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Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 23.02.2010, Az.: 9 AZR 44/09
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Absicherung von aufgrund einer Altersteilzeitvereinbarung aufgebauten Wertguthaben; Persönliche Haftung von GmbH-Geschäftsführern [Durchgriffshaftung]; Eigenhaftung des organschaftlichen Vertreters einer juristischen Person; Voraussetzungen für die Annahme des Treuebruchtatbestands iSv § 266 Strafgesetzbuch (StGB)
Gericht: BAG
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 23.02.2010
Referenz: JurionRS 2010, 18233
Aktenzeichen: 9 AZR 44/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LAG Düsseldorf - 04.08.2008 - AZ: 14 Sa 410/08

Fundstellen:

BAGE 133, 213 - 225

ArbR 2010, 375

ArbRB 2010, 235

AuA 2010, 239

AuR 2010, 393

AUR 2010, 393

BB 2010, 1788

BB 2010, 2506-2508

DB 2010, 8

DB 2010, 1538-1540

EBE/BAG 2010, 108-112

EWiR 2010, 595

EzA-SD 14/2010, 12-13

FA 2010, 345

MDR 2010, 1268-1269

NZA 2010, 1418-1423

NZI 2010, 856-857

ZBB 2010, 316

ZInsO 2010, 2194-2199

ZIP 2010, 1361-1366

BAG, 23.02.2010 - 9 AZR 44/09

Orientierungssatz:

1. Geschäftsführer einer GmbH haften grundsätzlich nicht persönlich. Ihre Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist nach § 13 Abs. 2 GmbHG auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. GmbH-Geschäftsführer trifft nur ausnahmsweise eine Eigenhaftung, wenn es einen besonderen Haftungsgrund gibt.

2. § 8a Abs. 1 AltTZG aF verpflichtet den Arbeitgeber unmittelbar, (Zeit-)Wertguthaben, die aufgrund einer Altersteilzeitvereinbarung erarbeitet werden, in geeigneter Weise gegen das Risiko seiner Zahlungsunfähigkeit abzusichern. Die Vorschrift ist nur im Verhältnis zum Arbeitgeber Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB. Sie begründet keine persönliche Haftung der gesetzlichen Vertreter juristischer Personen. Die organschaftlichen Vertreter sind keine Normadressaten.

3. Der Treubruchstatbestand des § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB setzt eine Vermögensbetreuungspflicht voraus. Sie verlangt eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung zu dem fremden Vermögen, die über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten und allein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten hinausgeht. Die Vermögensbetreuung darf sich nicht nur als "beiläufige" Pflicht darstellen. Sie muss idR Geschäftsbesorgungscharakter haben.

4. § 823 Abs. 2 BGB wendet sich im Unterschied zu § 823 Abs. 1 BGB nicht an jedermann, sondern nur an den, der ein Schutzgesetz verletzt. Eine Eigenhaftung des organschaftlichen Vertreters einer juristischen Person aufgrund einer Schutzgesetzverletzung erfordert deshalb, dass er in seiner Person alle Tatbestandsmerkmale erfüllt, wenn keine darüber hinausgehende Zurechnungsnorm eingreift.

Amtlicher Leitsatz:

§ 8a Abs. 1 AltTZG aF verpflichtet den Arbeitgeber, Wertguthaben, die aufgrund einer Altersteilzeitvereinbarung aufgebaut werden, in geeigneter Weise gegen das Risiko seiner Zahlungsunfähigkeit abzusichern. Die Vorschrift ist nur im Verhältnis zum Arbeitgeber Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB. Sie begründet keine Durchgriffshaftung der gesetzlichen Vertreter juristischer Personen.

In Sachen

Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger,

Streithelferin:

pp.

1.

Beklagter zu 1., Berufungsbeklagter zu 1. und Revisionsbeklagter zu 1.,

2.

Beklagter zu 2., Berufungsbeklagter zu 2. und Revisionsbeklagter zu 2.,

Streithelfer der Beklagten zu 1. und 2.:

hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Beratung vom 23. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Düwell, den Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gallner sowie den ehrenamtlichen Richter Furche und die ehrenamtliche Richterin Pielenz für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 4. August 2008 - 14 Sa 410/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten des Streithelfers der Beklagten zu 1. und 2. zu tragen. Die Kosten der Streithelferin des Klägers hat diese selbst zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die persönliche Haftung der beiden Beklagten für ein nicht gesichertes Wertguthaben aus einem Altersteilzeitarbeitsvertrag.

