Umlage der Heizungs- und Warmwasserkosten bei Leerstand

Miete und Wohnungseigentum
20.02.20155477 Mal gelesen
BGH, Urteil vom 10.12.2014 - VIII ZR 9/14

Grundsätze der Kostenverteilung

Bei zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen sind die Kosten nach der Heizkostenverordnung (HeizkostenV) mindestens zu 50% und höchstens zu 70% nach dem erfassten Wärme- bzw. Warmwasserverbrauch zu verteilen, die übrigen Kosten nach der Wohn- oder Nutzfläche. In diesem Rahmen legt der Vermieter den Verteilungsschlüssel nach billigem Ermessen fest.

Unbillige Benachteiligung des Mieters bei hohem Leerstand

In den auf die Mieter umzulegenden Kosten sind neben den Kosten für den Brennstoffverbrauch auch die sog. Nebenkosten enthalten (z.B. für Betriebsstrom, Überwachung, Pflege, Reinigung der Anlage, Prüfung der Wärmezähler, Verbrauchserfassung). Auch diese Fixkosten werden zu 50 bis 70% verbrauchsabhängig verteilt und im Übrigen nach der Wohn- oder Nutzfläche.

Für leerstehende Wohnungen fällt nun aber kein oder kaum Verbrauch an und somit keine oder kaum verbrauchsabhängige Kosten. Der Verbrauch fällt bei den noch im Haus wohnenden Mietern an. Diese tragen daher über ihren Verbrauchsanteil einen entsprechend höheren Anteil an den Fixkosten als dies der Fall wäre, wenn kein Leerstand bestehen würde. Je höher nun der (vom Vermieter festgelegte) Prozentsatz der verbrauchsabhängig umzulegenden Kosten ist, desto höher ist zwangsläufig der von den verbliebenen Mietern zu tragende Kostenanteil an den Fixkosten. Dies kann zu einer unangemessenen Kostenbelastung führen.

Beispiel:                                                                                   

Die Fixkosten betragen 1.000 €.

Bei einem Verbrauchsanteil von 70% entfallen von den Fixkosten 700,00 € auf die noch im Objekt wohnenden Mieter, bei einem Verbrauchsanteil von 50% nur 500,00 €. Der von jedem einzelnen Mieter über seinen Verbrauch finanzierte Fixkostenanteil ist nun aber umso höher, je weniger Verbrauch in den anderen Wohnungen anfällt, was jedenfalls bei größerem Leerstand zu einer unangemessenen Kostenbelastung der Mieter führen kann.

BGH: Es bleibt dem Grundsatz der verbrauchsabhängigen Abrechnung!

Auch bei hohen Leerständen ist grundsätzlich die von der HeizkostenV vorgegebenen verbrauchsabhängige Abrechnung (mindestens 50% und höchstens 70% nach Verbrauch - s.o.) festzuhalten.

Aber: Im Einzelfall Anspruch des Mieters auf Absenkung des verbrauchsabhängig zu verteilenden Teils der Kosten auf 50%:

Der Vermieter kann im Einzelfall aus dem Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen des Mieters verpflichtet sein, dem Verlangen des Mieters auf eine Vertragsänderung dahingehend zuzustimmen, den nach den Verbrauch zu berechnenden Teil der Kosten zukünftig auf das gesetzliche Mindestmaß von 50% abzusenken, um die Fixkosten bei Leerständen angemessen zu verteilen. Wann konkret er dazu verpflichtet ist, hat der BGH allerdings offengelassen. Aus dem Leitsatz der Entscheidung, in dem von "hohen Wohnungsleerständen" die Rede ist, könnte abzuleiten sein, dass ein Großteil der Wohnungen leerstehen muss. Ob dies richtig ist und/oder ob es auf die Höhe der Kostenmehrbelastung des Mieters ankommt, bleibt einer Klärung durch Instanzgerichte vorbehalten.

Beispielsrechnung:

Das Mehrfamilienhaus hat eine Wohnfläche von 400 qm. Die Wohnung des Mieters M hat 50 qm Wohnfläche. Die restlichen Wohnungen stehen leer. In ihnen ist kein Verbrauch angefallen. Die Heizkosten betragen 1.500 €.

Bei 70% Verbrauchsanteil ergibt sich für den M folgende Abrechnung:

Flächenanteil 30%: 1.500 € x 30 % = 500 € : 400 qm x 50 qm = 62,50 €

Verbrauchsanteil 70%: 1.500 € x 70 % = 1.000 €

Gesamtbetrag: 1.062,50 €

Bei 50% Verbrauchsanteil ergibt sich für den M folgende Abrechnung:

Flächenanteil 50%: 1.500 € x 30 % = 750 € : 400 qm x 50 qm = 93,75 €

Verbrauchsanteil 50%: 1.500 € x 50 % = 750 €

Gesamtbetrag: 843,75 €

Ausnahmsweise: Anspruchsbegrenzung

Im Einzelfall kann - so der BGH - die Kostenverteilung auch bei Zugrundelegung des nach der HeizkostenV für den Mieter günstigsten Verteilungsmaßstabs (50% nach Verbrauch, 50% nach Fläche) zu unbilligen Ergebnissen führen. Dann kommt eine weitergehende Anspruchsbegrenzung in Betracht. Voraussetzung ist aber, dass sonst ein untragbares, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbares Ergebnis, sprich eine unzumutbare Belastung des Mieters, droht. Konkrete Kriterien dafür, wann eine solche vorliegt, hat der BGH nicht benannt, sondern der Klärung durch die Instanzgerichte überlassen, wobei er abschließend darauf hinweist, dass eine absolute Verteilungsgerechtigkeit bei der Umlage von Betriebskosten vom Gesetz nicht gefordert wird.