Das neue Punktesystem

Reise und Verbraucherschutz
09.02.20121241 Mal gelesen
Details, wie das neue Punktesystem aussehen könnten, sind inzwischen bekannt geworden. Viele Detailfragen sind allerdings noch ungeklärt.

Dass das gegenwärtige Punktesystem zu kompliziert und unübersichtlich geworden ist, darüber sind sich alle einig, die tagtäglich damit zu tun haben. Ständig Änderungen und Ergänzungen haben die entsprechende Regelung in § 29 StVG auf eine epische Länge anwachsen lassen, die selbst von Mitarbeitern der Führerscheinbehörden oder Rechtsanwälten nicht immer verstanden wird.

Hinzu kommt, dass nach Ansicht vieler die Maßnahmen des Punktesystems wie Verwarnung, Aufbaukurs und Entziehung der Fahrerlaubnis oft viel zu spät greifen, weil die Führerscheinbehörden erst spät nach einem Vergehen tätig werden können. So kann bspw. ein Autofahrer in kürzester Zeit über 20 Punkte ansammeln. Wenn die Führerscheinbehörde keine Gelegenheit hatte, ihn bei Erreichen von 8 Punkten zu verwarnen, muss der Punktestand auf 13 Punkte zurückgestellt werden - obwohl der Autofahrer durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er eigentlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist und ihm deshalb die Fahrerlaubnis zu entziehen wäre.

Ein weiteres Ziel der Reform neben der Vereinfachung des Punktesystems ist also auch die Erhöhung der Effektivität durch schnelleres Einwirken auf den Autofahrer. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Rückfallquote bei sogenannten Punktetätern weitaus größer ist, als bei Autofahrern, die mit Alkohol oder Drogen im Straßenverkehr auffällig geworden sind.

Die somit zwingend notwendige Reform des Punktesystems hat der Bundesverkehrsminister bereits im April des vergangenen Jahres angekündigt. Eine Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung eines Entwurfs wurde eingesetzt, in der unter anderem auch die Berliner Führerscheinbehörde als Deutschlands größte Führerscheinbehörde beteiligt ist. Nun liegt dem Bundesverkehrsministerium offenbar ein tragfähiger Entwurf vor und die Reform nimmt Konturen an. Der Entwurf orientiert sich offensichtlich an Regelungen, wie sie in einigen skandinavischen Ländern schon gelten.

Während bisher je nach Verstoß 1 bis 7 Punkte in das Register eingetragen wurden, soll nunmehr zwischen groben und schwerwiegenden Verstößen unterschieden werden, die dann mit nur 1 bzw. 2 Punkten zu Buche schlagen. Damit wird aber auch die Punktegrenze, bei deren Erreichen die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, von 18 auf 8 Punkte herabgesetzt.

Bisher gab es bei Erereichen von 8 Punkten eine Verwarnung und bei Erreichen von 14 Punkten die Aufforderung, an einem Aufbauseminar teilzunehmen. 

Angedacht ist nun eine Ermahnung bei Erreichen von 4 Punkten und eine Verwarnung bei Erreichen von 6 Punkten. Im Gespräch ist aber auch eine Ermahnung nach dem ersten oder zweiten Eintrag und die Notwendigkeit eines Aufbaukurses nach dem dritten oder vierten Eintrag. Die Möglichkeit einer Punktetilgung durch die freiwillige Teilnahme an einem Aufbaukurs oder einer verkehrspsychologischen Beratung soll es möglicherweise nicht mehr geben. Nach Auskunft eines Mitglieds der Arbeitsgruppe ist hier aber das letzte Wort noch nicht gesprochen

Der wesentliche und entscheidende Punkt der Reform ist aber eine komplette Neuregelung der Tilgungsbestimmungen. Jeder Eintrag soll künftig einer eigenen Tilgungsfrist unterliegen und zwar unabhängig von weiteren Einträgen.

Einträge wegen grober Verstöße (die mit jeweils 1 Punkt geahndet werden) sollen nach zwei Jahren und solche wegen schwerwiegender Verstöße (die mit jeweils 2 Punkten geahndet werden) nach 3 Jahren getilgt werden. Damit entfällt eine Verlängerung der Tilgungsfristen durch neue Verstöße, die während der Tilgungsfristen begangen werden und erst im weiteren Verlauf (oft auch erst nach Ablauf der Tilgungsfrist in der sogenannten Überliegefrist) eingetragen werden. Gerade dieses Ansammeln von Punkten auf der einen Seite und die gleichwohl wegen des Ablaufs der absoluten Tilgungsfristen vorzunehmenden Tilgungen machten das System so kompliziert.

Vorgesehen ist auch, die Strafen für Verkehrsgefährdungen deutlich zu erhöhen. Andererseits soll es für geringfügige Verstöße wie z. B. das Befahren einer Umweltzone ohne Umweltplakette künftig keine Punkte mehr geben. Dies wiederum wird eine völlige Überarbeitung des Bußgeldkataloges mit sich bringen. In diesem Zusammenhang wird auch angedacht, die Grenze für in das Punkteregister einzutragende Verstöße von derzeit 40 € auf 60 oder 80 € anzuheben.

Auch wenn viele im ersten Moment befürchten, die Zahl der Führerscheinentziehungen werde drastisch zunehmen, weil die Punktehöchstgrenze auf 8 Punkte herabgesetzt wird, so ist damit nicht wirklich zu rechnen. Zum einen werden pro Verstoß mitunter deutlich weniger Punkte in das Register eingetragen (z. B. statt 7 Punkte bei Trunkenheit im Straßenverkehr nur 2 Punkte), so dass die neue Punktegrenze nicht so schnell erreicht wird. Zudem wird es weniger zu einer Anhäufung von Punkten kommen, weil jeder Eintrag einer eigenen Tilgungsfrist unterliegt und Eintragungen somit schneller wieder gelöscht werden.

Mit einem Inkrafttreten des neuen Punktesystems rechnen aber selbst Mitglieder der Arbeitsgruppe nicht vor 2014 - denn 2013 ist Bundestagswahl.