BGH verschärft Strafdrohung gegen Ärzte

Gesundheit Arzthaftung
28.10.20071510 Mal gelesen

Ärztinnen und Ärzte müssen künftig, um im Schadensfall einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung bzw. vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu entgehen einerseits genauer und umfassender über Operationen und ihr Vorgehen aufklären, andererseits müssen sie strenger auf die Einhaltung ärztlicher Standards (lege artis Behandlung) achten. Dem liegt eine Entscheidung des 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes zugrunde.

Der BGH hat im Juli 2007 eine Entscheidung des Landgerichts Halle aufgehoben, weil der Schönheitschirurg nur wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden war und nicht wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge. Der BGH hat damit die Anforderungen an die Einwilligung eines Patienten in den Eingriff deutlich erhöht. In dem Strafverfahren ging es um den Tod eines türkischen Patienten, der während einer Fettabsaugung bei einem Schönheitschirurgen in Halle verstorben war. In der Verhandlung vor dem Landgericht hatte sich herausgestellt, dass die Betäubung nicht von einem zweiten Arzt oder einer ausgebildeten Krankenschwester, sondern nur von einem Studenten überwacht worden war, so dass ein kontinuierliches Patientenmonitoring nicht gewähleistet war. Außerdem hatte der Arzt eine fehlerhafte Narkosemethode gewählt. Damit, so der BGH, war die Einwilligung unwirksam, da sich bei Fehlen einer weitergehenden Aufklärung, die Einwilligung stets nur auf eine lege artis, d.h. nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft durchgeführte Heilbehandlung beziehe.Im Falle des Fehlens einer (hypothetischen) Einwilligung stellt sich der operative Eingriff des Angeklagten jedoch als tatbestandsmäßige und rechtswidrige Körperverletzung dar.

Die Entscheidung verbessert die Situation von nebenklagenden Patienten und Angehörigen einerseits. Andererseits müssen sie sich im Klaren darüber sein, dass die Haftpflichtversicherung eines Arztes bei einer vorsätzlichen Straftat keinen Schadenersatz leistet, so dass eine solche Veruteilung nur in seltenen Fällen im Interesse der Patienten bzw. ihrer Hinterbliebenen liegen kann. In der Regel ist deswegen bei ärztlichem Fehlverhalten (wenn es nicht zum Tod des Patienten führt) eine zivilrechtliche Vorgehensweise dem Strafverfahren vorzuziehen. Vereinzelt kann es allerdings auch sinnvoller sein, ein Strafverfahren einzuleiten, weil dadurch Kosten für Gutachten und Verfahren nicht zu Lasten der Geschädigten gehen und über das Adhäsionsverfahren auch Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche im Strafverfahren geltend gemacht werden können.

(BGH 4 StR 549/06)