Lebens- und Rentenversicherungen: Urteil des BGH erleichtert Versicherungsnehmern den Widerruf von Altverträgen

Lebens- und Rentenversicherungen: Urteil des BGH erleichtert Versicherungsnehmern den Widerruf von Altverträgen
11.06.2014265 Mal gelesen
Die Kündigung einer Renten- oder Lebensversicherung kann für Versicherungsnehmer enttäuschend enden, wenn der zurückgezahlte Rückkaufswert geringer als erhofft ist. Eine Entscheidung des BGH kann Betroffenen den Weg für eine Alternative ebnen.

Nicht jede Kündigung einer Lebens- oder Rentenversicherung führt zu dem vom Versicherungsnehmer erhofften Ergebnis: Statt des erwartete Betrags wird ein Rückkaufswert berechnet und ausgezahlt. Doch nicht jeder Betroffene wollte sich dem Ergebnis der Kündigung abfinden und es wurden Versicherungsverträge widerrufen. Da dies zu Streitigkeiten mit dem Versicherungsunternehmen führte, mussten sich Gerichte mit gekündigten und widerrufenen Lebens- und Rentenversicherungsverträgen auseinandersetzen.

 

Auch der Bundesgerichtshof und der Gerichtshof der Europäischen Union musste sich mit dem Widerruf von Versicherungsverträgen befassen. Beide Gerichte hatte zu entscheiden, ob es rechtmäßig ist, dass zwischen 1994 und 2007 abgeschlossene Lebens- und Rentenversicherungen nur ein Jahr lang widerrufen werden können, auch wenn die Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht hingewiesen wurden. Ein Kläger hatte 1998 eine Rentenversicherung abgeschlossen, die er im Jahr 2007 kündigte. Ihm wurde der Rückkaufswert der Versicherung ausgezahlt. Der Kläger widersprach daraufhin dem ursprünglichen Vertragsschluss und forderte mehr Geld von der Versicherung. Da in § 5a Versicherungsvertragsgesetz (alte Fassung bis 2007) jedoch geregelt war, dass ein Renten- oder Lebensversicherungsvertrag nach Bezahlen der ersten Prämie nur binnen eines Jahres widerrufen werden kann, musste gerichtlich geklärt werden, ob diese Regelung wirksam ist.

 

Die Ausschlussregel des § 5a Versicherungsvertragsgesetz bewerteten sowohl der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) als auch der Bundesgerichtshof als mit europarechtlichen Vorgaben nicht vereinbar. Der Bundesgerichtshof entschied daraufhin, dass einem Versicherungsvertrag auch noch Jahre nach dem Abschluss wirksam widersprochen werden kann (Urteil vom 07.05.2014, Aktenzeichen: IV ZR 76/11). Als Konsequenz ist die Möglichkeit eines Widerspruchs nicht auf das erste Jahr nach der ersten Prämienzahlung beschränkt. Hat der Versicherungsnehmer dem ursprünglichen Vertragsschluss erfolgreich widersprochen, wird der Renten- oder Lebensversicherungsvertrag so behandelt, als wäre er nie abgeschlossen worden. Für den Kläger im BGH-Fall bedeutete dies, dass er mehr als den bereits ausgezahlten Rückkaufswert des bereits gekündigten Rentenversicherungsvertrags verlangen kann.

 

Kann nun jeder unzufriedene Versicherungsnehmer dem Abschluss einer Renten- oder Lebensversichersicherung widersprechen und erfolgreich mehr Geld fordern? Wie sich anhand des - kurz umrissenen - Urteils zeigt, beeinflussen verschiedene Faktoren, ob ein Verbraucher einen Versicherungsvertrag auch noch Jahre nach dem Vertragsabschluss widerrufen kann. Es kommt beispielsweise darauf an, ob die Widerspruchsbelehrung in Ordnung war. Denn nur wenn diese nicht ordnungsgemäß war, kann auch noch nach Jahren der Widerspruch erfolgreich erklärt werden. Da jedoch die einzelnen Versicherungsverträge je nach Unternehmen und auch Abschlussjahr unterschiedlich ausgestaltet sein können, kann nicht pauschal gesagt werden, dass nun jeder Renten- und Lebensversicherungsvertrag widerrufbar ist. Es kommt auch auf den konkreten Text der Widerspruchsbelehrung an. Daher sind auch zukünftig die individuellen Umstände des Einzelfalls von Bedeutung. Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat aber ein grundlegendes Hindernis beseitigt - insbesondere für Lebensversicherungen, Rentenversicherungen und Zusatzversicherungen zu Lebensversicherungen, die zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen wurden.

 

Mehr Informationen zum Urteil des Bundesgerichtshofs befinden hier sich auf der Homepage der Kanzlei Dr. Stoll & Kollegen.

 

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