Rechtswörterbuch

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Baunutzungsverordnung

 Normen 

BauNVO

§ 2 Abs. 5 BauGB

 Information 

1. Allgemein

Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) enthält Vorgaben für die Art und das Maß der baulichen Nutzung sowie für die Bauweise und die überbaubaren Grundstücksflächen und konkretisiert dabei zugleich diese in § 9 BauGB als mögliche Festsetzungen für einen Bebauungsplan aufgeführten Begriffe.

Ist in einem Bebauungsplan von den in der BauNVO vorgegebenen Gebietstypen ein bestimmter Gebietstyp festgesetzt worden, so gilt grundsätzlich die für dieses Gebiet entsprechende Bestimmung der BauNVO unmittelbar für den Planbetroffenen. Aus den Vorschriften der §§ 2 - 14 BauNVO ergibt sich, ob eine bestimmte bauliche Nutzung eine allgemein zulässige Nutzung in dem jeweiligen Gebiet darstellt.

Aber zu beachten ist § 15 BauNVO:

Die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Abs. 5 BauGB zu erfolgen.

2. Baugebietstypen

Gemäß der Baunutzungsverordnung können in einem Bebauungsplan folgende Gebietstypen festgesetzt werden:

  • Kleinsiedlungsgebiete (WS)

  • reine Wohngebiete (WR)

    In reinen Wohngebieten sind auch Anlagen zur Kinderbetreuung zulässig, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

    Zur Zulässigkeit einer Schank- und Speisewirtschaft: "Einer Schank- und Speisewirtschaft, die im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO der Versorgung eines allgemeinen Wohngebiets dient, kann nicht entgegengehalten werden, sie sei wegen der von ihrem Betrieb ausgehenden Störungen gebietsunverträglich" (BVerwG 20.03.2019 - 4 C 5/18).

  • allgemeine Wohngebiete (WA)

  • besondere Wohngebiete (WB)

  • Dorfgebiete (MD)

  • Dörfliche Wohngebiete:

    Die zum 23.06.2021 neu aufgenommene Baugebietskategorie "Dörfliches Wohngebiet" soll in sich stark wandelnden ländlichen Räumen ein einvernehmliches Nebeneinander von Wohnen (Neubau und Bestand), landwirtschaftlichen Betrieben (im Neben- und Haupterwerb) und gewerblicher Nutzung zu ermöglichen. Zulässig sind die in § § 5a BauNVO aufgeführten Wohn- und Wirtschaftsarten.

  • Mischgebiete (Ml):

    Mischgebiete dienen gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

    "Bei der bauplanungsrechtlichen Beurteilung, ob ein Betrieb (...) als das Wohnen wesentlich störender" und damit im Mischgebiet unzulässiger Gewerbebetrieb zu bewerten ist, ist im Ausgangspunkt eine - eingeschränkte - typisierende Betrachtung anzustellen (...). Der Betrieb ist als unzulässig einzustufen, wenn von Betrieben seines Typs bei funktionsgerechter Nutzung üblicherweise für die Umgebung in diesem Sinne unzumutbare Störungen ausgehen können; auf das Maß der konkret hervorgerufenen oder in Aussicht genommenen Störungen kommt es grundsätzlich nicht an (...). Eine typisierende Betrachtungsweise verbietet sich jedoch, wenn der zur Beurteilung stehende Betrieb zu einer Branche gehört, deren übliche Betriebsformen hinsichtlich des Störgrades eine große Bandbreite aufweisen, die von nicht wesentlich störend bis störend oder sogar erheblich belästigend reichen kann. Ist mithin ein Betrieb einer Gruppe von Gewerbebetrieben zuzurechnen, die hinsichtlich ihrer Mischgebietsverträglichkeit zu wesentlichen Störungen führen können, aber nicht zwangsläufig führen müssen, wäre eine abstrahierende Bewertung des konkreten Betriebs nicht sachgerecht. Ob solche Betriebe in einem Mischgebiet zugelassen werden können, hängt dann von ihrer jeweiligen Betriebsstruktur ab. Maßgeblich ist, ob sich die Störwirkungen, die die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lässt, innerhalb des Rahmens halten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben ist" (BVerwG 09.11.2021 - 4 C 5/20).