2

Der 1947 geborene Kläger war seit 1970 Arbeitnehmer der E GmbH (Arbeitgeberin). Die Arbeitgeberin war ein metallverarbeitendes Unternehmen mit rund 350 Arbeitnehmern. Der Beklagte zu 1. war seit Mai 2000 Mitgeschäftsführer der Arbeitgeberin. Er war zuständig für den Bereich Vertrieb und Entwicklung. Der Beklagte zu 2. war von April 2000 bis 23. September 2005 zum Mitgeschäftsführer der Arbeitgeberin bestellt. Er war zuständig für den Bereich Technik. Bis zum Sommer 2004 war Herr U weiterer Mitgeschäftsführer, der ua. für das Personalwesen zuständig war. Der Mitgeschäftsführer T übernahm nach dem Ausscheiden von Herrn U ab Dezember 2004 dessen Aufgaben. Auf der Ebene unterhalb der Geschäftsführung war der Personalleiter V, der Streithelfer der beiden Beklagten, für Personalangelegenheiten zuständig. Dessen Aufgaben übernahm Ende 2004 der Prokurist W. Die Gesellschaft der Arbeitgeberin wurde durch zwei Geschäftsführer oder einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt waren.

3

Der Kläger schloss mit der Arbeitgeberin am 20. August 2004 einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell. Der Altersteilzeitarbeitsvertrag verwies auf den Tarifvertrag zur Altersteilzeit in der Metall- und Elektroindustrie NRW (TV ATZ Metall NRW). Die Arbeitsphase sollte von September 2004 bis August 2007 dauern, die Freistellungsphase von September 2007 bis August 2010. Der Altersteilzeitarbeitsvertrag wurde für die Arbeitgeberin von dem damaligen Leiter der Personalabteilung, dem Streithelfer der beiden Beklagten V, "i. V." unterzeichnet. In § 11 des Altersteilzeitarbeitsvertrags heißt es:

"Insolvenz

Hinsichtlich der Insolvenzsicherung von Altersteilzeit im Blockmodell gilt § 8a ATG. Der Arbeitgeber wird die Insolvenzsicherung mit der ersten Gutschrift in der betriebsüblichen Art und Weise nachweisen."

4

Der im Altersteilzeitarbeitsvertrag in Bezug genommene TV ATZ Metall NRW bestimmt auszugsweise:

"§ 6

Altersteilzeitentgelt

...

4. Endet das Arbeitsverhältnis vorzeitig, hat der Beschäftigte Anspruch auf eine etwaige Differenz zwischen den ausgezahlten Leistungen (Altersteilzeitentgelt und Aufstockungsbetrag) und dem Entgelt für den Zeitraum seiner tatsächlichen Beschäftigung. ... Dies gilt auch ... bei einer Insolvenz des Arbeitgebers. Bei der Auszahlung sind die aktuellen Tarifentgelte zugrunde zu legen.

...

§ 16

Insolvenzsicherung

Der Arbeitgeber berät geeignete Maßnahmen mit dem Betriebsrat und stellt sicher, dass im Falle der vorzeitigen Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses durch Insolvenz des Arbeitgebers alle bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche einschließlich der darauf entfallenden Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung gesichert sind.

...

Der Arbeitgeber weist gegenüber dem Betriebsrat bzw., soweit keine Betriebsvereinbarung besteht, gegenüber dem Beschäftigten jährlich die ausreichende Sicherung nach."

5

Die Arbeitgeberin schloss am 5. Oktober 2004 eine "Freiwillige Betriebsvereinbarung zur Abwicklung von Altersteilzeit" (BV) mit dem im Betrieb gebildeten Betriebsrat. Die BV regelt unter Nr. I 3:

"Insolvenzsicherung

Der Arbeitgeber berät entsprechend § 16 TV ATZ die Maßnahme zur Insolvenzsicherung mit dem Betriebsrat. Bei der Insolvenzsicherung von Altersteilzeit im Blockmodell gilt § 8a ATG. Der Arbeitgeber wird die Insolvenzsicherung mit der ersten Gutschrift und danach alle sechs Monate in der betriebsüblichen Art und Weise nachweisen."

6

Die Arbeitgeberin traf keine Maßnahmen zur Insolvenzsicherung. Sie bildete in den Jahresbilanzen lediglich Rückstellungen für Arbeitnehmer, mit denen Altersteilzeitarbeitsverträge im Blockmodell geschlossen worden waren. Die Bilanz für das Jahr 2004 enthielt zB einen Rückstellungsbetrag von 193.993,33 Euro für sechs Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin wies die Insolvenzsicherung gegenüber dem Kläger nicht nach, insbesondere nicht in den monatlichen Verdienstabrechnungen.

7

Der Beklagte zu 1. erfuhr im November 2006 vom vorläufigen Insolvenzverwalter der Arbeitgeberin, dass diese mit dem Kläger einen Altersteilzeitarbeitsvertrag geschlossen hatte. Der Beklagte zu 2. erlangte von dem Vertrag nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer Ende 2006 Kenntnis.

8

Am 29. Januar 2007 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter hatte dem Kläger schon unter dem 30. November 2006 mitgeteilt, dass sein bisheriges Wertguthaben nicht ausreichend gesichert sei.

9

Die Y GmbH, die Streithelferin des Klägers, übernahm mit Wirkung vom 1. Februar 2007 Teile des Betriebs der Arbeitgeberin, ua. auch die Abteilung, in der der Kläger beschäftigt gewesen war. Die Y GmbH zahlte das Altersteilzeitentgelt des Klägers in den ersten sieben Monaten der Freistellungsphase.

