Mietrechtliche Prozesse vor dem Amtsgericht - Warum zum Anwalt

Miete und Wohnungseigentum
19.02.2012852 Mal gelesen
Bei amtsgerichtlichen Verfahren besteht kein Zwang sich von einem Anwalt vertreten zu lassen. Warum man trotzdem zum Anwalt sollte zeigt nachfolgendes Beispiel:

Vor kurzem konnte ich mal wieder erleben, warum man als Vermieter/Mieter nicht gut beraten ist, sich selber vor dem Amtsgericht zu vertreten. Gemäß § 29a ZPO sind alle Mietrechtsstreitigkeiten zwingend den Amtsgerichten zugewiesen. Anwaltszwang herrscht jedoch nur bei den Landgerichten (§ 78 ZPO). Demgemäß kann sich jeder auch selber vor dem Amtsgericht vertreten.

Was - zumindest als juristischer Laie -  nicht immer ratsam ist.

In dem von mir geführten Verfahren vertrat sich der Vermieter selber, es ging um die Rückzahlung der Kaution. Der Vermieter machte eine Vielzahl von angeblichen Beschädigungen geltend, welche nach der Übergabe festgestellt wurden,  ohne diese genauer zu benennen oder entsprechende Nachweise dafür anzubieten. Auf den Einwand der fehlenden "Substantiierung" (juristisch für "Nachweis" oder "Beweis")  meinerseits erfolgten lediglich empörte Ausführungen des Vermieters, dass ich ihn der Lüge bezichtigen würde, weitere Angaben erfolgten jedoch in den Schriftsätzen nicht.

Es kam wie es kommen musste, im Termin zur mündlichen Verhandlung teilte auch der Richter dem Vermieter mit, dass seine Einwendungen nicht relevant da nicht kokret genug wären, so dass dieser antragsgemäß verurteilt wurde.  Ob die Einwendungen tatsächlich zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, kann ich nicht sagen. Sollte der Vermieter jedoch für eine Berufung einen Anwalt aufsuchen - da im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Anwaltszwang herrscht - hat dieser unabhängig von der Begründetheit der Einwendungen - schlechte Karten:

Die Berufungsinstanz ist nämlich keine echte 2. Tatsacheninstanz, vielmehr wird gemäß § 529 ZPO nur geprüft, ob die vom Gericht erster Instanz festgestellten Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Neue Tatsachen können daher nur vorgebracht werden, wenn deren Berücksichtigung zulässig ist. Diese sogenannte "Präklusion" hat zur Folge, dass nur die Tatsachen in 2. Instanz vorgebracht werden dürfen, wenn Sie unverschuldet nicht in 1 Instanzb  vorgebracht werden konnten.

Da in dem obigen Fall der Vermieter seine Einwendungen hätte konkretisieren können, denn er wurde ja von mir darauf hingewiesen, ist ein entsprechendes Vorbringen in der 2 Instanz unzulässig. Der Vermieter könnte also noch so gute Beweise für seine Behauptungen vorlegen, er würde damit nicht gehört werden.   Die Berufungsinstanz hat sich der Vermieter daher selber "versaut". Ein Anwalt kann die in erster Instanz erfolgten Fehler  nur selten wieder gut machen.

Da es in Gerichtsverfahren oft auf juristische Feinheiten ankommt, ist man daher gut beraten auch vor dem Amtsgericht anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn oft lassen sich diese Fehler in der nächsten Instanz  nur schwer ausbügeln.