MPU und Drogenkonsum

Wehrrecht
01.02.20065080 Mal gelesen

Lag einer Entziehung der Fahrerlaubnis ein Alkohol- oder Drogenverstoß zugrunde, wird die Fahrerlaubnisbehörde vor Neuerteilung ein MPU-Gutachten verlangen. Die Anordnung eines MPU-Gutachtens kann auch den Inhaber einer Fahrerlaubnis treffen, wenn der Behörde Tatsachen bekannt werden, die zu berechtigtem Zweifel an seiner Kraftfahrt-Eignung Anlass geben. Wann solche Eignungszweifel angesagt sind, lässt sich der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) entnehmen.  Für den Bereich des Alkoholkonsums ist bestimmt, dass Eignungszweifel immer bestehen in den Fällen der Verkehrsteilnahme mit mindestens 1,6 Promille (gilt auch bei Radfahrern), der wiederholten Fahrt unter Alkoholeinfluss, bei Alkoholabhängigkeit und des Alkoholmißbrauchs. Letzterer Fall führt dazu, dass auch einer Person, die unter erheblicher Alkoholeinwirkung öffentlich in Erscheinung getreten ist, der Nachweis der Fahrtauglichkeit durch Vorlage eines MPU-Gutachtens sogar dann abverlangt werden kann, wenn sie nicht am Straßenverkehr teilgenommen hat. Für den Bereich der im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) aufgeführten Substanzen gilt, dass die Teilnahme am Straßenverkehr die Behörde stets zur Annahme der Ungeeignetheit berechtigt. Wer unter Wirkunng eines der in  der Anlage zum BtMG genannten Stoffe am Straßenverkehr teilgenommen hat gilt grundsätzlich als Kraftfahrt-Untauglich. In der FeV wird bestimmt, dass die in diesem Fall bestehenden Eignungszweifel durch ein Gutachten zu klären sind. In den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung heißt es, dass derjenige, der Stoffe im Sinne des BtMG nimmt oder von ihnen abhängig ist, nicht in der Lage ist, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden. Erlangt die Behörde von einer sochen Rauchmittelfahrt Kenntnis wird sie die Fahrerlaubnis daher entziehen und vor Neuerteilung den Nachweis der wiedererlangten Eignung durch Vorlage eines MPU-Gutachtens verlangen. Der im Zusammenhang mit Drogen auffällig gewordene Fahrerlaubnis-Inhaber braucht noch keine Verkehrsgefahr verurscht zu haben. Für die Entziehung genügt die von ihm ausgehende latente Gefahr für die Verkehrssicherheit. Die Anordnung einer MPU soll nach der Rechtsprechung sogar noch dann zulässig sein, wenn seit einer auf den Drogenkonsum gestützten strafrichterlichen Entziehung der Fahrerlaubnis viele Jahre vergangen sind und zwischenzeitlich keine Anzeichen für erneuten Konsum vorgelegen haben.    

Für den Betroffenen ergibt sich die unbefriedigende Situation, dass, obwohl er das wegen folgenloser Fahrt unter Rauschmitteleinwirkung gemäß  24a II 1 StVG angeordnete Fahrverbot bereits verbüßt hat,  dennoch die Fahrerlaubnisbehörde aufgrund desselben Sachverhalts, der bereits zuvor Gegenstand des Bußgeld- oder Strafverfahrens war, die Fahrerlaubnis entzieht. Die Führerscheinstelle ist daran nur gehindert, wenn das erkennende Gericht in den Urteilsgründen eine eigenständige Bewertung der Fahreignung vorgenommen und den Wegfall der Ungeeignetheit festgestellt hat. Zu einer solchen, in den Urteilsgründen zum Ausdruck gebrachten Feststellung, wird die Verteidigung das Gericht zu bewegen versuchen, indem in der Hauptverhandlung der Wegfall der Ungeeignetheit unter Beweis gestellt wird. Eine bedeutende Rolle kommt insoweit die Teilnahme an einer Rehabilitationsmaßnahme für drogenauffällige Kraftfahrer zu (Nachschulung) mit der ein Einstellungswandel des Betroffenen erreicht werden kann. Dies liegt allerdings nur bei Drogenkonsumenten mit "weichem" Konsummuster (Cannabinoide, evtl. Amphetamine) und ohne Suchtproblematik im Bereich des Möglichen.     

Konsumenten von harten und sog. weichen Drogen (also auch Cannabinoide) treffen also immer auf so etwas wie eine "zweite Instanz" in Gestalt der Fahrerlaubnisbehörde. Hier müssen sie mit der Anordnung einer MPU rechnen, sofern der Konsum im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht. Aber auch wenn lediglich der widerrechtliche Besitz vorgelegen hat, kann die Führerscheinstelle die MPU anordnen, denn Drogenbesitz gilt als Indiz für Eigenverbrauch. Es ist dann allerdings zunächst durch ein ärztliches Gutachten festzustellen, ob Konsum vorlag.