10

Der Kläger hat behauptet, ihm sei bereits durch den Altersteilzeitarbeitsvertrag vorgespiegelt worden, dass eine ordnungsgemäße Insolvenzsicherung durchgeführt werde. Der Betriebsrat sei beim Abschluss der Betriebsvereinbarung in gleicher Weise getäuscht worden. Der Kläger meint, eine interne Aufgabenverteilung in der Geschäftsführung sei nicht geeignet, die Beklagten als im Außenverhältnis verantwortliche Geschäftsführer zu entlasten. Die Beklagten hafteten jedenfalls persönlich aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 8a AltTZG in der vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung vom 23. Dezember 2003 (aF) für den Schaden, der ihm durch die unterbliebene Insolvenzsicherung entstanden sei. § 8a Abs. 1 AltTZG aF sei ein Schutzgesetz, das im Unterschied zum früheren § 7d Abs. 1 SGB IV idF vom 24. Juli 2003 (aF) allein den Arbeitgeber verpflichte. Die Beklagten hätten diese Schutzvorschrift schuldhaft verletzt.

11

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zu 2. durch Versäumnisteilurteil vom 12. Juli 2007 verurteilt, an den Kläger ab September 2007 am jeweils letzten Tag des Monats 1.322,14 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils seit dem fünften Tag des Folgemonats bis einschließlich Januar 2010 zu zahlen. Der Beklagte zu 2. hat gegen das Versäumnisteilurteil fristgerecht Einspruch erhoben. Das Arbeitsgericht hat das Versäumnisteilurteil aufgehoben und die Klage gegen die beiden Beklagten insgesamt abgewiesen.

12

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, dass das Wertguthaben aus dem Altersteilzeitvertrag nicht für den Fall der Insolvenz der E GmbH abgesichert wurde.

13

Die Beklagten und ihr Streithelfer haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie sind der Ansicht, sie hafteten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt persönlich für die unterbliebene Sicherung des Wertguthabens. § 8a AltTZG aF sei kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB. Sie hätten auch nicht schuldhaft gehandelt. Jedenfalls treffe den Kläger ein Mitverschulden iSv. § 254 Abs. 2 BGB, weil er seine Rechte aus § 8a Abs. 3 und 4 AltTZG aF nicht ausgeübt habe.

14

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers, die zuletzt nur noch den Feststellungsantrag zum Gegenstand hatte, zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den eststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet.

16

A. Die Feststellungsklage ist zulässig.

17

I. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Eine "Wertguthabenvereinbarung" liegt nach § 7b Nr. 3 SGB IV ua. dann vor, wenn Arbeitsentgelt in das Wertguthaben eingebracht wird, um es für Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu entnehmen. In einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis, das im Blockmodell durchgeführt wird, ist das Wertguthaben das während der Arbeitsphase nicht ausgezahlte Bruttoarbeitsentgelt (Senat 16. August 2005 - 9 AZR 79/05 - zu A I 2 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 3).

18

II. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse besteht.

19

1. Für eine Klage auf Feststellung der deliktischen Verpflichtung eines Schädigers ist schon dann ein Feststellungsinteresse anzunehmen, wenn der Schadenseintritt möglich ist, auch wenn Art und Umfang des Schadens sowie der Zeitpunkt seines Eintritts noch unsicher sind. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts genügt (Senat 13. Februar 2007 - 9 AZR 207/06 - Rn. 12, BAGE 121, 182 [BAG 13.02.2007 - 9 AZR 207/06]).

20

2. Diese Erfordernisse sind gewahrt. Vor dem Ende des Insolvenzverfahrens steht nicht fest, in welcher Höhe Ansprüche des Klägers erfüllt werden. Das vor Insolvenzeröffnung erarbeitete Wertguthaben wird nach § 108 Abs. 2 InsO in der bis 30. Juni 2007 geltenden Fassung vom 19. Juli 1996 nur als Insolvenzforderung berichtigt (vgl. Senat 13. Februar 2007 - 9 AZR 207/06 - Rn. 12, BAGE 121, 182).

21

B. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagten haften als frühere Mitgeschäftsführer der Arbeitgeberin nicht für die unterbliebene Insolvenzsicherung.

22

I. Geschäftsführer einer GmbH haften grundsätzlich nicht persönlich. Die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist nach § 13 Abs. 2 GmbHG auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. GmbH-Geschäftsführer trifft nur ausnahmsweise eine Eigenhaftung, wenn es einen besonderen Haftungsgrund gibt (st. Rspr., vgl. zB Senat 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 21 mwN, AP ATG § 8a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 5; BAG 24. November 2005 - 8 AZR 1/05 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 2).

