VW-Abgasskandal: Arglist des VW-Konzerns ist erheblicher Abwägungsfaktor

VW-Abgasskandal: Arglist des VW-Konzerns ist erheblicher Abwägungsfaktor
22.03.2017246 Mal gelesen
Mit einem Urteil (Aktenzeichen: 2 O 317/16) vom 02.03.2017 reiht sich das Landgericht Köln in die für Autobesitzer positive Rechtsprechung der letzten Monate ein.

Düsseldorf, 21.03.2017-

Mit einem Urteil (Aktenzeichen: 2 O 317/16) vom 02.03.2017 reiht sich das Landgericht Köln in die für Autobesitzer positive Rechtsprechung der letzten Monate ein. Die Richter der zweiten Zivilkammer gaben der Besitzerin eines Skandal-Wagens Recht und verurteilten einen Autohändler dazu, den vollen Kaufpreis abzüglich der Gebrauchsvorteile gegen Übergabe und Übereignung des Wagens zurückzuerstatten. Ein wichtiges Zeichen für alle betroffenen Verbraucher.

 

Sachverhalt

Die Klägerin kaufte am 15.01.2015 von dem Beklagten, einem gewerblichen Autohändler, einen gebrauchten VW Passat 2.0 TDI mit einer Laufleistung von 26.400 Km zu einem Preis von 21.900 €. In dem als "Rechnung" betitelten Kaufvertrag war dieser als "Limousine/Euro-5" bezeichnet und sollte folglich die europäischen Emissionsgrenzwerte einhalten. In dem Wagen war jedoch ein Motor des Typs EA 189 verbaut, dessen Software zur Motorsteuerung zwei verschiedene Modi besitzt. Reduziert wurde der Stickstoffausstoß nur auf dem Prüfstand, nicht aber auf der Straße. Nach Aufdeckung des Abgasskandals forderte die Klägerin den Händler dann auf, ein mangelfreies Fahrzeug zu liefern und das mangelhafte Fahrzeug zurückzunehmen. Nachdem dies abgelehnt wurde und lediglich ein Verweis auf den Hersteller Volkswagen erfolgte, erklärte die Klägerin ihren Rücktritt vom Kaufvertrag und setzte eine Frist für die Rückabwicklung des Vertrages bis zum 08.02.2016. Schließlich zog sie mit ihren Forderungen vor Gericht.

 

Fehlprogrammierung der Motorsteuerung gilt als Sachmangel

In seiner Entscheidung stellte sich das Landgericht Köln deutlich auf die Seite der Verbraucher und gab der Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages - unter Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung - statt.

Das Gericht stellte eine, in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeugs liegende, erhebliche Pflichtverletzung des Händlers i .S. d. § 323 V 2 BGB fest. Ein Sachmangel habe allein schon dadurch vorgelegen, dass der Passat die vertraglich vereinbarte Einhaltung der Euro-5-Abgasnorm nicht erfüllte. Dass dieser Mangel erheblich sei, ergebe sich insbesondere aus der systematischen Täuschung der Kunden durch den VW-Konzern. Das Gericht sprach dabei von einer "Arglist der Herstellerin". Auch beim Kauf von einem freien Händler spielte nach der Ansicht der Richter die Arglist des Konzerns eine Rolle, da der Händler nicht in der Lage gewesen sei, den Software-Fehler eigenständig zu beheben. Bei einer Interessenabwägung sei außerdem nicht lediglich auf die (vergleichsweise geringen) Kosten des möglichen Software-Updates in Relation zum Kaufpreis abzustellen, wie von der Beklagten und VW behauptet. Des Weiteren habe die Klägerin nach Jahren des Betrugs keinen Grund gehabt der VW-AG bezüglich des Software-Updates zu vertrauen, zumal die Langzeitfolgen des Updates bislang nicht bekannt seien und zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ein solches Update überhaupt nicht verfügbar war.

 

Aussichten für weitere Betroffene

Die verbraucherfreundliche Tendenz der Gerichte hält an. Zwar lässt sich aus dem Urteil kein allgemeiner Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages ableiten. Es erhöhen sich jedoch mit jedem Urteil zugunsten eines Autobesitzers die Chancen, dass auch weitere Verbraucher ein Verfahren für sich entscheiden können. In dem Falle, dass auch ihr Pkw von dem Abgasskandal betroffen ist, ist es ratsam sich die Meinung eines fachkundigen Rechtsanwalts einzuholen.

Gerne beraten wir Sie einzelfallbezogen, ob Ihnen durchsetzbare Ansprüche gegen Ihren Händler oder den VW-Konzern zustehen könnten.

 

Die Kanzlei Baum ? Reiter & Collegen

Baum ? Reiter & Collegen nehmen eine Spitzenposition bei den bundesweit tätigen Kanzleien im Kapitalanlegerschutz ein. Seit vier Jahren wird die Kanzlei als Experte für Bank- und Kapitalmarktrecht durch das vom Handelsblatt ausgeschriebene Ranking gelistet. Daneben ist die Kanzlei auf die Geltendmachung der Rechte der Betroffenen von Massenschadensfällen spezialisiert und vertritt im VW-Abgasskandal eine Vielzahl von Aktionären und Autofahrern. Prof. Dr. Julius Reiter tritt regelmäßig als Sachverständiger im Bundestag auf. Gerhart Baum war früher Bundesinnenminister.


Weitere Informationen finden Sie unter https://baum-reiter.de/schadenersatz-vw-aktionaere