BGH zum sog. Schwarzfahren

Strafrecht und Justizvollzug
13.02.20092204 Mal gelesen

Mit seiner Entscheidung vom 08.01.2009 - 4 StR 117/08 - hat der BGH die in der Rechtsprechung herrschenden Ansicht zum Begriff ?Erschleichen einer Beförderungsleistung? ausdrücklich bestätigt. Danach wird eine Beförderungsleistung bereits dann im Sinne des § 265a Abs.1 StGB erschlichen, ?wenn der Täter ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betriebes erforderlichen Voraussetzungen?.

Das Oberlandesgericht Naumburg hat dem Senat diese Frage zur Entscheidung vorgelegt, nachdem zuvor das Amtsgericht den Angeklagten wegen des Vorwurfs des Erschleichens geringwertiger Leistungen in mehreren Fällen freigesprochen hatte. Dabei hat das Amtsgericht die Auffassung vertreten, dass ?ein unauffälliges oder unbefangenes Benutzen eines öffentlichen Verkehrsmittels ohne Entgelt? nicht ausreiche, um den Tatbestand des Erschleichens im Sinne des § 265a Abs.1 StGB [sog. ?Schwarzfahren?] zu erfüllen. Das OLG Naumburg beabsichtigte, die seitens der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision als unbegründet zu verwerfen, weil es - wie vorher schon das AG - mit der herrschenden Literaturmeinung davon ausging, dass Erschleichen in diesem Sinne voraussetze, dass ein täuschungsähnlichesoder manipulatives Verhalten des Täters vorliegen müsse. Eine bloße Entgegennahme der Beförderungsleistung ohne gültigen Fahrausweis solle demnach nicht genügen.


Einer solchen Entscheidung standen aber diverse gegenteilige Entscheidungen mehrerer Oberlandesgerichte entgegen, so dass die Frage dem BGH vorgelegt wurde. Diese Vorlagefrage hat der 4. Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsprechung entschieden. Dabei führt er unter anderem aus, dass schon der Wortlaut der Norm ?das Ausschalten vorhandener Sicherungsvorkehrungen oder regelmäßiger Kontrollen? nicht voraussetze. Einen täuschungsähnlichen Charakter habe der Begriff ?Erschleichen? allenfalls in der Hinsicht, dass die erstrebte Leistung - also die Beförderung - durch unauffälliges Verhalten erlangt werde. Im Übrigen betont der Senat in seinen Ausführungen, dass dieser Eindruck ordnungsgemäßen Verhaltens nicht zwingend gegenüber dem Beförderungsunternehmen oder seinen Angestellten erweckt werden muss. Es sei vielmehr ausreichend, dass ?sich der Täter lediglich allgemein mit einem entsprechenden Anschein umgibt?.

Daneben verweist der BGH in seiner Begründung auch auf die Entscheidungen des BverfG aus den Jahren 1998 und 1999, in welchen klargestellt wird, dass eine weite Auslegung des Merkmals ?Erschleichen? aufgrund seiner Auffangfunktion mit der Verfassung im Einklang stehe. Es sei daher nicht zu beanstanden, ?unter dem Erschleichen einer Beförderung jedes der Ordnung widersprechende Verhalten zu verstehen?, das den Schein der Ordnungsmäßigkeit erwecke und durch das der Täter die begehrte Leistung erlange.
Schließlich sieht der Senat auch den Gesetzgeber auf seiner Seite, da die Norm trotz diverser Reformvorhaben und der wiederholten Kritik seitens einiger Literaturmeinungen nicht geändert wurde.

Quelle: BGH vom 08.01.2009, Az.: 4 StR 117/08

 

Anmerkung: das Fahren ohne gültigen Fahrausweis ist eine Straftat nach § 265a Abs.1 StGB, welche mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden kann. Das gerade unter Jugendlichen beliebte ?Schwarzfahren? ist kein Kavaliersdelikt!


Ruth Bindner
Rechtsanwältin