Auch rücksichtslose Radfahrer können Punkte in Flensburg sammeln

Auch rücksichtslose Radfahrer können Punkte in Flensburg sammeln
11.04.2012861 Mal gelesen
Mit seiner Kritik am „rüpelhaften Radfahrer“ hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer eine heftige Debatte losgetreten. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) wehrt sich heftig gegen diese Sichtweise und weist Forderung nach schärferer Kontrolle als unnötig zurück. Ein Blick auf die Rechtslage

Tatsächlich hat schon im Jahr 2009 eine Studie des Auto Club Europa (ACE) den Eindruck des Ministers vom leichtfertigen Umgang vieler Radler mit Straßenverkehrsregeln bestätigt. Die bundesweite Verkehrsbeobachtung mit mehr als 320.000 Fahrzeugen hatte damals ergeben, dass es um die Verkehrsmoral von Radfahrern vor allem an Stopp-Schildern und an roten Ampeln nicht gut bestellt ist. Dabei sind gerade solche Regelverstöße eine große Bußgeldfalle für den Radfahrer.

Der Rad fahrende Teil der Bevölkerung scheint häufig vergessen zu haben, dass auch Radfahrer Punkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei sammeln können. Es gibt zahlreiche Verkehrsvergehen, die auch den Radler mindestens 40 Euro kosten. Dies ist beim Bußgeldsatz die Grenze, ab der es einen Punkteeintrag  in der Verkehrssünderkartei gibt. Für Verkehrsverstöße von Radfahrern, die nicht ausdrücklich im Bußgeldkatalog genannt sind, wird der halbe Bußgeldsatz verhängt. So können Führerscheinbesitzer auch als Radfahrer Punkte in Flensburg anhäufen und ihren Führerschein verlieren.

Beispielsweise riskiert ein Radfahrer, der eine Ampel überfährt, die länger als eine Sekunde auf Rot stand, ein Bußgeld von 100 Euro, die Hälfte des für Autofahrer geltenden Regelsatzes. Allerdings darf der Radfahrer für diese Zuwiderhandlung nicht wie ein Kraftfahrzeugführer vier Punkte in Flensburg erhalten. Denn es handelt sich um einen Verstoß, der nach der gesetzlichen Auflistung aller punktebewährten Verstöße (Anlage 13 zu § 40 der Fahrerlaubnis-Verordnung) ausdrücklich nur bei Kraftfahrzeugführern mit vier Punkten ins Gewicht fällt. In solchen Fällen, in denen ein Punkteeintrag von mehr als einem Punkt ausdrücklich auf Kraftfahrzeugführer beschränkt ist, erhalten Radler immer nur einen Punkt.

Auch Radfahrern empfehle ich deshalb, ihren Bußgeldbescheid genau zu überprüfen. Es kommt vor, dass die Bußgeldstellen diese Unterschiede zur Ahndung von Verstößen motorisierter Verkehrsteilnehmer übersehen. Aber es kann auch für Fahrradfahrer Dicke kommen. Wer mit dem Drahtesel aber beispielsweise an einem Fußgängerüberweg das Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht hat, bekommt die volle Punkzahlt von vier aufgedrückt. Die hohe Bepunktung ist in einem solchen Fall nicht auf Kraftfahrzeugführer beschränkt. Am teuersten wird es, wenn man mit dem Rad trotz geschlossener Schranke einen Bahnübergang überquert. Dann muss der Fahrer neben vier Punkten sogar 350 Euro Buße in Kauf nehmen.

Besondere Vorsicht gilt für Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe, die mit dem Rad unterwegs sind. Jeder geahndete Verkehrsverstoß, der per Pedal begangen wurde und zu einem Punkt in Flensburg führt, gilt als A-Verstoß. Und damit kann die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet werden (VGH Baden-Württemberg Mannheim, Az.: 10 S 1669/07). Hier genügt schon eine fehlende Rücksichtsnahme auf schwache Verkehrsteilnehmer, die für Radler 40 € kostet. Wenn die erfolgreiche Teilnahme am Seminar nicht belegt werden kann, ist der Führerschein weg. Ähnlich ergeht es Verkehrsteilnehmern, die bereits durch andere Verstöße zahlreiche Punkte angesammelt haben. Wird die Grenze von 18 Punkten überschritten, muss der Betroffene den Führerschein abgeben und außerdem eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) vorlegen. Zuvor muss allerdings eine Verwarnung erfolgen und die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet werden.

Fazit: Bereits auf der Grundlage der bestehenden Regelungen kann es für Inhaber eines Führerscheins wegen mit dem Fahrrad begangener Verkehrsverstöße heikel werden. Jeder Verstoß, ab einem Bußgeld von 40 € wird ohne wenn und aber in Flensburg eingetragen. Punkte wegen Ordnungswidrigkeiten (außer mit Alkohol- oder Drogen) werden nach zwei Jahren gestrichen, wenn der Betroffene in dieser Zeit nicht erneut auffällig geworden ist. Straftaten bleiben sogar fünf Jahre registriert, bei Alkoholdelikten mindestens zehn Jahre. Das Punktesystem bewirkt, dass schärfere Kontrollen von Radfahrern, wie vom Bundesverkehrsminister gefordert, vor allem für die Führerscheininhaber unter den Radlern zur Belastung werden können.

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Der Verfasser, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Demuth, ist bundesweit auf die Verteidigung von Menschen bei Vorwürfen im Straßenverkehr spezialisiert. Weitere Infos: www.cd-recht.de