  • Urbane Gebiete:

    Mit der Baugebietskategorie (§ 6a BauNVO) soll den Kommunen zur Erleichterung des Planens und Bauens in innerstädtischen Gebieten ein Instrument zur Verfügung gestellt werden, mit dem sie planerisch die nutzungsgemischte Stadt der kurzen Wege verwirklichen können. Sie sieht daher - auch zur Vermeidung und Reduzierung von Verkehr und zur Förderung eines lebendigen öffentlichen Raums - eine räumliche Nähe von wichtigen Funktionen wie Wohnen, Arbeiten, Versorgung, Bildung, Kultur und Erholung vor. Gleichzeitig soll in diesem Gebiet eine stärkere Verdichtung ermöglicht werden. Absatz 1 umschreibt die Zweckbestimmung des urbanen Gebiets. Satz 2 stellt klar, dass die zulässigen Nutzungen nicht gleichgewichtig vorhanden sein müssen. Absatz 2 benennt die im urbanen Gebiet allgemein zulässigen Nutzungen. Vergnügungsstätten, soweit sie nicht kerngebietstypisch sind, und Tankstellen sollen nach Absatz 3 ausnahmsweise zulässig sein. Absatz 4 enthält über die bestehenden Möglichkeiten des § 1 Absatz 4 bis 10 hinaus verschiedene Differenzierungsmöglichkeiten. Parallel zur Einführung des neuen Gebietstyps "Urbane Gebiete" wurde die TA Lärm entsprechend angepasst.

  • Kerngebiete (MK)

  • Gewerbegebiete (GE)

  • Industriegebiete (GI)

  • Sondergebiete (SO):

    • Sondergebiete, die der Erholung dienen:Danach ist eine dauerhafte Wohnnutzung mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Sondergebietes für die Erholung nicht vereinbar, sodass sich die Festsetzung einer Wohnnutzung in einem Wochenendhausgebiet auf diese Vorschrift grundsätzlich nicht stützen lässt (BVerwG 11.09.2014 - 4 CN 3.14).

    • Sonstige Sondergebiete:

    Mit dem Urteil BVerwG 11.07.2013 - 4 CN 7/12 hat das BVerwG die folgenden Vorgaben für die Festsetzung des Gebietstyps "Sondergebiete" in einem Bebauungsplan aufgestellt:

    1. a)

      Grundsätzlich bleibt die Bestimmung des jeweiligen Zwecks des Sondergebiets der Gemeinde überlassen.

    2. b)

      Für die Zweckbestimmung ist jedoch der Rahmen insofern vorgegeben, als es sich um Sondergebiete handeln muss, die, dem Begriff der Erholung entsprechend, auf das zeitweilige Freizeitwohnen ausgerichtet sind:

      Der Bebauungsplan darf in einem Sondergebiet nicht beliebige Nutzungsarten aus den Baugebieten nach den §§ 2 - 9 BauNVO zulassen, sondern nur solche, die innerhalb des allgemeinen Zwecks liegen, der Erholung dienen, sowie bestimmte der Eigenart des Gebiets entsprechende Anlagen und Einrichtungen zur Versorgung des Gebiets und für sportliche Zwecke.

    3. c)

      Denn: § 10 BauNVO darf nicht dazu benutzt werden, Mischgebiete besonderer Art festzusetzen. Die Vorschrift ist kein Auffangtatbestand für Fälle, in denen Differenzierungen im Nutzungsartenkatalog eines Baugebiets gemäß §§ 1 Abs. 4 - 9 BauNVO unzulässig wären, weil sie die allgemeine Zweckbestimmung eines Baugebiets sprengen würden.

