Vormundschaftsanordnung im Testament

22.08.2017687 Mal gelesen

Junge Eltern von minderjährigen Kindern machen sich regelmäßig keine Gedanken über die Errichtung eines Testaments. Schließlich erscheint der eigene Erbfall im Hinblick auf die allgemeine Lebenserwartung noch in weiter Ferne zu liegen. Hinzu kommt, dass die jungen Eltern häufig über kein nennenswertes Vermögen verfügt, das vererbt werden könnte. Sollten beide Elternteile aber dennoch - z. B. infolge eines Unfalls - plötzlich versterben, stellt sich die Frage, was aus ihren Kindern wird.

1. Vormundschaft für Vollwaisen

Wenn beide Elternteile versterben und ein minderjähriges Kind hinterlassen, bestellt das Familiengericht einen Vormund für dieses Kind. Die Aufgabe des Vormunds besteht darin, das Vermögen des minderjährigen Kindes zu verwalten und seine Erziehung sicherzustellen. Sofern das Vormundschaftsgericht nicht ein Ehepaar bestellt, soll grundsätzlich nur eine Person als Vormund bestellt werden. Die Eltern können auf die Person des vom Vormundschaftsgericht zu bestellenden Vormunds Einfluss nehmen. Ihnen steht das Recht zur Benennung eines Vormunds gemeinsam zu.

An die Benennung ist das Familiengericht grundsätzlich gebunden. Haben die Eltern unterschiedliche Personen bestimmt, so gilt die Benennung durch den letztversterbenden Elternteil. Die Benennung erfolgt ausschließlich durch letztwillige Verfügung, also durch ein Testament.

2. Vergütung des Vormunds

Die Ausübung der Vormundschaft erfolgt grundsätzlich ehrenamtlich und damit unentgeltlich. Eine Vergütung erhält der Vormund nur, sofern er mehr als 10 Vormundschaften führt. Jedem Vormund steht allerdings ein pauschaler Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von ca. EUR 400,00 pro Jahr zu. Verfügen die minderjährigen Kinder - insbesondere aufgrund der Erbschaft - über Vermögen, haben sie eine etwaige Vergütung und den Aufwendungsersatz aus ihrem eigenen Vermögen zu zahlen. Sind die minderjährigen Kinder hingegen nicht vermögend, tritt die Staatskasse für die Kosten ein.

Es bleibt den Eltern unbenommen, dem von ihnen im Testament benannten Vormund ein Vermächtnis zuzuwenden, um seine ehrenamtliche Tätigkeit zu honorieren. Dabei sollten die erbschaftsteuerlichen Freibeträge berücksichtigt werden, die bei familienfremden Dritten bei lediglich EUR 20.000,00 liegen. Ferner sollte das Vermächtnis von der tatsächlichen Übernahme der Vormundschaft abhängig gemacht werden.

3. Vormundschaft für Halbwaisen

Nach dem Ableben nur eines Elternteils steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil allein zu. Kann er sie dauerhaft nicht ausüben, z. B. weil er im Koma liegt, "ruht" die elterliche Sorge und das Vormundschaftsgericht bestellt einen Vormund. Ein Benennungsrecht der Eltern, wie im Falle des Ablebens beider Elternteile, sieht das Gesetz für diesen Fall nicht vor.

Das Vormundschaftsgericht muss bei der Auswahl des Vormunds allerdings den mutmaßlichen Willen der Eltern berücksichtigen, der sich natürlich auch aus einem Testament entnehmen lässt.

4. Fazit

Selbst wenn junge Eltern über kein nennenswertes Vermögen verfügen, sollten sie ein Testament errichten, um zumindest die Person zu benennen, der sie im Falle ihres Ablebens die elterliche Sorge für ihre minderjährigen Kinder anvertrauen wollen.

 

Siegrid Lustig
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht
Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover