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Arbeitnehmerkapitalbeteiligung

 Normen 

§ 19a EStG

BT-Drs. 19/27631 (zu § 19a EStG)

 Information 

1. Allgemein

Viele Unternehmen in Deutschland bieten ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine materielle Beteiligung am eigenen Unternehmen an. Dabei kommen verschiedene Formen zur Anwendung, z.B. Mitarbeiterdarlehen, Mitarbeiteraktien oder stille Beteiligungen; gelegentlich kommt es auch zur vollständigen Übernahme eines Unternehmens. Trotz aller bisherigen Initiativen und Maßnahmen ist die Beteiligung der Mitarbeiter an ihren Unternehmen in Deutschland im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich ausgeprägt.

Die häufigste Form der Mitarbeiterbeteiligung ist die Belegschaftsaktie. Sie wird nach einer aktuellen Untersuchung von 1,42 Millionen Arbeitnehmern in 620 Unternehmen genutzt. Stille Beteiligungen sind bei GmbHs und Personengesellschaften das am meisten verbreitete Modell der Mitarbeiterkapitalbeteiligung.

Relativ verbreitete Beteiligungsformen sind auch Genussscheine. Mitarbeiterdarlehen und indirekte Beteiligungen über verbundene Unternehmen, Genossenschafts- und GmbH-Anteile spielen dagegen zahlenmäßig eine eher geringe Rolle.

2. Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 39 EStG

In § 3 Nr. 39 EStG ist die steuerbegünstigte Überlassung von bestimmten Vermögensbeteiligungen i.S.d. Fünften Vermögensbildungsgesetzes geregelt.

Gemäß § 3 Nr. 39 EStG werden zum einen für Arbeitnehmer Vorteile aus einer direkten Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers steuerfrei gestellt. Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes sind alle Arbeitgeber, die dem gleichen Konzern angehören. Der steuerfreie Höchstbetrag beträgt seit dem 01.07.2021 1.440,00 EUR (zuvor 360,00 EUR).

Voraussetzungen der Steuerbegünstigung sind,

  • dass auf die Vermögensbeteiligung kein Rechtsanspruch besteht (freiwillige Leistung). Dies kann der Arbeitgeber beispielsweise durch die Erklärung eines Freiwilligkeitsvorbehalts sicherstellen.

  • dass die Vermögensbeteiligung zusätzlich zu den ohnehin geschuldeten Leistungen gewährt wird. Somit darf die Beteiligung auch nicht auf bestehende oder künftige Lohnansprüche angerechnet werden. Verbindliche Regelungen über die Verteilungsgrundsätze, also der Maßstäbe, nach denen der vorgegebene finanzielle Rahmen verteilt werden soll, sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/10531) dagegen für die Steuerfreiheit der Überlassung unschädlich.

  • dass die Leistung an alle Arbeitnehmer gewährt wird, die seit einem Jahr bei dem Unternehmen ununterbrochen beschäftigt sind. Die Leistungszusage gilt bei einem Konzernunternehmen aber nicht für die Beschäftigten der übrigen Konzernunternehmen.

Der Zuflusszeitpunkt bestimmt sich nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/10531) nach den allgemeinen lohnsteuerlichen Regelungen. Ein Zufluss von Arbeitslohn liegt hiernach vor, wenn der Arbeitnehmer über die Vermögensbeteiligung wirtschaftlich verfügen kann.

3. Steuerfreiheit nach § 19a EStG

Mit dem zum 01.07.2021 neu eingefügten § 19a EStG können Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zusätzlich zum Arbeitslohn eine Kapitalbeteiligung an ihrem Unternehmen zukommen lassen. Diese ist bei Vorliegen der Voraussetzungen steuerfrei.

Mit der Regelung sollen insbesondere Start-up-Unternehmen gefördert werden, die in der Gründungs- und Wachstumsphase oft nicht in der Lage sind, hohe Vergütungen zu zahlen, da sie noch keine Gewinne erwirtschaften. In dieser Phase ist es aber noch wichtiger als sonst, besonders qualifiziertes und motiviertes Personal zu beschäftigen und zu halten. Hier kann das niedrige Gehalt durch eine Arbeitnehmerkapitalbeteiligung aufgewertet werden.

Anwendungsbereich:

Der Anwendungsbwereich des § 19a EStG ist zwar nicht auf Start-ups begrenzt, aber gemäß § 19a Abs. 3 EStG werden nur Arbeitnehmer von KMU-Unternehmen gefördert, deren Gründung nicht mehr als zwölf Jahre zurückliegt.

Hinsichtlich der einzelnen Vermögensbeteiligungen wird auf den Anlagekatalog des Fünften Vermögensbildungsgesetzes verwiesen. Es werden nur Vermögensbeteiligungen an dem Unternehmen des Arbeitgebers gefördert. Sogenannte virtuelle Beteiligungen, also Bonusversprechen des Arbeitgebers, fallen nicht unter die Regelung. Jedoch kann sich z.B. nach Ausübung einer Aktienoption und dem darauffolgenden vergünstigten Bezug von Aktien ein steuerlich begünstigter Tatbestand ergeben ("Vermögensbeteiligungen ... verbilligt übertragen").

Die Vermögensbeteiligungen müssen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden; Entgeltumwandlungen etc. sind nicht begünstigt.

Spätere Besteuerung:

Die Besteuerung erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt. In § 19 Abs. 4 EStG sind drei Tatbestände aufgeführt, die den Zeitpunkt der nachträglichen Besteuerung festsetzen:

  • Die nachträgliche entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung der Vermögensbeteiligung durch den Arbeitnehmer an einen Dritten.

  • Wenn seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung zwölf Jahre vergangen sind.

  • Wenn das Dienstverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber beendet wird.

    Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/27631) ist ein Betriebsübergang nach § 613a BGB ist in diesem Zusammenhang keine Beendigung des Dienstverhältnisses.

Sozialversicherungspflicht:

Das nicht besteuerte Arbeitsentgelt aus der Übertragung einer Vermögensbeteiligung unterliegt gleichwohl der Sozialversicherungspflicht

 Siehe auch 

Arbeitsvertrag

Außertarifliche Angestellte

Hamacher/Jeuckens: Steuerliche Begünstigung von Mitarbeiterbeteiligungen für Start-ups und KMU; Neue Wirtschafts-Briefe - NWB 2021, 964