      Eine dauerhafte Wohnnutzung ist mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Sondergebiets für die Erholung nicht vereinbar. Prägendes Merkmal der in einem Sondergebiet zulässigen Unterbringungsmöglichkeiten ist das gelegentliche Wohnen während der Freizeit.

3. Ferienwohnungen

Mit § 13a BauNVO wird klarstellend geregelt, dass Ferienwohnungen unbeschadet des § 10 BauNVO in der Regel zu den nach § 2 Absatz 3 Nummer 4 BauNVO und § 4 Absatz 3 Nummer 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen nicht störenden Gewerbebetrieben sowie zu den nach § 4a Absatz 2 Nummer 3, § 5 Absatz 2 Nummer 6, § 6 Absatz 2 Nummer 3, § 6a Absatz 2 Nummer 4 und § 7 Absatz 2 Nummer 3 BauNVO zulässigen Gewerbebetrieben zählen.

Die Zulässigkeit von Ferienwohnungen soll sich damit nach den für diese Nutzungsarten geltenden Festsetzungen richten, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Festsetzungen nach § 1 Absatz 5 und 9 BauNVO. Ferienwohnungen werden dabei definiert als Räume oder Gebäude, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen gegen Entgelt vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden und die zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind. Der Begriff Ferienwohnung impliziert dabei, dass eine Anmietung regelmäßig für Zwecke der Freizeit- und Urlaubsgestaltung erfolgt. Die vorgeschlagene Regelung lässt § 10 BauNVO unberührt. Insbesondere haben Ferienhäuser nach § 10 Absatz 4 BauNVO aufgrund ihrer Belegenheit in einem Ferienhausgebiet von vornherein eine andere städtebauliche Qualität als Ferienwohnungen im Sinne des § 13a BauNVO. Zweckentfremdungsgesetze der Länder, die auf der Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Wohnungswesen beruhen, werden von der Neuregelung nicht tangiert.

In Gewerbe- und Industriegebieten findet nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/10942) § 13a BauNVO keine Anwendung. An der Qualifizierung von Ferienwohnungen als Gewerbebetriebe ändert sich auch dort nichts. Aufgrund des wohnähnlichen Charakters ist hier jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob sie gebietsverträglich sind; die Neuregelung soll daher nicht auf diese Gebietsarten erstreckt werden. Nach § 13a Satz 2 BauNVO können als Ferienwohnung dienende Räume insbesondere bei einer untergeordneten Bedeutung gegenüber der in dem Gebäude vorherrschenden Hauptnutzung abweichend von § 13a Satz 1 BauNVO zu den Betrieben des Beherbergungsgewerbes oder zu den kleinen Betrieben des Beherbergungsgewerbes nach § 3 Absatz 3 Nummer 1 BauNVO gehören. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Einliegerwohnung als Ferienwohnung vermietet wird. In diesen Fällen kann - auch ohne beherbergungstypische Bewirtungsleistungen - die städtebauliche Wirkung einer Ferienwohnung, einschließlich ihres Störpotenzials, derjenigen eines (kleinen) Betriebs des Beherbergungsgewerbes entsprechen.

Ferienwohnungen können Gegenstand isolierter Bebauungsplanfestsetzungen nach § 1 Absatz 5 und 9 BauNVO sein.

4. Lebensmittelmarkt

Ein Lebensmittelmarkt gehört nicht allein deshalb und gleichsam automatisch zu der für die Art der baulichen Nutzung maßgeblichen näheren Umgebung eines anderen Lebensmittelmarktes im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BauGB, weil sich betriebswirtschaftlich die für die Nahversorgung maßgeblichen Kundenkreise überschneiden (BVerwG 14.10.2019 - 4 B 27/19).

