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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 30.10.2014, Az.: BLw 1/14
Anforderungen an die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses mit Erbschein
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.10.2014
Referenz: JurionRS 2014, 27767
Aktenzeichen: BLw 1/14
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Bad Segeberg - 27.08.2012 - AZ: 2 Lw 7/08

OLG Schleswig - 31.10.2013 - AZ: 2 L WLw 3/13

Rechtsgrundlage:

Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGGRG

BGH, 30.10.2014 - BLw 1/14

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 30. Oktober 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Senats für Landwirtschaftssachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 31. Oktober 2013 wird auf Kosten der Beteiligten zu 2 und zu 3, die der Beteiligten zu 1 auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten haben, als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 262.463 €.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte zu 1 ist eine Enkelin des im August 2007 verstorbenen Erblassers. Dieser war Eigentümer einer in Schleswig-Holstein belegenen Hofstelle, hatte deren Bewirtschaftung jedoch bereits mehrere Jahrzehnte vor seinem Tode eingestellt und die Flächen an Dritte verpachtet. Die Beteiligten streiten um das Erbrecht an dem zum Hof gehörenden Vermögen.

2

Die Beteiligte zu 1 hat die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses mit Erbschein beantragt. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind dem entgegengetreten und haben ihrerseits die Feststellung beantragt, dass das landwirtschaftliche Grundvermögen des Erblassers bei seinem Ableben kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr gewesen sei. Das Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht) hat den Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und dem Antrag der Beteiligten zu 2 und 3 entsprochen. Das Oberlandesgericht (Landwirtschaftssenat) hat umgekehrt entschieden. Mit der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 2 und 3 ihre Anträge weiter.

II.

3

Nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGGRG sind auf das Rechtsmittel die bis zum 1. September 2009 geltenden Vorschriften über die Rechtsbeschwerde in den §§ 24 ff. LwVG anzuwenden. Danach ist die Rechtsbeschwerde nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG aF) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG aF nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG aF zulässig. Daran fehlt es jedoch.

4

Eine Divergenz in diesem Sinne liegt nur vor, wenn das Beschwerdegericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz (Obersatz) gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1983 - V BLw 18/83, BGHZ 89, 149, 151). Diese Abweichung ist von der Rechtsbeschwerde aufzuzeigen. Ein Hinweis auf Unterschiede in einzelnen Elementen der Begründung der miteinander verglichenen Entscheidungen reicht für die Statthaftigkeit der Abweichungsrechtsbeschwerde ebenso wenig aus wie ein Hinweis auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall (st. Rspr., vgl. schon Senat, Beschluss vom 1. Juni 1977 V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328; Beschluss vom 19. Februar 2004 - BLw 24/03, NL-BzAR 2004, 192, 193).

5

2. Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerde nicht gerecht.

6

a) In der Rechtsmittelbegründung werden zwar zwei Rechtsfragen (zu den Voraussetzungen des Verlusts der Hofeigenschaft nach § 1 Abs. 3 HöfeO und zur Wirtschaftsfähigkeit des Hoferben nach § 6 Abs. 6 HöfeO) genannt; es fehlt jedoch an der Darlegung einer Divergenz im vorgenannten Sinne.

7

aa) Welche Bedeutung das Oberlandesgericht Oldenburg im Zusammenhang mit der Frage des Wiederanspannens eines landwirtschaftlichen Betriebes in dem Beschluss vom 30. April 2009 (10 W 17/09, FamRZ 2010, 1274 ff.) dem Umstand beigemessen hat, dass der aus einer künftigen Eigenbewirtschaftung des Hofes erzielbare Ertrag hinter dem aus dessen Verpachtung bisher erzielten zurückbleibt, kann dahinstehen. Selbst wenn jenes Oberlandesgericht diesem Umstand ein anderes Gewicht als das Beschwerdegericht zuerkannt haben sollte, läge darin keine - für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde allein entscheidende - Abweichung in Rechtssätzen, sondern eine unterschiedliche Beurteilung des Beweiswerts eines Indizes im Rahmen einer tatrichterlichen Beweiswürdigung, bei der alle in Betracht kommenden Tatsachen heranzuziehen sind (vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 1995 - BLw 73/94, NJW-RR 1955, 1155, 1156; Beschluss vom 29. November 2013 - BLw 4/12, NJW-RR 2014, 243 Rn. 43).

8

Die von der Rechtsbeschwerde aufgezeigten Unterschiede in der tatrichterlichen Würdigung einzelner Sachverhaltselemente vermögen die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch deshalb nicht zu begründen, weil sich die von der Rechtsbeschwerde benannten Indiztatsachen in der Vergleichs- und in der angefochtenen Entscheidung in dem für die Beurteilung maßgebenden Punkt unterscheiden. In der Vergleichsentscheidung war der aus der Verpachtung erzielte Ertrag von 9.360 € jährlich deutlich höher als der prognostizierte Gewinn aus der Eigenbewirtschaftung von 5.846 € jährlich, während nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts hier der aus der Bewirtschaftung erzielbare Ertrag von 11.300 € jährlich den aus der Verpachtung erzielten Gewinn von 1.677,84 € übersteigt.

9

bb) Gleiches gilt für das Vorbringen zur fehlenden Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 1. Die vorgetragene Divergenz zu dem Senatsbeschluss vom 25. Mai 1966 (V BLw 52/66, LM Nr. 19 zu § 6 HöfeO) besteht schon deswegen nicht, weil der Senat die Fähigkeit eines Hoferben, mit der Aufstellung und der Durchführung eines Wirtschaftsplans vertraut zu sein, als Voraussetzung für die Wirtschaftsfähigkeit des Bewirtschafters eines größeren Hofes beschreibt, während es hier nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts um die Erbfolge in einen kleineren Hof mit einer unterdurchschnittlichen Betriebsgröße geht.

10

b) Das weitere Vorbringen, wonach das Beschwerdegericht gegen die Pflicht verstoßen haben soll, auf seine - von dem erstinstanzlichen Gericht abweichende - Beurteilung der Rechtslage vorab hinzuweisen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, führt nicht zur Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 24 LwVG aF; denn diese kann weder auf die Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) noch der allgemeinen Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) noch des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 22 LwVG i.V.m. § 12 FGG aF) gestützt werden (Senat, Beschluss vom 30. November 1989 - BLw 10/89, [...] Rn. 8).

III.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG und die Bestimmung des Gegenstandswerts auf § 36 Abs. 1, § 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG.

12

Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens bestimmt sich gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG nach den Anträgen der Rechtsmittelführer, deren Interesse an der (negativen) Feststellung nach § 11a HöfeVfO sich nach den geltend gemachten Erbanteilen von 2/3 am Hofvermögen bemisst. Dessen Wert ist gemäß § 36 Abs. 1 GNotKG nach dem (von dem Beschwerdegericht auf 393.695 € geschätzten) Verkehrswert zu bestimmen. Die Privilegierung in § 48 GNotKG ist nach ihrem Zweck, die Erhaltung und die Fortführung von Höfen im Familienbesitz zu ermöglichen (vgl. Diehn in Bormann/ Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, § 48 Rn. 1), auf einen negativen Feststellungsantrag, mit dem geltend gemacht wird, dass das zum Hof gehörende Vermögen sich nach dem allgemeinen Erbrecht vererbt hat (vgl. OLG Celle, RdL 2000, 193, 194), nicht anzuwenden.

Stresemann

Lemke

Czub

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