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Erbrecht - beeinträchtigende Schenkungen

 Normen 

§ 2287 BGB

 Information 

Sofern der Erblasser sich durch einen Erbvertrag, ein Gemeinschaftliches oder Berliner Testament gebunden hat, kann der Vertragserbe gemäß § 2287 BGB, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.

Voraussetzung ist, dass der Erblasser mit der Schenkung in der Absicht gehandelt hat, den Vertragserben zu beeinträchtigen.

Bei der Prüfung der Voraussetzungen muss zwischen dem Vorliegen einer Schenkung einerseits und der Absicht des Erblassers, den Vertragserben zu beeinträchtigen, andererseits unterschieden werden. Ein in einem Grundstücksübertragungsvertrag vorbehaltener Nießbrauch sowie eine übernommene Pflegeverpflichtung sind bereits bei der Prüfung, ob eine (gemischte) Schenkung vorliegt, zu berücksichtigen (BGH 28.09.2016 - IV ZR 513/15).

Keine Beeinträchtigung liegt vor, wenn der Erblasser mit der Schenkung ein lebzeitiges Eigeninteresse verfolgt hat:

"Ein lebzeitiges Eigeninteresse ist anzunehmen, wenn nach dem Urteil eines objektiven Beobachters die Verfügung in Anbetracht der gegebenen Umstände auch unter Berücksichtigung der erbvertraglichen Bindung als billigenswert und gerechtfertigt erscheint" (BGH 26.10.2011 - IV ZR 72/11).

In dem obigen Urteil hat der BGH als lebzeitges Eigeninteresse anerkannt:

  • wenn es dem Erblasser im Alter um seine Versorgung und gegebenenfalls auch Pflege geht

  • wenn der Erblasser in der Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung handelt, er etwa mit dem Geschenk einer Person, die ihm in besonderem Maße geholfen hat, seinen Dank abstatten will

Beweispflichtig für die Schenkung ohne rechtfertigendes lebzeitiges Eigeninteresse ist der Vertrags- bzw. Schlusserbe.

Feststellung einer Beeinträchtigung zu Lebzeiten des Erblassers:

Feststellungs- oder Auskunftsklagen, mit denen der Erbanwärter bereits zu Lebzeiten des Erblassers die Höhe der Schenkung bzw. seines Rückforderungsanspruchs feststellen möchte, sind nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Koblenz und München unzulässig. Auch die Sicherung des Anspruchs durch die Einleitung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung wird von der Rechtsprechung abgelehnt, es sei denn, es besteht eine schuldrechtlich wirkende Verfügungsunterlassungsverpflichtung.

Es bleibt festzuhalten, dass rechtliche Schritte gegen grundsätzlich den Nachlass schmälernde Verfügungen vor dem Erbfall nicht Erfolg versprechend sind.

Weiterschenkung des Beschenkten:

Der Vertragserbe oder der bindend eingesetzte Schlusserbe kann gemäß § 2287 i.V.m. § 822 BGB auch vom Zweitbeschenkten Herausgabe des Geschenks verlangen (BGH 20.11.2013 - IV ZR 54/13).

 Siehe auch 

Berliner Testament

Erbschaftskauf

Erbvertrag

Gemeinschaftliches Testament

Pflichtteil

Schenkung von Todes wegen

Stiftung von Todes wegen

Testament

Vermächtnis

Gottwald: Beeinträchtigende Schenkungen: So setzen Sie den Anspruch des Vertragserben gegen den Beschenkten erfolgreich um; Erbrecht effektiv - EE 2017, 63 - 67

Horn: Ansprüche des beeinträchtigten Vertragsereben - Durchsetzung und Abwehr; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2019, 1123

Reimann/Bengel/Dietz: Testament und Erbvertrag; 7. Auflage 2019