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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 06.06.2012, Az.: 1 BvR 503/09
Verwendung von Steuern ausschließlich für zivile Zwecke vor dem Hintergrund der Gewissensneutralität des Bundeshaushaltsplans
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 06.06.2012
Referenz: JurionRS 2012, 21358
Aktenzeichen: 1 BvR 503/09
ECLI: [keine Angabe]

BVerfG, 06.06.2012 - 1 BvR 503/09

Redaktioneller Leitsatz:

Die parlamentarische Entscheidung über die Verwendung eines Teils des Steueraufkommens für militärische Zwecke erfolgt im Rahmen der Budgetverantwortung des Bundestages losgelöst von der Beteiligung des einzelnen Steuerzahlers. Einzelne Steuerpflichtige sind daher durch das betreffende Haushaltsgesetz nicht selbst, gegenwärtig und unmittelbar in Grundrechten betroffen.

In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
1. des Herrn Dr. A...,
2. des Herrn Dr. B...,
3. des Herrn B...,
4. der Frau Dr. J...,
5. der Frau M...,
6. des Herrn Dr. P...,
7. der Frau R...,
8. des Herrn R...,
9. des Herrn R...,
10. des Herrn Dr. S...,
gegen das Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009 (Haushaltsgesetz 2009) vom 21. Dezember 2008 (BGBl I S. 2899)
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof,
den Richter Schluckebier
und die Richterin Baer
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 6. Juni 2012 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009 (BGBl I 2008, S. 2899 ff.). Die im darin festgestellten Bundeshaushaltsplan vorgesehene Verwendung ihrer Steuern für Rüstung, Militär und Kriegseinsätze sei mit ihrem Gewissen nicht vereinbar. Die Haushaltsgesetzgebung müsse so gewissensneutral ausgestaltet sein, dass alle von ihnen entrichteten Steuern nur für zivile Zwecke verwendet werden.

2

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist. Die Beschwerdeführer sind hinsichtlich des Gegenstands ihrer Verfassungsbeschwerde nicht beschwerdebefugt.

3

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz ist, dass der Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch das Gesetz in Grundrechten betroffen ist. Setzt das Gesetz für seinen Vollzug rechtsnotwendig einen besonderen, vom Willen der vollziehenden Gewalt beeinflussten Vollziehungsakt voraus, so fehlt es an der unmittelbaren Betroffenheit (vgl. BVerfGE 1, 97 [BVerfG 19.12.1951 - 1 BvR. 220/51] <101 ff.>; 55, 349 <362>; 102, 197 <206 f.>).

4

Die Beschwerdeführer sind durch die gemäß § 1 des angegriffenen Haushaltsgesetzes in dem Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009 getroffene Feststellung der Ausgaben für das Bundesministerium der Verteidigung (Einzelplan 14) nicht in diesem Sinne unmittelbar in Grundrechten betroffen. Ihnen gegenüber entfalten das Haushaltsgesetz und der darin festgestellte Haushaltsplan keine unmittelbaren rechtlichen Wirkungen. Haushaltsgesetz und Haushaltsplan ermächtigen lediglich die Exekutive, Ausgaben zu leisten und Verpflichtungen einzugehen (vgl. § 3 Bundeshaushaltsordnung; BVerfGE 55, 349 [BVerfG 16.12.1980 - 2 BvR 419/80] <362>). Sie wirken daher in aller Regel nur im Organbereich zwischen Bundestag und Bundesregierung (vgl. BVerfGE 38, 121 [BVerfG 22.10.1974 - 1 BvL 3/72] <125>; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 90 Rn. 210 <März 2010>).

5

Hier bedarf keiner Entscheidung, ob ein Einzelner durch die Feststellung von Ausgaben im Haushaltsplan überhaupt jemals unmittelbar in Rechten betroffen sein kann. Für die vorliegende Fallgestaltung ist dies jedenfalls zu verneinen. Die parlamentarische Entscheidung über die Verwendung eines Teils des Steueraufkommens für militärische Zwecke erfolgt im Rahmen der Budgetverantwortung des Bundestages (vgl. Art. 110 Abs. 2 GG) losgelöst von der Beteiligung des einzelnen Steuerzahlers. Für einzelne Steuerpflichtige ist weder rechtserheblich noch ersichtlich, in welchen Haushalt Steuerzahlungen fließen und welchem konkreten Verwendungszweck sie innerhalb eines bestimmten Haushalts dienen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juni 2003 - 2 BvR 1775/02 -, NJW 2003, S. 2600). Den Beschwerdeführern wird daher durch das angegriffene Haushaltsgesetz kein eigenständiges Verhalten abverlangt, das zu einer unmittelbaren Grundrechtsbetroffenheit führen könnte.

6

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Kirchhof

Schluckebier

Baer

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