Autounfall? Vorsicht bei größeren Sachschäden / Schmerzensgeld-Anmeldungen über SCHADEN-HOTLINES der Haftpflichtversicherung!

Autounfall Verkehrsunfall
05.02.20091687 Mal gelesen

Nur kleinere Schäden (bis cirka 1.500,- ?) sind relativ risikolos über eine Schaden-Hotline der Versicherung zu regulieren. Bei Anmeldung größerer Sachschäden ist aber Vorsicht geboten. Wohl kaum eine Versicherungsbranche hat nämlich derart viele Einsparmöglichkeiten wie die der Autohaftpflichtversicherer.

Bei schuldlosem Unfall bieten die Versicherer am Telefon per ?Schaden-Hotline? schnelle und unkomplizierte Hilfe an. Alles klingt ja ?so einfach?:

Schon in den nächsten Tagen soll der Geschädigte einen Scheck oder eine Überweisung zum Schadensersatz bekommen! Bei der Anmeldung größerer Sachschäden (1.500,- ? bis 20.000,- ? und höher) kommt es jedoch erfahrungsgemäß immer wieder zu ?Komplikationen? in der Schadenzahlung. Leistungskürzungen durch den Versicherer sind ohne Einschaltung eines Anwaltes hier an der Tagesordnung und der Geschädigte hat dann finanziell ? oft von diesem unbemerkt ? das Nachsehen!

Die Ausübung des ?aktiven Schadenmanagements? durch die Haftpflichtversicherer beeinflusst nämlich u.a. Autovermieter, Kfz-Sachverständige und Reparaturwerkstätten, indem der jeweilige Haftpflichtversicherer gleichzeitig an ihre Kunden herantritt, um durch ausgebildete Schadenmanager diese zu einem für den Haftpflichtversicherer günstigeren Verhalten zu drängen.

Vom haftpflichtigen Versicherer werden die potenziellen Kunden, also die geschädigten Anspruchsteller i.S.d. § 3 PflVG, kurze Zeit nach dem Schadenereignis angesprochen, was typischerweise über die Schaden-Hotline geschieht. Durch speziell ausgebildete Schadensmanager werden die Geschädigten zu einem Verhalten bewegt, welches sich möglichst kostengünstig für den Versicherer auswirkt. Im Falle dessen, dass der Geschädigte einen Sachverständigen, eine Kfz-Werkstatt oder einen Autovermieter beauftragen möchte, so ist es zum Beispiel die Aufgabe des Schadensmanagers,

  1. dem Geschädigten genau vor Augen zu führen, dass es zu Schwierigkeiten bezüglich der Regulierung führen könne, wenn dieser nicht die vom Versicherer benannten Anbieter wähle
  2. und abzuwenden, dass der Geschädigte sich Rechtsbeistand einholt. Dies gilt es deswegen abzuwehren, weil der Rechtsanwalt neben der Entstehung seiner Gebühren den Geschädigten auch darauf aufmerksam macht, welche etwaigen Ansprüche dem Geschädigten noch zustehen
  3. und darüber hinaus einen Anbieter vorzuschlagen, der sich in seinen Konditionen und Preisen im Wege des Naturalersatzes mit denen des eintrittspflichtigen Versicherers deckt.

Mit dem eingeführten ?aktivem Schadensmanagement? der Haftpflichtversicherer soll dem Geschädigten eindringlich klargemacht werden, dass er sich lieber den Vorgaben des Versicherers beugen solle, da es ansonsten zu erheblichen Unannehmlichkeiten kommen könnte. Lässt sich dieser nicht auf den vom Versicherer gewählten Weg ein, wird er bestraft, indem seine Leistungen gekürzt werden oder er ansonsten den umständlichen gerichtlichen Weg wählen muss.

