Eine Änderungskündigung ist wegen Verstoß gegen das Mindestlohngesetz unwirksam

Arbeit Betrieb
21.12.2015330 Mal gelesen
Im Arbeitsrecht gibt es viele Unstimmigkeiten zulasten der Arbeitnehmer -- eine davon ist die Änderungskündigung. Diese beendet ein bestehendes Arbeitsverhältnis, um zu geänderten Konditionen ein neues Arbeitsangebot zu unterbreiten - meist natürlich zugunsten der Arbeitgeber!

Im Rahmen seines sogenannten Direktionsrechts kann der Arbeitgeber Änderungen der Arbeitsbedingungen wie die Festlegung von Arbeitszeiten grundsätzlich vornehmen. In dem von uns vertretenen Fall bedurfte es bei der fest vereinbarten neuen Arbeitszeit einer speziellen Kündigung - der Änderungskündigung. Diese dient dazu, das bisherige Arbeitsverhältnis zu beenden und dem Arbeitnehmer gleichzeitig ein neues Arbeitsangebot mit den veränderten Bedingungen zu machen.


In unserem Rechtsstreit ging es dem beklagten Arbeitgeber darum, die ursprünglich zugesagte feste Arbeitszeit von 44 Stunden auf 28 Stunden zu reduzieren. Zur Arbeitsplatzsicherung hatte unsere Mandantin die Änderungskündigung mit den neuen Bedingungen unter Vorbehalt angenommen. Hierbei ist eine fristgerechte Erhebung der Änderungskündigungsschutzklage entscheidend für den Status des Arbeitsverhältnisses. 


Schlussendlich haben wir hier durch unsere Argumentation, dass eine Arbeitszeitreduzierung nicht notwendig sei, Recht behalten. Die Kammer hat die Unwirksamkeit der Änderungskündigung festgestellt und die Kosten des Verfahrens der Beklagten auferlegt. Vor dem Hintergrund, dass die Änderungskündigung unter Zugrundelegung des neuen Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns ("MiLoG") erfolgte hat das Verfahren eine besondere Bedeutung.


Dem Gerichtsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: 

Der Arbeitsvertrag unserer Mandantin mit ihrem Arbeitgeber, einem Spezialversandhändler, wurde 2012 auf Basis eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses mit einer monatlichen Arbeitszeit von 44 Stunden und bedarfsgerechter saisonaler Schwankung geschlossen. Vereinbart war, dass die geleisteten Stunden auf ein Jahresarbeitszeitkonto fließen sollten, damit der Arbeitgeber jederzeit bestimmen konnte, wann unsere Mandantin ihre Arbeit zu erbringen hat.

Diese Vereinbarung hatte zur Folge, dass aufgrund von saisonalen Schwankungen in Spitzenzeiten bis zu 100 Stunden in einem Monat zusammen kamen. Ein Zeitausgleich erfolgte dann im Sommer, wo die Arbeit zum Teil über mehrere Monate ruhen sollte, womit sich Minusstunden auf dem Jahresarbeitszeitkonto sammelten.


Das seit Januar gültige Mindestlohngesetz enthält die Regelung, dass die auf das Jahresarbeitszeitkonto eingestellten Stunden monatlich nicht 50 Prozent der vereinbarten Arbeitszeit übersteigen dürfen. Dies veranlasste den Arbeitgeber unserer Mandantin dazu, eine Reduzierung der ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit durch die Änderungskündigung herbeizuführen. Aufgrund des Widerspruchs des Betriebsrates wurde unserer Mandantin aus betrieblichen Gründen gekündigt und gleichzeitig ein neuer Vertrag mit einer Arbeitszeit von monatlich 28 Stunden angeboten. Nach unserer Auffassung, der sich das Arbeitsgericht letztendlich angeschlossen hat, war die erfolgte Kündigung sozial ungerechtfertigt. 


Die Urteilsbegründung enthielt unter anderem folgende Gründe: 

Die Prüfung einer Änderungskündigung erfolgt mit den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Eine Kündigung ist danach sozial gerechtfertigt, wenn die Änderung im Rahmen nachvollziehbarer Gründe wie zum Beispiel dringender betrieblicher Erfordernisse erfolgt und der Arbeitnehmer die Änderung hinnehmen muss. Das Beschäftigungsbedürfnis zu den bis dahin vorliegenden Bedingungen müsste aber demzufolge entfallen sein. Die Prüfung erfolgt nach § 313 BGB, wonach eine gravierende Änderung hinsichtlich gemeinsamer Vorstellungen unserer Mandantin und dem beklagten Arbeitgeber bei Vertragsschluss eingetreten sein müsste, wovon nach unserer Ansicht aber nicht ausgegangen werden konnte. Eine Bewertung erfolgt nach der bestehenden Risikoverteilung nach ständiger Rechtsprechung. Dies sah auch das Arbeitsgericht so und konnte eine schwerwiegende Veränderung der Umstände nicht erkennen, womit auch der Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB nicht gegeben war. Die Kammer sah den Arbeitgeber in der Verpflichtung dafür zu sorgen, dass unsere Mandantin die vertraglich vereinbarten Stunden beschäftigt werden könne. An dieser Sichtweise ändere auch das MiLoG - Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns nichts. Lediglich der vorher sehr weite Spielraum, unsere Mandantin im Sommer mehrere Monate gar nicht zu beschäftigen, wurde etwas verkleinert, zumal dies im Einflussbereich des Arbeitgebers liegt. 

Zudem blieb offen, warum im Sommer keine Beschäftigung möglich sein sollte. Denn das neue Angebot sah ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit wöchentlichen Arbeitszeiten von 12-15 Stunden, die Bezahlung von etwaigen Überstunden vor und stand damit im Widerspruch zu den Äußerungen des Arbeitgebers, der vor allem in den Sommermonaten keinen erhöhten Arbeitsbedarf sah und dennoch einen erhöhten Arbeitszeitanteil als wahrscheinlich hielt.


Erfahrungsgemäß werden sich im Rahmen des neuen Gesetzes zur Regelung des Mindestlohns solche Fälle häufen und Arbeitgeber zur Ausweitung ihrer Flexibilität beim Direktionsrecht versuchen, etwaige Risiken durch Änderungskündigungen auf Mitarbeiter abwälzen. 


Betroffenen Arbeitnehmern raten wir dringend dazu, eine Änderungskündigung nicht bereitwillig zu unterzeichnen, sondern unbedingt und mit Blick auf die dreiwöchige Kündigungsschutzklagefrist eine fachliche Prüfung durch erfahrene und vor Arbeitsgerichten erfolgreich tätige, kompetente Anwälte für Arbeitsrecht aus unserer Kanzlei vornehmen zu lassen. Wir setzen Ihr gutes Recht effizient und kostengünstig um und die Erstberatung ist für Sie kostenlos. 


Die Kanzlei Mingers & Kreuzer ist telefonisch für Sie unter 02461/8081 erreichbar oder nutzen Sie unser Kontaktformular auf www.mingers-kreuzer.de, auf der Sie auch weitere interessante Informationen rund um das Arbeitsrecht finden. Erfahrene Fachanwälte helfen Ihnen rund um das Arbeitsrecht weiter.