BAföG – Verurteilung wegen Betrugs auch dann, wenn Vermögen schon vor Antragstellung übertragen wurde?

Hochschulrecht
22.10.20112271 Mal gelesen
Wer bei der Inanspruchnahme von BAföG falsche Angaben zu seinem Vermögen macht, muss fast immer mit einer Strafanzeige rechnen. Aber nicht in jedem Fall liegt eine Straftat vor. Jeder Sachverhalt muss individuell bewertet werden.

Wenn ein Bewerber bei Antragstellung Vermögen hatte, das den Freibetrag übersteigt, fordern die BAföG-Ämter regelmässig Leistungen zurück, sofern der Verdacht besteht, dass bei Antragstellung falsche Angaben gemacht wurden.

Hierbei muss aber zwischen zwei Fallgruppen unterschieden werden: Zum einen gibt es die Fälle, in denen zum Zeitpunkt der Antragstellung das Vermögen tatsächlich noch vorhanden ist. Wenn der Bewerber weiß, dass sein Vermögen den Freibetrag übersteigt und vor diesem Hintergrund falsche Angaben macht, ist zumeist auch der Betrugsverdacht begründet. In Niedersachsen müssen alle Vorgänge, bei denen zu Unrecht erhaltene Leistungen nach dem BAföG festgestellt werden, im notwenigen Umfang an die Strafverfolgungsbehörden abgegeben werden.

Daneben gibt es aber auch Fälle, in denen Vermögen noch vor Antragstellung auf Dritte übertragen wird. In diesen Fällen besteht nicht zwingend Betrugsverdacht. Denn laut Gesetz ist nur der Wert des Vermögens zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend (§ 28 Abs. 2 BAföG). Wenn das Vermögen zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr vorhanden ist, kann es nicht berücksichtigt werden. Die Angabe, dass kein Vermögen vorhanden ist, ist deshalb auch nicht automatisch falsch.

Hier wird allerdings häufig eine Besonderheit der Rechtsprechung übersehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat schon vor vielen Jahren entschieden, dass Vermögenswerte auch dann dem Vermögen des Auszubildenden zuzurechnen sind, wenn er sie rechtsmissbräuchlich übertragen hat. Dies ist der Fall, wenn der Auszubildende in zeitlichem Zusammenhang mit der Aufnahme der förderungsfähigen Ausbildung bzw. der Stellung des Antrags auf Ausbildungsförderung oder im Laufe der förderungsfähigen Ausbildung Teile seines Vermögens unentgeltlich oder ohne gleichwertige Gegenleistung an Dritte, insbesondere seine Eltern oder andere Verwandte, übertragen hat.

Aber stellt ein solcher Fall auch einen Betrug dar? Dies kann grundsätzlich vom Ausgang des Verwaltungsgerichtsverfahrens gegen den Rückforderungsbescheid abhängen.

Denn grundsätzlich ist immer zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen die Übertragung erfolgte. Dies zeigt ein Fall, in dem wir den Rückforderungsbescheid des Studentenwerks durch Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht angefochten haben. Ohne den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, erstattete der Sachbearbeiter des Studentenwerks Strafanzeige gegen die Mandantin. Das Verwaltungsgericht wies die Klage zwar ab, bestätigte also die Rückforderung, führte in den Entscheidungsgründen jedoch aus, dass das Verhalten nur "grob fahrlässig", also nicht vorsätzlich war. Diesen Sachverhalt trugen wir der Staatsanwaltschaft vor, die daraufhin das Verfahren mangels Tatverdacht einstellte.

Den Fall haben wir auf unserer Website dokumentiert.

 

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