23

II. Im Streitfall besteht kein solcher besonderer Haftungsgrund.

24

1. Der Kläger hat keinen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagten.

25

a) Ein Anspruch aufgrund ausdrücklicher oder konkludenter vertraglicher Vereinbarung scheidet aus. Der Kläger beruft sich nicht darauf, die Beklagten selbst hätten ihm gegenüber erklärt oder zumindest den Anschein erweckt, sie hafteten abweichend von der gesetzlichen Haftungsbeschränkung in § 13 Abs. 2 GmbHG persönlich für Verbindlichkeiten aus dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis (vgl. nur Senat 13. Februar 2007 - 9 AZR 207/06 - Rn. 14, BAGE 121, 182). Die Beklagten unterzeichneten den Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 20. August 2004 weder selbst, noch waren sie in die Vertragsverhandlungen zwischen ihrem Streithelfer, dem damaligen Personalleiter V, und dem Kläger eingebunden. Der Beklagte zu 1. erfuhr erst im November 2006 von dem Altersteilzeitarbeitsvertrag mit dem Kläger. Der Beklagte zu 2. erlangte Ende 2006 Kenntnis von dem Vertrag.

26

b) Die Beklagten haften auch nicht persönlich aufgrund einer Nebenpflichtverletzung aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 3 BGB.

27

aa) Werden Vertragsverhandlungen von einem Vertreter geführt, richten sich Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen nach §§ 164, 278 BGB regelmäßig gegen den Vertretenen und nicht gegen den Vertreter. Vertreter haften grundsätzlich nur aus Delikt (Senat 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 21 mwN, AP ATG § 8a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 5). Ein Vertreter haftet lediglich ausnahmsweise persönlich wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen, wenn er dem Vertragsgegenstand besonders nahesteht und bei wirtschaftlicher Betrachtung gewissermaßen in eigener Sache handelt oder er gegenüber dem Verhandlungspartner in besonderem Maß persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und damit die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat (Senat 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 22 mwN, aaO.).

28

bb) Der Kläger behauptet keine derartigen außergewöhnlichen Umstände. Er macht schon nicht geltend, dass die Beklagten die Vertragsverhandlungen geführt hätten.

29

cc) Eine vertragliche Eigenhaftung der Beklagten käme selbst dann nicht in Betracht, wenn der Kläger im Zuge des Abschlusses des Altersteilzeitarbeitsvertrags im August 2004 nicht ausreichend deutlich über die wirtschaftliche Situation der Arbeitgeberin aufgeklärt worden sein sollte. Eine Schadensersatzpflicht träfe nicht die Beklagten, sondern die von ihnen vertretene Arbeitgeberin. Der Kläger hat nicht behauptet, die Beklagten hätten in besonderem Maß Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Verhandlungen über den Altersteilzeitarbeitsvertrag oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst (vgl. Senat 13. Februar 2007 - 9 AZR 207/06 - Rn. 15, BAGE 121, 182). Der Kläger beruft sich auch nicht darauf, er sei aufgrund seines Vertrauens in die Person eines der Beklagten oder beider Beklagter davon ausgegangen, dass seine im Altersteilzeitarbeitsverhältnis erworbenen Ansprüche von der Arbeitgeberin erfüllt würden.

30

2. Die Beklagten haften nicht deliktisch für die unterbliebene Sicherung des Wertguthabens.

31

a) Der Kläger stützt sich nicht auf Tatsachen, die auf einen zumindest bedingten Vorsatz der Beklagten für eine sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB hindeuten (zu den Voraussetzungen des § 826 BGB näher Senat 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 24 ff., AP ATG § 8a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 5).

32

b) Eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. Ein Wertguthaben ist kein sonstiges Recht iSv. § 823 Abs. 1 BGB (für die st. Rspr. Senat 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 27 ff., AP ATG § 8a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 5; grundlegend 16. August 2005 - 9 AZR 79/05 - zu B III 1 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 3).

33

c) Die Beklagten haben kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB verletzt.

34

aa) Der Kläger beruft sich nicht auf Handlungen der Beklagten, die die Straftatbestände des Betrugs oder der Untreue ausfüllen. Die Beklagten haften deshalb nicht aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 Abs. 1 oder § 266 Abs. 1 StGB (zu den Voraussetzungen einer solchen Haftung zB Senat 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 31 ff. und 36 ff., AP ATG § 8a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 5).

35

(1) Der Kläger hat keine Täuschungshandlung iSv. § 263 Abs. 1 StGB dargelegt, die den Beklagten zuzurechnen wäre.

36

(2) Auch die Voraussetzungen der Untreue in der Ausprägung des sog. Treubruchstatbestands (§ 266 Abs. 1 2. Alt. StGB) sind nach dem Vortrag des Klägers nicht erfüllt.

37

(a) Der Treubruchstatbestand knüpft nicht an eine formale Stellung des Täters zu dem betroffenen Vermögen, sondern an seine tatsächliche Einwirkungsmacht an, wenn ihr ein besonders schützenswertes Vertrauen in die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zugrunde liegt. Die nötige Vermögensbetreuungspflicht verlangt eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung zu dem fremden Vermögen, die über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten und allein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten hinausgeht. Die Vermögensbetreuung darf sich nicht nur als "beiläufige" Pflicht darstellen. Sie muss idR Geschäftsbesorgungscharakter haben (vgl. nur Fischer StGB 57. Aufl. § 266 Rn. 33, 36 und 38 mwN).

