 22.04.2008 zum 31.07.2008 ordentlich gekündigt. Entgegen der Ansicht des A betrug die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 BGB aber nicht drei, sondern fünf Monate zum Monatsende (also 30.09.2008). N ließ die Klagefrist nach § 4 S. 1 KSchG verstreichen, da er sich nicht gegen die Kündigung als solche, sondern nur gegen den Beendigungszeitpunkt 31.07.2008 wehren wollte. Er erhob deshalb erst Monate später Klage auf Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Monate August und September 2008, denn unter Zugrundelegung der zutreffenden gesetzlichen Kündigungsfrist wäre das Arbeitsverhältnis erst zum 30.09.2008 beendet worden.

 

Das BAG hat nun Zahlungsansprüche des N verneint, weil er die Klagefrist des 4 S. 1 KSchG (drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung) versäumt habe und deshalb das Arbeitsverhältnis aufgrund der Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG trotz der zu kurzen Kündigungsfrist bereits zum 31.07.2008 beendet worden sei. Einer Kündigungsschutzklage in der Frist des § 4 S. 1 KSchG hätte es nur dann nicht bedurft, wenn die Kündigung vom 22.04.2008 in eine Kündigung zum nächst zulässigen Termin - hier also zum 30.09.2008 - hätte ausgelegt werden können, was vorliegend mangels Anhaltspunkten nicht der Fall gewesen sei.

 

Auswirkungen für die Praxis:

 

Kündigungen, die mit zu kurzer Kündigungsfrist ausgesprochen werden, müssen dann nicht in der Frist des § 4 S. 1 KSchG angegriffen werden, wenn der Arbeitnehmer sich nicht gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als solches wehren will, sondern nur gegen den falsch berechneten Beendigungszeitpunkt, und die Auslegung der Kündigung ergibt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zumindest zum nächst zulässigen Termin beenden will. Lassen weder der Wortlaut oder die sonstigen Umstände der Erklärung diesen Schluss zu und müsste die ausgesprochene Kündigung erst in eine solche mit zutreffender Frist umgedeutet werden, so muss der Arbeitnehmer fristgerecht Kündigungsschutzklage erheben. Anderenfalls gilt die mit zu kurzer Kündigungsfrist ausgesprochene Kündigung als wirksam. Bei Zweifeln, ob die Kündigung noch als Kündigung mit rechtlich gebotener Kündigungsfrist ausgelegt werden kann, oder erst in eine solche umgedeutet werden muss, empfiehlt sich Klageerhebung binnen 3 Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung.

 

(BAG, Urteil vom 01.09.2010, Az. 5 AZR 700/09)

 

RA Marco Pape

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Stand: 01.10.2010