Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofes: Soziale Netzwerke und Hosting-Provider können nicht zum Einsatz globaler Filtersysteme verpflichtet werden (C 360/10)

Internet, IT und Telekommunikation
16.02.2012505 Mal gelesen
Mit einer Grundsatzentscheidung hat der europäische Gerichtshof heute (16. Februar 2012 C 360/10) festgestellt, dass es einem sozialen Netzwerk, welches als Hosting-Provider zu werten sei, nicht zugemutet werden kann, sämtliche gespeicherten Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen mithilfe eines technischen Filtersystems zu durchsuchen.

Eine solche Pflicht missachte das Gleichgewicht zwischen dem Urheberrecht der Künstler und der unternehmerischen Freiheit der Hostinganbieter. "Das Urteil dürfte auch Usenetbetreibern und One-Click-Hostern wie z.B. Rapidshare neuen Aufwind geben", erklärt Rechtsanwalt Christian Solmecke aus der Medienrechtskanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE in Köln. "Bislang haben einige Gerichte in Deutschland (so z.B. das OLG Köln) die Meinung vertreten, dass solche globalen Filtersysteme selbst dann eingeführt werden müssten, wenn dadurch das Geschäftsmodell eines Hosting-Anbieters gefährdet würde. Diese Urteile dürften nun nicht mehr haltbar sein."

Hintergrund des Urteils ist ein Rechtsstreit zwischen der belgischen Verwertungsgesellschaft SABAM und dem sozialen Netzwerken Netlog. Die Verwertungsgesellschaft vertrat die Auffassung, der Netzwerkbetreiber müsse sämtliche Musikstücke, die auf seiner Plattform hochgeladen werden, durchsuchen und auf Urheberrechtsverletzungen überprüfen. Im Endeffekt wäre dies auf ein präventives Filtersystem hinausgelaufen, mit dem ein Großteil der Daten des Providers hätte durchsucht werden müssen. "Bei seiner Entscheidung hat der europäische Gerichtshof auch das geltende Datenschutzrecht ins Kalkül gezogen. Er erläuterte, dass es sich bei den Profildaten der einzelnen Nutzer um so genannte personenbezogene Daten handele, die keinesfalls präventiv überwacht werden dürften", macht Rechtsanwalt Solmecke deutlich. "Im Endeffekt werden auch große Plattformen wie YouTube oder Facebook erheblich von der Entscheidung profitieren, da auf diese Weise mehr Rechtssicherheit in Sachen Haftung für nutzergenerierte Inhalte (user generated content) geschaffen worden ist."