Wussow - Informationen zum Versicherungs- und Haftpflichtrecht (Bsp. eines Beitrags aus dem Bereich BU-Vers.)

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
23.05.2011549 Mal gelesen
Verhältnis zwischen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und Hauptversicherung (Lebensversicherung) Unwirksamkeit einer Klausel betreffend anerkannter oder festgestellter Ansprüche aus der Zusatzversicherung bei Rückkauf oder Umwandlung der Hauptversicherung (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB)

Der BGH hat sich in einer Entscheidung vom 16.06.2010 (AZ IV ZR 226/07) mit  folgender Klausel in Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (B-BUZ) im Hinblick auf eine entgegen dem Grundsatz von Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB beschäftigt:

 

"Anerkannte oder festgestellte Ansprüche aus der Zusatzversicherung werden durch Rückkauf oder Umwandlung der Hauptversicherung in eine beitragsfreie Versicherung mit herabgesetzter Versicherungsleistung nicht berührt."

 

Der Senat stellt zunächst fest, der VN werde diese Regelung als Einschränkung des Leistungsversprechens verstehen. § 1 (3) der Bedingungen entnehme der durchschnittliche VN, daß die Leistungspflicht des Versicherers nur bei einem Wegfall bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit, bei Tod des Versicherten oder bei Ablauf des Versicherungsvertrages, also bei Erreichen des im Versicherungsschein aufgeführten Versicherungsendes, erlischt, wenn in der besagten Klausel davon die Rede ist, daß im Falle des Rückkaufs der Hauptversicherung "anerkannte oder festgestellte Ansprüche aus der Zusatzversicherung" nicht berührt werden, dränge sich dem VN im Umkehrschluß auf, daß sonstige, also infolge des Leistungsversprechens eigentlich begründete, jedoch vor Vertragsbeendigung noch nicht vom Versicherer anerkannte oder gerichtlich oder durch Vergleich festgestellte Ansprüche "berührt" werden, mithin nicht mehr fortbestehen sollen.

 

Ob die besagte Klausel oder wortgleichen Klauseln enthaltene Leistungsbeschränkung hinreichend transparent ist (vgl. dazu OLG Karlsruhe, VersR 2006, 1348; r s 2007, 255), läßt der BGH dahinstehen, da er jedenfalls zum Ergebnis gelangt, daß die Klausel den VN entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB (vgl. dazu Ternow, r s 2008, 361) benachteilige. Grundsätzlich gilt, daß die Beendigung des Versicherungsverhältnisses, auch wenn sie infolge einer Kündigung der Hauptversicherung eintritt, die Leistungspflicht aus einem schon zuvor in der Zusatzversicherung eingetretenen Versicherungsfall nicht beendet (OLG Saarbrücken, VersR 2007, 780; OLG Karlsruhe, VersR 1995, 1341; Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 9 BUZ, Rdnr. 9; Rixecker in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, §  46, Rdnr. 90; Bruck/Möller, VVG, 8. Aufl., VI, Anm. D 16; Ternow, aaO; Veith-Gräfe, Der Versicherungsprozeß, 2005, § 8, Rdnr. 137 f.). Soweit die vorliegende Klausel demgegenüber eine Einschränkung des Leistungsversprechens herbeiführt, benachteilige sie den VN unangemessen. Das gelte schon mit Blick auf die Reichweite der Beschränkung. Sie greift ohne Ausnahme ein, gleichviel ob der Versicherungsfall schon lange oder unmittelbar vor der Beendigung der Zusatzversicherung eingetreten ist, sie greift selbst dann ein, wenn der Versicherungsfall schon vor der Beendigung angezeigt worden ist, und auch dann, wenn sich die Vertragsparteien bereits um den Eintritt des Versicherungsfalles streiten und die Beendigung der Zusatzversicherung in dieser Zeit etwa durch die Kündigung der Hauptversicherung durch einen Dritten (Zessionar) herbeigeführt worden ist. Das widerspreche evident dem Interesse des VN, für die in versicherter Zeit geleisteten Prämien bei Eintritt des Versicherungsfalles die versprochenen Versicherungsleistungen zu erhalten, insbesondere wenn selbst der eingeschränkte Fortbestand von Ansprüchen noch von Umständen abhängt, die er alleine nicht beeinflussen kann.