38

(b) Der Senat kann unterstellen, dass die Verpflichtung des Arbeitgebers aus § 8a Abs. 1 Satz 1 AltTZG aF, das Wertguthaben mit der ersten Gutschrift in geeigneter Weise gegen das Risiko seiner Zahlungsunfähigkeit abzusichern, eine gesetzlich angeordnete treuhänderische Geschäftsbesorgungspflicht ist (dagegen Rolfs NZS 2004, 561, 567; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 81 Rn. 11; Ulbrich Die Pflicht zur Insolvenzsicherung von Arbeitszeitkonten (Zeitwertkonten) S. 122; dafür Kleingers Der gesetzliche Insolvenzschutz von Arbeitszeitwertguthaben und die Haftung von Arbeitgeberrepräsentanten gegenüber Arbeitnehmern S. 169 f., sofern der Arbeitgeber das Sicherungsmodell bestimmen kann). Selbst wenn die Arbeitgeberin diese Pflicht durch die unterlassene Insolvenzsicherung des in der Arbeitsphase aufgebauten Wertguthabens in rechtswidriger Weise verletzt haben sollte, sind Tatsachen, die auf einen zumindest bedingten Vorsatz der Beklagten schließen lassen, nicht festgestellt. Die unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO).

39

(aa) Der Eventualvorsatz muss die Pflichtenstellung des Täters, die bestehende Vermögensbetreuungspflicht und die Vermögensschädigung oder die schadensgleiche konkrete Vermögensgefährdung umfassen (vgl. etwa Fischer § 266 Rn. 171 mwN). Der Handelnde muss die konkrete Gefahr erkannt und ihre Realisierung zudem gebilligt haben, sei es auch nur in der Form, dass er sich mit dem unerwünschten Erfolgseintritt abfindet (vgl. BGH 2. April 2008 - 5 StR 354/07 - Rn. 31, BGHSt 52, 182, sog. kognitives und voluntatives Element des bedingten Vorsatzes im Fall des Treubruchstatbestands).

40

(bb) Der Kläger hat nicht vorgebracht, dass die Beklagten die Möglichkeit der Schädigung oder konkreten Gefährdung seines Vermögens erkannt hätten. Er hat nicht dargelegt, ab welchem Zeitpunkt die Insolvenz und damit eine konkrete Vermögensgefährdung aus seiner Sicht drohte. Die Beklagten waren nicht mit Personalangelegenheiten befasst. Sie wussten nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erst kurz vor der Insolvenzeröffnung am 29. Januar 2007 um den Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags mit dem Kläger. Solange die Beklagten nicht erkannten, dass dem Kläger ein Schaden entstehen konnte, kam bedingt vorsätzliches Handeln schon aus sog. kognitiven Gründen nicht in Betracht (vgl. zu der für den Treubruchstatbestand aus Gründen des Analogieverbots in Art. 103 Abs. 2 GG notwendigen Abgrenzung der konkreten schadensgleichen Vermögensgefährdung von der bloßen abstrakten Gefährdungslage und zum entsprechenden bedingten Vorsatz BVerfG 10. März 2009 - 2 BvR 1980/07 - Rn. 23 ff., 28 ff. und 41, NJW 2009, 2370 [BVerfG 10.03.2009 - 2 BvR 1980/07]). Die Beklagten nahmen die konkrete Vermögensgefährdung für den Fall ihres Eintritts erst recht nicht billigend in Kauf (sog. voluntatives Element des bedingten Vorsatzes).

41

bb) Die Beklagten haften schließlich nicht aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 8a Abs. 1 Satz 1 AltTZG aF, obwohl die Arbeitgeberin des Klägers die gebotene Insolvenzsicherung unterließ. Nach § 8a Abs. 1 AltTZG aF war der Arbeitgeber verpflichtet, das Wertguthaben einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag mit der ersten Gutschrift in geeigneter Weise gegen das Risiko seiner Zahlungsunfähigkeit abzusichern, wenn eine Vereinbarung über die Altersteilzeitarbeit iSv. § 2 Abs. 2 AltTZG zum Aufbau eines Wertguthabens führte, das den Betrag des Dreifachen des Regelarbeitsentgelts nach § 6 Abs. 1 AltTZG einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag überstieg.

42

(1) Auf den Streitfall ist § 8a AltTZG aF anzuwenden. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags am 20. August 2004. Zu diesem Zeitpunkt galt § 8a AltTZG aF.

43

(2) § 8a AltTZG aF ist kein besonderer Haftungsgrund für die sog. Durchgriffshaftung eines GmbH-Geschäftsführers.

44

(a) Der durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) mit Wirkung vom 1. Juli 2004 in das Altersteilzeitgesetz eingefügte § 8a AltTZG aF ging über § 7d Abs. 1 SGB IV idF vom 24. Juli 2003 (aF) hinaus.

45

(aa) § 8a AltTZG aF begründete eine unmittelbare Verpflichtung des Arbeitgebers, das Wertguthaben gegen seine Zahlungsunfähigkeit abzusichern (Senat 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 43, AP ATG § 8a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 5; 13. Dezember 2005 - 9 AZR 436/04 - Rn. 47, BAGE 116, 293).