Die Versicherungen wollen immer als erster Ansprechpartner von dem Unfall erfahren, um den Schaden auf die billigste Weise, also möglichst ohne Gutachter und Rechtsanwälte, regulieren zu können.
Auf diese Weise können die Versicherungen nun schon mit der Beauftragung des Abschleppunternehmens /Mietwagenunternehmens ihren Einfluss geltend machen.
Doch wer sich darauf einlässt, zahlt dann leider oft drauf. Ab ca. 1.000,- ? Schaden ist man nämlich berechtigt, einen eigenen Gutachter zu beauftragen. Die Kosten hierfür muss der Unfallverursacher / Gegner tragen. Ein eigenes, unabhängiges Gutachten spart aber Ihr Geld, denn ?Schadenschnelldienste? der Versicherungen spielen den Schaden oft herunter. Gutachter haben schließlich einen Ermessensspielraum bei deren Entscheidungen.

Ganz im ernst:
Welcher Mensch, der noch einigermaßen bei Verstand ist, würde in anderen Lebensbereichen den eigenen Schaden vom Verursacher schätzen lassen und dies kritiklos hinnehmen?? Nicht anders ist es aber hier, wenn die gegnerische Haftpflichtversicherung Versprechungen macht. Diese steht aber ja ?im Lager des Verursachers? und nimmt auch dessen Interessen wahr ? sie ist schließlich seine Haftpflichtversicherung. Eine Partei möchte Geld haben - die andere Partei möchte es so nicht hergeben. Das sind natürlicherweise gegensätzliche Interessenlagen...

Verbringungskosten, Nutzungsausfall, UPE-Aufschläge sowie die Wertminderung werden meist gar nicht berücksichtigt. Auch besteht Gefahr, das Versicherungen ungerechtfertigt sogenannte Totalschäden (statt Reparaturschaden) konstruieren, was den Geschädigten dann tausende EURO kosten kann, wenn man sich blind auf diese Bewertungen der gegnerischen Versicherung /deren Gutachter verlässt! Und am Ende fehlen dann aber meist schnell 500,- ? bis 2.000,- ? Schadensersatz. Nun ist es praktisch zu spät. Diese noch offenen Rest-Schadenspositionen lassen sich auch per Anwalt kaum noch oder nur noch unter unverhältnismäßig hohem Kosten- und Zeitaufwand der Haftpflichtversicherung entlocken. Diese zahlt ohne Druckausübung einfach nicht mehr und reagiert oft verärgert, wenn Sie erst jetzt einen Anwalt einschalten...

Aus langjähriger Kanzlei-Erfahrung kann aber gesagt werden:
Die Einschaltung eines Anwalts lohnt sich bei eigenem geringsten Kostenrisiko in jedem Fall, denn die Schadenspositionen, die der Anwalt ?noch herausholt? übersteigen oft bei weitem dessen Honorar und dieses wird vom Gegner in vorgenannten Fällen ohnehin ersetzt.

  • ·Bei Personenschäden bestehen oft Ansprüche auf eine Haushaltshilfe und Auslagenpauschalen
  • ·Selbständige können Einkommensausfall und Studenten/ Azubis u. U. einen beruflichen Fortkommensschaden geltend machen
  • Angestellte haben im Verletzungsfall oft Anspruch auf Verdienstausfallschaden
  • Fahrgeld für Arztbesuche oder Krankenbesuche beim verletzten Angehörigen sind zu ersetzen
  • Vorsicht bei körperlichen Verletzungen /Schmerzensgeld und "Abfindungsangeboten" der Versicherung: es droht Verjährung für Zukunftsschäden!
  • Mit eigener Rechtsschutzversicherung lohnt sich der Gang zum Anwalt sogar bei angeblich schuldhaftem Unfall (der oft vom Gegner einfach behauptet wird), da der Anwalt oft eine Mitschuld des Gegners ermitteln kann
  • Eine Schadenhochstufung bei der eigenen Haftpflichtversicherung lässt sich oft noch vermeiden

Der Autor RA Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030 ? 886 81 505.