Wertpapierprospektrecht – Erleichterungen für den Mittelstand

Aktien Fonds Anlegerschutz
13.12.2013259 Mal gelesen
Mit der Änderungsrichtlinie 2010/73/EG ist der erhebliche bürokratische Aufwand für mittelständische Emittenten gemindert worden.

Erhöhung der Schwellenwerte für Ausnahmen von der Prospektpflicht

Ein Prospekt war bislang nicht erforderlich, wenn sich das Angebot in jedem einzelnen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nur an 100 nicht qualifizierte Anleger richtete. Im Zuge der Änderung der Prospektrichtlinie wird der Schwellenwert von 100 auf 150 nicht qualifizierte Anleger erhöht. Ein Prospekt ist zudem nicht erforderlich, sofern es eine Mindeststückelung oder einen Mindestkaufpreis ab 100.000 € vorsieht oder der Verkaufspreis für alle angebotenen Wertpapiere im Europäischen Wirtschaftsraum weniger als 100.000 € berechnet auf einen Zeitraum von zwölf Monaten beträgt.

Schließlich erfolgt eine weitgehende Flexibilisierung für Mitarbeiterprogramme, sodass auch nicht-notierte Aktien, Aktien verbundener Unternehmen oder Aktien von Unternehmen außerhalb der EU den Mitarbeitern ohne Erstellung eines Prospekts angeboten werden können.

Prospektzusammenfassung

Die Zusammenfassung des Prospektes soll dem Anleger einen Überblick über die Investitionsmöglichkeiten geben, um zu entscheiden, ob die Anlage grundsätzlich in Betracht kommt und der Prospekt weiter gelesen werden soll. Bislang sollte sich die Länge hierbei auf 2500 bis max. 5000 Worte beschränken. Mit der neuen Richtlinie soll die Zusammenfassung nun höchstens 7% des Gesamtprospektes (einschließlich der Finanzinformationen, einbezogener Dokumente und der Zusammenfassung selbst) ausmachen oder maximal 15 Seiten umfassen.

Die Zusammenfassung soll nach den neuen Anforderungen kurz, einfach, klar und leicht verständlich sein, weshalb sie die so genannten "Schlüsselinformationen" enthalten muss, die den Anleger über Art und Risiken des Emittenten und der Wertpapiere informieren. Die Schlüsselinformationen sind all jene Informationen, die ein Anleger benötigt, um zu entscheiden, ob er einem Investment weiter nachgehen möchte. So sind z.B. die Risiken, die auf das Wertpapier zutreffen, Einzelheiten zur Zulassung zum Handel und die Verwendung des Erlöses in einer bestimmten vorgegebenen Reihenfolge und in einem bestimmten Format aufzuführen. Der Anleger soll sich so nicht mehr bei jedem Produkt mit einer anderen Darstellung oder mit einer anderen Gliederung auseinander setzen müssen, sondern Gleichartiges gegenüberstellen können.

Reduzierung der Angabepflichten

Das Prospektrecht sieht Erleichterungen für KMU(kleine und mittlere Unternehmen) und Small Caps(Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung), vor. KMU sind Gesellschaften, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen:

  • weniger als 250 Arbeitnehmer,
  • eine Bilanzsumme von bis zu 43 Mill. € und
  • einen Umsatz von bis zu 50 Mill. €,

jeweils gemessen auf Konzernebene, sofern der Emittent konzernabschlusspflichtig ist.

Small Caps sind Unternehmen, die am 31. Dezember der vergangenen drei Jahre eine Marktkapitalisierung von weniger als 100 Mill. € aufweisen.

 

Die Erleichterungen sehen vor, dass Abschlüsse für die letzten zwei Geschäftsjahre dem Prospekt nicht beigefügt werden müssen. Ausreichend ist bereits die Erklärung, dass geprüfte historische Finanzinformationen für die letzten zwei Geschäftsjahre erstellt wurden und die Angabe, wo diese erhältlich sind, wobei jedoch der Bestätigungsvermerk beizufügen ist. Allerdings müssen zumindest ausgewählte Finanzinformationen über den Emittenten präsentiert werden, die einen Überblick über dessen Finanzlage geben. Zudem entfällt die Pflicht Zwischenabschlüsse in die Prospekte aufzunehmen.

Höherer Aufwand für Emittenten mit Basisprospekten

Emittenten, die wiederholt Schuldtitel begeben (z.B. Banken, aber auch größere Unternehmen), nutzen oftmals die Möglichkeit, emittentenbezogene (sowie allgemeine wertpapierbezogene) Angaben in einem Basisprospekt zu veröffentlichen, während die nähere Beschreibung der Wertpapiere den sog. "Endgültigen Angebotsbedingungen" als eigenständiges Dokument vorbehalten bleibt. Letztere bedürfen keiner Billigung durch die Behörde, was zu einer signifikanten Zeitersparnis führte. Vor diesem Hintergrund nimmt die ESMA hinsichtlich des Inhalts der Endgültigen Bedingungen eine restriktive Haltung ein. Emittenten müssen mit der neuen Richtlinie nun einen Basisprospekt mit einem "vollständigen" Überblick erstellen, während die endgültigen Bedingungen nur noch Versatzstücke an Informationen zum spezifischen Produkt enthalten dürfen. Es werden mit der neuen Richtlinie Form und Inhalt der Endgültigen Bedingungen detailliert festgeschrieben. Es ist auch keine maßgebliche Ergänzung des Prospektes durch die Endgültigen Bedingungen mehr erlaubt und es ist unzulässig Angaben aus dem Basisprospekt zu wiederholen. Den Endgültigen Bedingungen müssen zudem ein eigener Einleitungstext sowie eine eigene Zusammenfassung angeschlossen sein. Diese Regelungen haben zu einer tendenziell geringeren Flexibilität als bisher geführt.

Nachtragsänderungen

Falls ein Nachtrag zu einem Prospekt, dass sich auf ein öffentliches Angebot von Wertpapieren bezieht, veröffentlicht wird, soll dem Anleger für zwei Tage ein Widerrufsrecht zustehen. Eine Aktualisierung oder Korrektur eines Prospektes ist im Wege eines Nachtrags möglich. Das früher verpflichtende "jährliche Dokument" ist ersatzlos abgeschafft worden, was aufgrund des zusätzlichen Aufwands ohne Mehrwert für Investoren zu begrüßen ist.

Prospektgültigkeit und Prospektübermittlung

Der Prospekt kann 12 Monate nach Billigung lang verwendet werden. Neben der Papierversion des Prospektes ist auch eine elektronische Übermittlung und Veröffentlichung verpflichtend.