46

(bb) § 7d Abs. 1 SGB IV aF bestimmte im Unterschied dazu nur, dass die Vertragsparteien unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen ihrer Vereinbarungen nach § 7 Abs. 1a SGB IV aF Vorkehrungen trafen, die der Erfüllung der Wertguthaben einschließlich des auf sie entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers dienten. Die Pflicht zur Sicherung des Wertguthabens wurde damit beiden Vertragsparteien und nicht nur dem Arbeitgeber auferlegt. Der Senat hat daraus geschlossen, dass § 7d Abs. 1 SGB IV aF die Verantwortung für den Insolvenzschutz nicht klar einem bestimmten Adressaten zuweise. Eine individuelle Haftung des Geschäftsführers scheide aus. § 7d Abs. 1 SGB IV aF sei kein Schutzgesetz, weil auch der Arbeitnehmer verpflichtet sei, an seinem Schutz mitzuwirken (vgl. zuletzt Senat 13. Februar 2007 - 9 AZR 207/06 - Rn. 19 f., BAGE 121, 182; grundlegend 13. Dezember 2005 - 9 AZR 436/04 - Rn. 43 und 45, BAGE 116, 293; ablehnend Schlegel jurisPR-SozR 7/2007 Anm. 3 zu C; derselbe in Küttner Personalbuch 2009 Wertguthaben/Zeitguthaben Rn. 31).

47

(b) § 8a Abs. 1 AltTZG aF ist im Verhältnis zum Arbeitgeber Schutzgesetz. Die Vorschrift begründet jedoch keine sog. Durchgriffshaftung von gesetzlichen Vertretern juristischer Personen. Für organschaftliche Vertreter fehlt der erforderliche besondere Haftungsgrund. § 8a Abs. 1 AltTZG aF ist ihnen gegenüber kein Schutzgesetz. Die gesetzlichen Vertreter sind keine Normadressaten (ebenso zB Hessisches LAG 26. September 2008 - 10 Sa 295/08 - juris Rn. 35 ff. [vgl. auch das Senatsurteil vom 23. Februar 2010 - 9 AZR 71/09 - zu der dagegen gerichteten Revision]; Hamann jurisPR-ArbR 14/2007 Anm. 1 zu D; Podewin RdA 2005, 295, 300; ErfK/Rolfs 10. Aufl. § 8a AltTZG Rn. 8; HWK/Stindt/Nimscholz 3. Aufl. § 8a AltTZG Rn. 7; Schaub/Vogelsang § 81 Rn. 11; aA etwa Küttner/Kreitner Personalbuch 2009 Altersteilzeit Rn. 15; Zwanziger RdA 2005, 226, 240).

48

(aa) Eine GmbH haftet als Arbeitgeberin für Schäden durch Verstöße gegen gesetzliche Gebote oder Verbote wegen der gesetzlichen Haftungsbeschränkung nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Eine Haftung ihrer organschaftlichen Vertreter sieht § 13 Abs. 2 GmbHG nicht vor. Dieses gesellschaftsrechtlich eingeschränkte Haftungssystem kann der Gesetzgeber erweitern. Solche Erweiterungen sind zB die strafrechtlichen und bußgeldrechtlichen Verantwortlichkeiten von GmbH-Geschäftsführern nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG (vgl. Senat 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 41, AP ATG § 8a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 5).

49

(bb) § 8a Abs. 1 AltTZG aF erweiterte die auf das Gesellschaftsvermögen beschränkte Haftung nicht in dieser Weise. Die Norm erlaubte keinen Durchgriff auf organschaftliche Vertreter.

50

(aaa) Der Wortlaut des § 8a Abs. 1 AltTZG aF, der eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Insolvenzsicherung des Wertguthabens begründet, zeigt das gesetzgeberische Ziel, die Rechte des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber zu stärken. § 8a Abs. 1 AltTZG aF geht mit der Verpflichtung des Arbeitgebers über die zuvor geltende Regelung des § 7d Abs. 1 SGB IV aF hinaus. Der Gesetzeszweck der besonderen Insolvenzsicherung von Wertguthaben im Altersteilzeitgesetz wird von der Begründung des Gesetzentwurfs betont. Für den Bereich der Altersteilzeit sollte im Altersteilzeitgesetz eine spezielle adäquate Insolvenzsicherung gesetzlich vorgeschrieben werden. Bisher sei nicht immer sichergestellt, dass die durch Vorarbeit der Arbeitnehmer in der letzten Phase ihres Erwerbslebens entstandenen Wertguthaben im Insolvenzfall ausreichend geschützt seien (vgl. BT-Drucks. 15/1515 S. 75).

