BGH Berechtigtes Interesse zur Wohnraumkündigung auch bei Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Vermieters durch “nahestehende” juristische Person

Miete und Wohnungseigentum
09.05.2012474 Mal gelesen
Ein zur Kündigung eines Wohnraummietvertrages berechtigendes Interesse kann auch vgegeben sein, wenn der Vermieter die Mietsache zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Vermieters durch eine “nahestehende” jur. Person benötigt. Dies hat der BGH in einer Entscheidung vom 09.05.2012 klar gestellt.

Dem Vermieter von Wohnraum steht ein berechtigtes Interesse an der Kündigung des Mietverhältnisses gem. § 573 Abs. 1 BGB auch dann zu, wenn er die Mietsache nicht selbst benötigt, sondern eine ihm "nahestehende" juristische Person sie zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Vermieters benötigt.

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Entscheidung vom 09.05.2012 - Az.: VIII ZR 238/11 - entschieden.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Evangelische Kirchenkreis Düsseldorf, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, war Vermieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus.
Das Mietverhältnis wurde vermieterseits mit der Begründung gekündigt, dass das gesamte Anwesen, einschließlich der vom Beklagten genutzten Wohnung, für die Unterbringung der von der Diakonie Düsseldorf e.V. betriebenen Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe-, und Lebensfragen benötigt wurde.

Der Mieter bestritt die Wirksamkeit der Kündigung, da kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 Abs. 1 BGB vorliege.
Der Vermieter könne sich nicht auf den Nutzungsbedarf der Diakonie berufen, da diese im Verhältnis zum Vermieter eine rechtlich selbständige juristische Person sei.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshof sah dies als Revisionsinstanz anders und verurteilte den Mieter zur Räumung.

Der Senat stellte in seiner Entscheidung darauf ab, dass die Kündigung des Mietverhältnisses nicht nur der Verwirklichung fremder Interessen, sondern auch der Durchsetzung eigener Interessen des Klägers diene. Denn die Diakonie Düsseldorf e.V. erfülle für die Düsseldorfer Kirchengemeinden diakonische Aufgaben, unter anderem durch die Unterhaltung von Beratungsstellen. Es handele sich daher bei ihr um eine dem Vermieter "nahestehende" juristische Person, deren Tätigkeit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch des klagenden Vermieters diene.

Ein eigenes berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses habe daher vorgelegen und die Kündigung war wirksam.

Beraterhinweis:

Der Vermieter von Wohnraum darf ein laufendes Mietverhältnis nicht nach Lust und Laune kündigen, sondern muss nach § 573 Abs. 1 BGB ein berechtigtes Interesse daran vorweisen. Klassisches Beispiel für ein solches Interesse ist der Eigennutzungswunsch, also Eigenbedarf. Ein berechtigtes Interesse kann aber auch vorliegen, wenn die Mietsache für einen Dritten benötigt wird, wie die Entscheidung des BGH schön darstellt.