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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 15.10.2013, Az.: 3 StR 282/13
Anforderungen an die Feststellung des subjektiven Tatbestands für eine Verurteilung wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines 13-jährigen Kindes
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 15.10.2013
Referenz: JurionRS 2013, 52045
Aktenzeichen: 3 StR 282/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Mönchengladbach - 18.01.2013

Fundstellen:

NStZ-RR 2014, 362

NStZ-RR 2014, 367

StV 2014, 413

Verfahrensgegenstand:

Vergewaltigung u.a.

BGH, 15.10.2013 - 3 StR 282/13

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) und 2. auf dessen Antrag - am 15. Oktober 2013 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 18. Januar 2013 wird

    1. a)

      das Verfahren hinsichtlich der Tatvorwürfe III. 3 und III. 4 der Urteilsgründe vorläufig eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

    2. b)

      das Urteil aufgehoben,

      aa) im Fall III. 1 der Urteilsgründe; insoweit bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten;

      bb) mit den zugehörigen Feststellungen im gesamten verbleibenden Strafausspruch.

      Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  2. 2.

    Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, sexueller Nötigung in drei Fällen und sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Schuldspruch wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes im Fall III. 1 hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat insoweit zwar festgestellt, dass der Angeklagte die damals dreizehnjährige Schulfreundin seiner Stieftochter veranlasste, sein Geschlechtsteil in den Mund zu nehmen. Ein solches Verhalten erfüllt aber nur dann den subjektiven Tatbestand der § 176 Abs. 1 und § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB, wenn der Täter bezüglich des kindlichen Alters seines Opfers zumindest bedingt vorsätzlich handelt (LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 176 Rn. 19 mwN). Hierzu hat die Strafkammer keine Feststellungen getroffen. Dass der Angeklagte bei Begehung der Tat im Mai 2009 und damit rund sieben Monate vor dem 14. Geburtstag des Mädchens jedenfalls mit der Möglichkeit rechnete, dass das Tatopfer noch nicht vierzehn Jahre alt war, und dies billigend in Kauf nahm, lässt sich weder der Schilderung des äußeren Sachverhalts noch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen.

3

Das Urteil war deshalb insoweit aufzuheben. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Sachverhalt können allerdings aufrechterhalten bleiben.

4

2. Hinsichtlich der Fälle III. 2, 5 und 6 der Urteilsgründe hat der Strafausspruch keinen Bestand. Die Strafkammer hat insoweit zuungunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die Geschädigte sich tatbedingt nicht nur mehrfachen polizeilichen Vernehmungen und den Explorationsgesprächen für das aussagepsychologische Gutachten stellen musste, sondern auch der Zeugenvernehmung durch die Kammer. Die Vernehmungen der Geschädigten sowie deren Glaubhaftigkeitsbegutachtung, die durch Besonderheiten in ihrer Persönlichkeit veranlasst war, waren jedoch nur deshalb erforderlich, weil der Angeklagte die Tat bestritten hat. Hierzu war er befugt. Ein zulässiges Prozessverhalten des bestreitenden Angeklagten darf aber nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2000 - 2 StR 401/00, BGHR StGB § 176 Abs. 1 Strafzumessung 4; vgl. auch Beschluss vom 13. Juni 2000 - 4 StR 179/00, StV 2002, 74 f.). Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die rechtsfehlerhafte Berücksichtigung der genannten Umstände bei den Einzelstrafen in den verbleibenden Fällen III. 2, 5 und 6 zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, war das Urteil in den Einzelstrafaussprüchen und damit auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufzuheben.

5

Der neue Tatrichter wird unter Berücksichtigung seiner Entscheidung im Fall III. 1 sowie der erfolgten Einstellungen den Schuldspruch insgesamt neu zu fassen haben.

Becker

Pfister

Schäfer

Gericke

Spaniol

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