51

(bbb) Das gesetzgeberische Ziel verstärkten Schutzes des Arbeitnehmers in Blockaltersteilzeit gegenüber dem Arbeitgeber zeigt sich auch im Zusammenspiel der in § 8a AltTZG aF getroffenen unterschiedlichen Regelungen. § 8a Abs. 2 AltTZG aF verbietet dem Arbeitgeber die Anrechnung bestimmter Leistungen und bestimmt damit das Ausmaß der Absicherung (BT-Drucks. 15/1515 S. 134 f.). Nach § 8a Abs. 3 Satz 1 AltTZG aF hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die zur Sicherung des Wertguthabens ergriffenen Maßnahmen mit der ersten Gutschrift und danach alle sechs Monate in Textform nachzuweisen. Der Arbeitnehmer soll überprüfen können, ob die Angaben des Arbeitgebers richtig sind (BT-Drucks. 15/1515 S. 135). Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nach § 8a Abs. 3 AltTZG aF nicht nach oder sind die nachgewiesenen Maßnahmen nicht geeignet und weist er auf schriftliche Aufforderung des Arbeitnehmers nicht innerhalb eines Monats eine geeignete Insolvenzsicherung in Textform nach, kann der Arbeitnehmer nach § 8a Abs. 4 Satz 1 AltTZG aF verlangen, dass Sicherheit in Höhe des bestehenden Wertguthabens geleistet wird. Dem Arbeitnehmer wird damit ein gesetzlicher Anspruch auf Sicherheitsleistung in Höhe des bestehenden Wertguthabens gegen seinen Arbeitgeber eingeräumt (BT-Drucks. 15/1515 S. 135).

52

(ccc) Die gestärkte Stellung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber bezieht organschaftliche Vertreter nicht ein. Auf einen Durchgriff lassen auch keine Straftatbestände oder Ordnungswidrigkeitsbestimmungen schließen. Ein solcher klarer gesetzlicher Anhaltspunkt für einen besonderen Haftungsgrund ist unabdingbar, um eine ausnahmsweise Eigenhaftung des GmbH-Geschäftsführers entgegen der Regel der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung nach § 13 Abs. 2 GmbHG zu begründen.

53

(ddd) Der Sinn der Insolvenzsicherung reicht nicht aus, um eine persönliche Geschäftsführerhaftung herzuleiten (aA Zwanziger RdA 2005, 226, 240). Der organschaftliche Vertreter muss als Adressat einer gesetzlich erweiterten Haftung erkennen können, welchem Risiko er persönlich ausgesetzt ist. Das trifft auf die Regelungen in § 8a AltTZG aF nicht zu. Auch die Gesetzesbegründung enthält keinen Hinweis auf eine Eigenhaftung (vgl. Kleingers S. 168).

54

(eee) § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung vom 21. Dezember 2008 und der Folgefassung vom 12. November 2009 zeigt, dass sich der Gesetzgeber des Problems der Durchgriffshaftung bewusst ist. Danach haften die organschaftlichen Vertreter des Arbeitgebers gesamtschuldnerisch für den Schaden der Verringerung oder des Verlusts des Wertguthabens, wenn der Arbeitgeber eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist. Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. AltTZG nF findet § 7e SGB IV in der erstmals am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung vom 21. Dezember 2008 - inzwischen ersetzt durch die am 1. September 2009 in Kraft getretene Fassung vom 12. November 2009 - keine Anwendung. Der Senat braucht hier jedoch nicht darüber zu entscheiden, ob diese Bestimmung nur auf den spezialgesetzlichen Vorrang der Regelungen des § 8a AltTZG nF im Verhältnis des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber hinweist oder auch die Durchgriffshaftung des organschaftlichen Vertreters nach § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV ausschließt. Die in § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV getroffene Regelung zeigt jedenfalls, dass der Gesetzgeber erst seit 1. Januar 2009 den Regelungswillen für eine Eigenhaftung im allgemeinen Insolvenzschutz für Wertguthaben zum Ausdruck gebracht hat (ähnlich Hessisches LAG 26. September 2008 - 10 Sa 295/08 - juris Rn. 37 f. [vgl. auch das Senatsurteil vom 23. Februar 2010 - 9 AZR 71/09 - zu der gegen die Berufungsentscheidung gerichteten Revision]).

55

(fff) Arbeitnehmer in Blockaltersteilzeit waren während der Geltung des § 8a AltTZG aF im Störfall der Insolvenz nicht schutzlos. Der Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber wegen Verletzung der Insolvenzsicherungspflicht war in der Insolvenz zwar wirtschaftlich ebenso wertlos wie der Anspruch auf Arbeitsentgelt (ErfK/Rolfs § 8a AltTZG Rn. 7; Zwanziger RdA 2005, 226, 240). Arbeitnehmer in Blockaltersteilzeit hatten aber vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 8a Abs. 4 Satz 1 AltTZG aF einen klagbaren Anspruch auf Sicherheitsleistung in Höhe des bestehenden Wertguthabens gegenüber ihrem Arbeitgeber (BT-Drucks. 15/1515 S. 135). Sie hatten außerdem das Recht, ihre Arbeitsleistung nach § 273 Abs. 1 BGB zurückzuhalten und den Arbeitgeber damit in Annahmeverzug zu setzen, § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1, § 298 BGB (ebenso ErfK/Rolfs § 8a AltTZG Rn. 7).

