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Maß der baulichen Nutzung

 Normen 

§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB

§§ 16 - 21a BauNVO

§ 2 Abs. 3 Nr. 2 ImmoWertV

§ 5 ImmoWertV

 Information 

1. Allgemein

Das "Maß der baulichen Nutzung" ist gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einer der Inhalte eines Bebauungsplans, den die Gemeinden im Rahmen der Bauleitplanung festsetzen. Dabei wird der Rahmen innerhalb dessen sich die Gemeinden bewegen können, durch die §§ 16 - 21a BauNVO vorgegeben.

Dabei muss das Maß der baulichen Nutzung nur bei qualifizierten Bebauungsplänen festgelegt werden, nicht bei einfachen Bebauungsplänen.

Für die bauplanerischen Gebietsfestsetzungen sind Wechselbeziehungen der Interessen und ein daraus abgeleitetes Austauschverhältnis anerkannt. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird in einem solchen festgesetzten Baugebiet dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundstückseigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Festsetzungen über das Maß sind hingegen lediglich grundstücksbezogen anzusehen. Nach gefestigter Rechtsprechung gilt deshalb, dass diese Vorgaben nur dann nachbarschützend sind, wenn es im Einzelfall Wille des Plangebers (d.h. der Gemeinde) war, eine räumliche Beengung der umliegenden Anwesen zu verhindern. Der Festsetzung der Grundflächenzahl (GRZ), Geschossflächenzahl (GFZ), Baumassenzahl (BMZ) wird der Drittschutz i.d.R. abgesprochen, bei der vorgeschriebenen Zahl der Vollgeschosse nur ausnahmsweise bejaht (verneint durch OVG Bremen 14.08.1995 - 1 B 64/95).

2. Die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung (§ 16 BauNVO)

Die §§ 16-21a BauNVO enthalten konkrete Vorgaben dafür, in welchem "Maße" Grundstücke baulich genutzt werden dürfen.

  • die Grundflächenzahl (GRZ = Grundfläche des Gebäudes geteilt durch die Grundstücksfläche)

  • die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen (GR, Berechnung wie GRZ)

  • die Geschossflächenzahl (GFZ = Geschossfläche geteilt durch die Grundstücksfläche)

  • die Größe der Geschossflächen (GF, Berechnung wie GFZ)

  • die Baumassenzahl (BMZ = Baumasse in Kubikmeter geteilt durch die Grundstücksfläche; ersetzt in Gewerbe-, Industrie- und Sondergebieten die Geschossflächenzahl,)

  • die Baumasse (BM)

  • die Zahl der Vollgeschosse (Z) und

  • die Höhe der baulichen Anlage (H)

Nach § 16 Abs. 6 BauNVO können im Bebauungsplan nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetztem Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden.

3. Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung (§ 17 BauNVO)

Mit dem am 23.06.2021 in Kraft getretenen Baulandmobilisierungsgesetz wurde eine Flexibilisierung von § 17 BauNVO durch Festlegung der Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung als Orientierungswerte eingeführt.

Bei der Festsetzung von Wochenendhausgebieten und Ferienhausgebieten dürfen die Orientierungswerte für Obergrenzen hingegen nicht überschritten werden.

4. Nachbarschützende Wirkung

Im Gegensatz zu den Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung, haben die Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung allein in der Regel ausschließlich städtebauliche und keinerlei individuelle Bedeutung (BVerwG 23.06.1995 - 4 B 52/95).

Allerdings kann die Gemeinde durch eindeutige Erklärungen, etwa in der Begründung des Bebauungsplans, solchen Festsetzungen drittschützende Wirkung verleihen (BVerwG 16.09.1993 - 4 C 28/91):

Ob Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung auch darauf gerichtet sind, dem Schutz des Nachbarn zu dienen, hängt vom Willen der Gemeinde als Plangeber ab (so BVerwG 19.10.1995 - 4 B 215/95).

"Wollte der Plangeber die Planbetroffenen mit den Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung in ein wechselseitiges nachbarliches Austauschverhältnis einbinden, sind diese Festsetzungen nachbarschützend. Dies gilt auch, wenn der Plangeber die nachbarschützende Wirkung im Zeitpunkt der Planaufstellung nicht in seinen Willen aufgenommen hatte" (BVerwG 09.08.2018 - 4 C 7/17).

Praxistipp:

Da es auch von den im Bebauungsplan enthaltenen Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung abhängen kann, ob eine bestimmte Bauabsicht auf einem Grundstück verwirklicht werden kann, sollte derjenige, der sich für ein Grundstück interessiert, auf jeden Fall Einsicht in den entsprechenden Bebauungsplan nehmen.

5. Immobilienbewertung

Die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung ist gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 ImmoWertV auch ein Grundstücksmerkmal für die Ermittlung des Verkehrswerts im Rahmen der Immobilienwertermittlung.

 Siehe auch 

Baunutzungsverordnung

Bauordnungsrecht und Nachbarschutz

Bauplanungsrecht und Nachbarschutz

BVerwG 08.12.2016 - 4 C 7/15 (Einfügen eines Bauvorhabens nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung)

BVerwG 23.06.1995 - 4 B 52/95

BVerwG 16.09.1993 - 4 C 28/91

VGH Bayern 09.02.2018 - 9 CS 17/2099 (Sicherstellung einer unzulässige Dauerwohnnutzung durch entsprechende Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung)

Faßbender: Verbesserung des baurechtlichen Nachbarschutzes; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2019, 2132