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Kündigungsschutz - Schwellenwert

 Normen 

§ 23 KSchG

 Information 

1. Allgemein

Seit dem 01.01.2004 besteht für den Schwellenwert des Anwendungsbereiches des Kündigungsschutzgesetzes gemäß § 23 KSchG folgende Rechtslage (Kleinbetriebsklausel):

  • Kündigungsschutz besteht grundsätzlich in Betrieben und Verwaltungen mit in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmern.

    Im öffentlichen Dienst muss der Schwellenwert in der Verwaltung überschritten werden, in der der Arbeitnehmer beschäftigt ist. Dabei ist jedenfalls eine Einheit, die als Arbeitgeber eine eigene Rechtspersönlichkeit aufweist, als Verwaltung anzusehen (BAG 05.11.2009 - 2 AZR 383/08).

    § 23 KSchG enthält ebenso wie das gesamte Kündigungsschutzgesetz keine Definition des Betriebsbegriff. Es gilt der Betriebsbegriff iSd. § 1 BetrVG. Danach ist der Betrieb die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mithilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt. Mangels entgegenstehender Hinweise ist davon auszugehen, dass der Betriebsbegriff im gesamten Kündigungsschutzgesetz einheitlich gebraucht wird (BAG 19.07.2016 - 2 AZR 468/15).

  • Der Gesetzgeber hat jedoch einen Bestandsschutz für die Arbeitnehmer vorgesehen, die nach der bis zum 31.12.2003 geltenden Regelung vom Anwendungsbereich des Kündigungsschutzes erfasst worden waren. Danach ist wie folgt zu differenzieren:

    Bei der Feststellung, ob der Betrieb oder die Verwaltung mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, werden Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am 01.01.2004 begonnen hat, bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht mitgezählt.

    Dies bedeutet Folgendes: Alt-Arbeitnehmer in Kleinbetrieben mit bis zu zehn Beschäftigten, die nach der vormaligen Regelung Kündigungsschutz genossen hatten, behalten ihr Kündigungsschutzrecht, auch wenn der Betrieb, z.B. durch Neueinstellungen seit dem 01.01.2004 auf z.B. acht Arbeitnehmer angewachsen ist.

2. Berechnung

Bei der Berechnung der Betriebsgröße werden Auszubildende nicht mitgerechnet.

Die Anzahl der Arbeitnehmer wird dabei nicht nch Köpfen, sondern Zeitanteilen nach folgenden Umrechnungsschlüssel berechnet:

In Elternzeit befindliche Arbeitnehmer sind bei der Berechnung der Betriebsgröße grundsätzlich mitzurechnen. Sofern jedoch für den jeweiligen Arbeitnehmer vollschichtig oder teilweise eine Ersatzkraft eingestellt ist, ist diese anteilsmäßig anzurechnen. Es kommt zu keiner doppelten Berücksichtigung.

Entscheidender Zeitpunkt für die Berechnung des Schwellenwerts sind die Größenverhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.

Die Beschäftigtenzahl muss nach dem Wortlaut des Gesetzes "in der Regel" erreicht werden:

Zur Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl bedarf es deshalb nach der Rechtsprechung eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke des Betriebes und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung, d.h. diejenige Personalstärke, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist (BAG 31.01.1991 - 2 AZR 356/90). Dabei darf der Begriff "in der Regel" allerdings nicht im Sinne einer Durchschnittsberechnung ("rechnerischer Jahresdurchschnitt") verstanden werden. Vielmehr kommt es auf die Zahl der regelmäßig vorhandenen Arbeitsplätze aufgrund des Stellenplans bzw. der Personalplanung im Betrieb an (LAG Hamm 03.04.1997 - 4 Sa 693/96).

3. Beispiele zur Berechnung bei dem Bestehen von Bestandsschutz

  • Der Betrieb/die Verwaltung beschäftigte vor und nach dem 31.12.2003 nicht mehr als fünf Arbeitnehmer:

    Sämtliche Arbeitnehmer unterliegen nicht dem Kündigungsschutz.

  • Der Betrieb/die Verwaltung beschäftigte bis zum 31.12.2003 nicht mehr als fünf und seit dem 01.01.2004 nicht mehr als zehn Arbeitnehmer:

    Sämtliche Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf den Kündigungsschutz.

  • Der Betrieb/die Verwaltung beschäftigte bis zum 31.12.2003 zwischen 5,25 und zehn Arbeitnehmer, seit dem 01.01.2004 bzw. nach dem aktuellen Stand nicht mehr als zehn Arbeitnehmer:

    Kündigungsschutz besteht nur für die Beschäftigungsverhältnisse, die bereits am 31.12.2003 bestanden.

  • Der Betrieb/die Verwaltung beschäftigte bis zum 31.12.2003 zwischen 5,25 und zehn Arbeitnehmer, seit dem 01.01.2004 bzw. nach dem aktuellen Stand mehr als zehn Arbeitnehmer:

    Die Arbeitsverhältnisse unterliegen insgesamt dem Kündigungsschutz.

  • Aber: Reduziert sich die Anzahl der Alt-Beschäftigten auf fünf und weniger Arbeitnehmer, so verlieren auch die Alt-Arbeitnehmer ihren Kündigungsschutz, da sie ihn ja auch nach der bis zum 31.12.2003 bestandenen Regelung nicht behalten hätten (BAG 21.09.2006 - 2 AZR 840/05).

    Der Kündigungsschutz ist dann für die Alt-Beschäftigten unwiederbringlich verloren, da Neueinstellungen nicht als Ersatz für die Alt-Beschäftigten zählen.

4. Beweislast

Die Darlegungs- und Beweislast für die betrieblichen Geltungsvoraussetzungen trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer. Etwaigen Schwierigkeiten, die sich mangels eigener Kenntnismöglichkeiten ergeben, ist durch die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast Rechnung zu tragen (BAG 19.07.2016 - 2 AZR 468/15; BAG 24.01.2013 - 2 AZR 140/12).

 Siehe auch 

Arbeitsgerichtlicher Rechtsstreit

Betrieb

Kündigung - Arbeitsrecht

Kündigungsschutzklage

Personenbedingte Kündigung

Unternehmen

Verhaltensbedingte Kündigung

Röbke: Der Bestandsschutz im Kündigungsschutz. Zu den Nachwirkungen der Entscheidung des BAG v. 21.09.2006 auf die Schwellenwert-Besitzstandsregelung des § 23 KSchG; Fachanwalt Arbeitsrecht - FA 2007, 369