Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei Bagatelldelikt (€ 6,06) wirksam

Arbeit Betrieb
01.02.20111110 Mal gelesen
Trotz Emmely: Arbeitsgerichte urteilen, dass die Kündigung bei einem Bagatelldelikt in Höhe von Euro 6,06 wirksam ist, wenn die kriminelle Energie entsprechend hoch war. Das gilt selbst dann, wenn nur der dringende Verdacht des Straftat besteht.

Und wieder Kündigung wegen Bagatelldelikten (Vermögensdelikte)

Arbeitsgericht Berlin, 28.09.2010, 1 Ca 5421/10

Bei diesem Urteil geht es um die außerordentliche Verdachtskündigung eines Kassierers. Der Diebstahl oder Betrug selbst musste nicht nachgewiesen werden, es reicht der dringende Tatverdacht. Es gibt den Kündigungsgrund "Verdachtskündigung".

Das Gericht urteilte, dass eine außerordentliche Verdachtskündigung bereits bei einer Schadenhöhe von € 6,06 wirksam ist, wenn der dringende Verdacht gegen einen Kassierer besteht, dass dieser manuell Pfandbons erstellt und den Gegenwert an sich genommen hat, ohne dass dem ein tatsächlicher Kassiervorgang gegenübergestanden hätte. Auch bei einer 17 jährigen beanstandungsfreien Betriebszugehörigkeit ist die Kündigung wirksam.

Zwar habe das BAG in seiner "Emmely"-Entscheidung (BAG 10.6.2010, 2 AZR 541/09) im Fall der Einlösung von Pfandbons im Wert von insgesamt 1,30 € durch eine Kassiererin eine darauf gestützte fristlose Kündigung für unwirksam erklärt mit dem Argument, dass das durch die dreißigjährige beanstandungsfreie Betriebszugehörigkeit der Kassiererin erworbene Vertrauen durch einen in vielerlei Hinsicht atypischen und einmaligen Kündigungssachverhalt nicht vollständig zerstört worden sei. Der vorliegende Fall liege jedoch anders.

Hier richtete sich der Verdacht gegen den Kläger auf einen gezielten Manipulationsvorwurf. Denn erst durch das manuelle Erstellen eines Pfandbons hatte dieser in der Kasse einen Minussaldo erzeugt und dadurch die Möglichkeit geschaffen, den Gegenwert an sich zu nehmen. Hierin kommt eine sehr hohe kriminelle Energie zum Ausdruck und spreche deshalb entscheidend gegen den Kläger.

Im so genannten "Emmely"-Fall nutzte die Kassiererin dagegen lediglich die Gunst der Stunde und habe sich hinreißen lassen, den Betrag an sich zu nehmen.

Hinweis: Wichtig für AG ist die Erkenntnis, dass nun nach der "Emmely" - Entscheidung des BAG nicht alle Kündigungen wegen geringfügiger Vermögensdelikte (Bagatelldelikte) unwirksam sind sondern diese Entscheidung womöglich nur  die Ausnahme war. Auch wichtig ist, dass nicht nur erwiesene Vertragsverletzungen, also nachgewiesene Vermögensdelikte einen Kündigungsgrund liefern sondern auch die Verdachtskündigung möglich ist.

Bevor allerdings eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden kann ist zwingend die Anhörung des AN erforderlich. Ohne eine vorherige Anhörung des AN ist die Verdachtskündigung unwirksam.

Später soll noch ein Urteil veröffentlicht werden, bei dem ein AN den AG um € 166,- betrogen hat; in der weiteren Entscheidung war die Kündigung unwirksam.