Geht es um den Konsum von Drogen außerhalb des Straßenverkehrs, ist zwischen der Substanzgruppe der Cannabinoide (Haschisch, Mariuhana) und anderen Rauschmitteln zu unterscheiden. Für die Einnahme der Cannabinoide gilt, dass die Anordnung einer MPU gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot verstößt und damit unzulässig wäre, wenn dem Konsumenten kein regelmäßiger Konsum vorgehalten werden kann. Bei gelegentlichem Cannabiskonsum darf nicht a priori ausgeschlossen werden, dass die Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen noch erfüllt sind. Von einem "regelmäßigem Konsum" ist nach vorherrschender Definition bei täglicher oder gewohnheitsmäßiger Einnahme auszugehen. Dem ertappten "Kiffer" kann daher nur einmal mehr geraten werden, sein Schweigerecht in Anspruch zu nehmen und jegliche Angaben über sein Konsumverhalten zu unterlassen. Dies gilt umso dringender als im Fahrerlaubnisverfahren - anders als im Strafverfahren - Angaben des Betroffenen auch ohne Belehrung über sein Aussageverweigerungsrecht verwertet werden dürfen. 

Wer hingegen außerhalb des Straßenverkehrs als Konsument/Besitzer von Kokain, Opiaten (Morphin, Heroin), Hypnotika/Sedative, Halluzinogene (LSD, Meskalin und Psilocybin) sowie Ampehtamine (Speed) und ihren Derivaten (wie  z.B. Ecstasy) auffällig geworden ist, muss sich fast immer auf die Entziehung seiner Fahrerlaubnis sowie die Neuerteilung unter der Voraussetzung einer positiven MPU einstellen. Die Nichteignung zur Teilnahme am Straßenverkehr wird ebenso unterstellt, wie bei Drogenauffälligkeit mit Straßenverkehrsbezug. Allein der rechtswidrige Umgang mit Drogen gilt als Indiz für die Nichteignung. Es wird angezweifelt, ob das für die Verkehrssicherheit notwendige Trennungsvermögen zwischen Rauschmitteleinnahme und Verkehrsteilnahme gegeben ist.  Die Fahrerlaubnis wird dann regelmäßig für mindestens ein Jahr vorenthalten. Dieser Zeitraum ist durch das nach der Fahrerlaubnisverordnung einzuhaltene Abstinenzjahr vorgegeben. Die Einhaltung des 12-monatigen Zeitraums des Drogenverzichts hat der Betroffene durch, etwa alle sechs Wochen durchzuführende, unangemeldete Drogenscreenings (chemisch-toxikologische Analysen) unter neutraler fachärztlicher Aufsicht nachzuweisen. Das nachgewiesene Abstinenzjahr wird von der Verwaltungsrechtsprechung als Voraussetzung für die Wiederherstellung der Fahreignung angesehen. Diese Abstinenz- Anforderung wird unabhängig von dem Konsummuster und dem Schweregrad der Drogen-Problematik bei dem einzelnen Betroffenen gestellt. Die einschlägigen Verordnungen und Richtlinien kennen keine Abstufung zwischen einmaligen Konsum "harter" BtM-Stoffe über einmalige, gelegentliche bis hin zu Abhängigkeit indizierenden Konsummustern. 

Daneben muss in der MPU-Untersuchung ein tief greifender und stabiler Einstellungswandel festgestellt werden. Ein "Drogensünder" ist daher gut beraten, bereits frühzeitig vor der MPU, das geeignete Drogenscreening in Auftrag zu geben sowie mit einer passenden verkehrstherapeutischen Rehabilitationsmaßnahme zu beginnen. Bei einer BtM-Abhängigkeit  oder einer ausgeprägten früheren Drogenproblematik ist allerdings von höheren Anforderungen an die Länge der Abstinenzphase und die Tiefe der Aufarbeitung (Einsichtsprozess) auszugehen. Insbesondere bei Sucht wird vor dem Abstinenzjahr  zunächst eine abgeschlossene Entwöhnungsbehandlung stehen müssen. Nicht unerwähnt bleiben soll aber auch, dass es bei einer weiter unten anzusiedelnen Drogengefährdung dem Gutachter nicht genommen ist, bereits früher als nach der genannten 12-monatigen Abstinenz, eine positive Prognose im Hinblick auf die Fahreignung des Betroffenen zu treffen.  

Verkehrsanwälte können den Prozess bis zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis unterstützend begleiten.