5. Zulässigkeit von Wohnungsprostitution in Mischgebieten

In der Entscheidung BVerwG 09.11.2021 - 4 C 5/20 hat das BVerwG zur Zulässigkeit eines Wohnungsbordells in einem Mischgebiet tendiert, aber aufgrund fehlender weiterer Feststellung an das OVG zurückverwiesen:

"Das Oberverwaltungsgericht ist demgegenüber von einem unzutreffenden Verständnis der "milieubedingten" Unruhe ausgegangen und hat deshalb den Kreis der von einer typisierenden Betrachtung erfassten Betriebe zu weit gezogen. Es hat darauf abgestellt, dass bei Bordellen oder bordellähnlichen Betrieben mit milieutypischen Begleiterscheinungen wie Belästigungen durch alkoholisierte oder unzufriedene Kunden, organisierte Kriminalität, Menschen- und Drogenhandel, ausbeutender Zuhälterei, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Verstößen gegen das Waffenrecht und Gewaltkriminalität bis hin zu Tötungsdelikten zu rechnen sei. Hierbei handelt es sich jedoch (...) nicht um städtebauliche Belange. Solchen Gefahren, die in keinem Baugebiet hingenommen werden können, ist vielmehr mit ordnungsrechtlichen Mitteln zu begegnen. (...) Das Oberverwaltungsgericht lässt zudem unberücksichtigt, dass dem Bauplanungsrecht keine sozial-ethischen (Moral-)Vorstellungen zugrunde liegen (...) und es auch nicht seine Aufgabe ist, rechtswidriges Verhalten zu sanktionieren (...). Im Unterschied zum "typischen Betrieb" nutzt der klägerische Betrieb keine Außenwerbung; er ist von außen nicht als prostitutiver Betrieb wahrnehmbar. Das Betriebskonzept zielt auf Diskretion und Anonymität; Kontakt zu Kunden erfolgt nur über E-Mail und/oder Telefon, so dass Laufkundschaft ausgeschlossen bleibt. Die Zahl der Kunden ist geringer als bei großen Bordellen oder Laufhäusern. Erwartet werden bis zu 30 Besucher pro Tag, und damit eher weniger als in einer Arzt- oder Massagepraxis, die sich ebenfalls in dem Gebäude befinden. Der Betrieb schließt um 20.00 Uhr; dort wird nicht übernachtet. Damit entfallen nächtliche (nach 22.00 Uhr) dem Betrieb zurechenbare (Ruhe-)Störungen. Hieraus folgt, dass das Störpotential nicht im Wege der Typisierung bestimmt werden kann. Es ist vielmehr eine Einzelfallprüfung erforderlich, die den Betrieb am Maßstab des zur Genehmigung gestellten Bau- und Betriebskonzepts auf seine Vereinbarkeit mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung in den Blick nimmt."

6. Ausnahmen von den Vorgaben zu den Baugebietstypen

Zu beachten ist aber, dass der Bebauungsplan für den Einzelfall eine Modifizierung treffen kann (vgl. § 1 Abs. 5 BauNVO), auch kann die Baugenehmigungsbehörde gemäß § 31 Abs. 1 BauGB eine Ausnahme von der festgesetzten Nutzung zulassen (Ausnahmebebauung), soweit der Bebauungsplan, insbesondere die Absätze 3 der §§ 2 ff BauNVO eine Ausnahme vorsehen. Ist eine Nutzung auch nicht als Ausnahme vorgesehen, so besteht schließlich noch die Möglichkeit, dass eine Befreiung von den Festsetzungen (Dispens) erteilt wird, allerdings kommt dies nur unter den engen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht.

 Siehe auch 

Bebauungsplan

Maß der baulichen Nutzung

Nutzungsänderung

Bunzel/Finkeldei/Wecker u.a.: Baurecht; Loseblattwerk

Gädtke/Czepuck u.a.: BauO NRW. Kommentar; 14. Auflage 2023

Krautzberger: Änderungen des Baugesetzbuchs und der Baunutzungsverordnung: Das "Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts" ist verkündet worden; Umwelt- und Planungsrecht - UPR 2013, 281

Mitschang: Die Bedeutung der Baunutzungsverordnung für die Innenentwicklung der Städte und Gemeinden; Zeitschrift für deutsches Baurecht - ZfBR 2009, 10