56

cc) Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 8a AltTZG aF kann nicht aus einer Garantenstellung hergeleitet werden. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagten als gesetzliche Vertreter der Arbeitgeberin Organisations- oder Verkehrssicherungspflichten verletzt haben sollten (vgl. dazu Kleingers S. 109 f.).

57

(1) Eine Garantenstellung, die für den organschaftlichen Vertreter eine Handlungspflicht begründet, kommt nur in Betracht, wenn das Unterlassen des Vertreters kausal für die Rechtsgutsverletzung oder den Schadenseintritt ist. Der organschaftliche Vertreter muss zudem in eigener Person alle Voraussetzungen für den deliktischen Haftungstatbestand erfüllen, wenn keine weitergehende Zurechnungsnorm eingreift.

58

(2) Diese Erfordernisse sind im Streitfall nicht gewahrt.

59

(a) Der Bundesgerichtshof verlangt für eine deliktische Eigenhaftung des gesetzlichen Vertreters aus dem hier jedenfalls nicht verwirklichten § 823 Abs. 1 BGB die Verantwortung des Vertreters aus der mit seinem Geschäftsbereich verbundenen Garantenpflicht zum Schutz Außenstehender vor Gefährdung oder Verletzung ihrer Schutzgüter. Die Garantenpflicht muss sich gerade auf den Schutz absoluter Rechte iSv. § 823 Abs. 1 BGB beziehen (vgl. zB BGH 12. März 1996 - VI ZR 90/95 - zu II 3 und III der Gründe, NJW 1996, 1535 [BGH 12.03.1996 - VI ZR 90/95]; 12. März 1990 - II ZR 179/89 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 110, 323; 5. Dezember 1989 - VI ZR 335/88 - zu II 3 a aa der Gründe, BGHZ 109, 297). Besteht eine Garantenpflicht und verletzt das Unterlassen des gesetzlichen Vertreters ein absolutes Recht, erfüllt der organschaftliche Vertreter bei rechtswidrigem und schuldhaftem Verhalten selbst die Tatbestandsmerkmale des § 823 Abs. 1 BGB. § 823 Abs. 1 BGB richtet sich an jedermann.

60

(b) § 823 Abs. 2 BGB wendet sich demgegenüber nicht an jedermann, sondern nur an den, der ein Schutzgesetz verletzt. Soll ein Schutzgesetz verletzt sein, müssen in der Person des organschaftlichen Vertreters der juristischen Person alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sein, wenn keine darüber hinausgehende gesetzliche Zurechnungsnorm eingreift. Aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 5. Dezember 2008 (- V ZR 144/07 - Rn. 12, NJW 2009, 673), 11. Juli 2006 (- VI ZR 340/04 - Rn. 12 f., NJW-RR 2006, 1713) und 21. April 2005 (- III ZR 238/03 - zu II 5 der Gründe, NJW 2005, 2703 [BGH 21.04.2005 - III ZR 238/03]) ergibt sich nichts anderes. Die Verletzung der dort untersuchten Schutzgesetze war entweder eine Ordnungswidrigkeit oder sie verwirklichte einen Straftatbestand. Zurechnungsnormen waren § 9 Abs. 1 OWiG oder § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB.

61

dd) Besondere Umstände, die es im Einzelfall als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen, wenn lediglich die Arbeitgeberin für die unterbliebene Insolvenzsicherung haftet und nicht auch die Beklagten als frühere Geschäftsführer der Arbeitgeberin, sind weder dargelegt noch ersichtlich (vgl. zu möglichem Rechtsmissbrauch Senat 13. Dezember 2005 - 9 AZR 436/04 - Rn. 50 mwN, BAGE 116, 293).

62

3. Der Senat hat nicht darüber zu entscheiden, ob den Kläger ein Mitverschulden iSv. § 254 Abs. 2 BGB trifft, weil der Kläger das von § 8a Abs. 4 AltTZG aF vorgesehene Verfahren nicht eingehalten hat (vgl. dazu Zwanziger RdA 2005, 226, 240). Für eine Eigenhaftung der Beklagten besteht bereits kein besonderer Haftungsgrund.

63

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.

Düwell
Krasshöfer
Gallner
Furche
Pielenz

Hinweise des Senats:

Führende Entscheidung zu einer teilweisen Parallelsache

Verhältnis zu bisheriger Rechtsprechung:

zu Orientierungssatz 1: st. Rspr., vgl. zB Senat 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - AP ATG § 8a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 5; BAG 24. November 2005 - 8 AZR 1/05 - EzA BGB 2002 § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 2

zu Orientierungssatz 2: Fortführung von Senat 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - AP ATG § 8a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 5; 13. Dezember 2005 - 9 AZR 436/04 - BAGE 116, 293 = AP ATG § 8a Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 4

zu Orientierungssatz 3: Anknüpfung an BVerfG 10. März 2009 - 2 BvR 1980/07 - NJW 2009, 2370; BGH 2. April 2008 - 5 StR 354/07 - BGHSt 52, 182

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