Die Auslegung von Risikoausschlussklauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns; BGH: Risikoausschlussklauseln sind eng auszulegen

Wirtschaft und Gewerbe
11.08.20091675 Mal gelesen

Sachverhalt: Dem Versicherungsnehmer (VN), einem Schmuckhersteller, wurde im Dezember 2005 während einer Verkaufsreise auf der Antilleninsel Sant Maarten eine Tasche mit 156 Schmuckstücken gestohlen. Er nimmt den Versicherer (VR) aus einer Transport-, Reise- und Warenlagerversicherung dafür in Anspruch.

Der VR beruft sich auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger, jedenfalls aber leicht fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls nach § 61 VVG a.F. i.V.m. Nr. 7.1. der AVB. Nr. 7.1 AVB lautet: 
"Allgemeine Pflichten. 
Der VN hat bei allen Handlungen die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns des Edelstein-, Schmuck- und Uhrengewerbes wahrzunehmen."  

Entscheidungsgründe: Im Ergebnis hatte der VN Erfolg. Er hatte den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt. Zur der Frage, ob nicht § 61 VVG a.F. durch Vereinbarung der Nr. 7.1 AVB zum Nachteil des VN abgeändert worden ist, hat der BGH ausgeführt, § 61 VVG a.F. könne zwar grundsätzlich durch Vereinbarung zum Nachteil des VN abgeändert werden. Die Auslegung der Nr. 7.1 AVB ergebe jedoch, dass der Risikoausschluss des § 61 VVG a.F. nicht auf die Herbeiführung des VersFalles durch einfache Fahrlässigkeit i.S. eines Verstoßes gegen die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erweitert worden war.

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BGH: Bei Risikoausschlussklauseln hat der VN in der Regel das Interesse, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche VN braucht nicht damit zu rechnen, Lücken im Versicherungsschutz zu haben, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. 

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Anmerkung: Die vom BGH zu § 61 VVG a.F. aufgestellten Grundsätze lassen sich grundsätzlich auch auf den seit dem 1.1.2009 für Altverträge (bzw. seit dem 1.1.2008 für Neuverträge) geltenden § 81 VVG n.F. übertragen. Auch § 81 VVG 2008 lässt sich durch Vereinbarung zum Nachteil des VN abändern, wie sich aus § 87 VVG 2008 ergibt.

Der BGH präzisiert und verschärft einmal mehr seine Anforderungen an AVB und deren Auslegung. Nicht nur gewerbliche VN sollten spätestens im Schadensfall ihre (Alt-) Verträge darauf prüfen lassen, ob die Risikoausschlussklauseln tatsächlich wirksam vereinbart worden sind.

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