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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 08.12.2009, Az.: 4 ARs 17/09
Verlesung einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle bei Verlesung des Anklagesatzes als dem Informationsbedürfnis dienend
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.12.2009
Referenz: JurionRS 2009, 28257
Aktenzeichen: 4 ARs 17/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgegenstand:

Betrug
hier: Anfragebeschluss des 1. Strafsenats vom 2. September 2009 - 1 StR 260/09 - gemäß § 132 Abs. 3 GVG

BGH, 08.12.2009 - 4 ARs 17/09

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Zur Verdeutlichung und ergänzenden Erläuterung des Anklagesatzes darf auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zurückgegriffen werden; dabei begegnet es auch keinen Bedenken, wenn die weitere Konkretisierung nicht dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen, sondern einer Anlage zur Anklage entnommen werden kann.

  2. 2.

    Durch die Verlesung des Anklagesatzes sollen die Richter, die an der Hauptverhandlung teilnehmen und diesen noch nicht kennen, darüber informiert werden, auf welchen geschichtlichen Vorgang sich das Verfahren bezieht und auf welche Verfahrensvorgänge sie daher ihr besonderes Augenmerk zu richten haben; die übrigen Verfahrensbeteiligten sollen Gewissheit darüber erlangen, auf welche Tat(en) sie ihr Angriffs- und Verteidigungsvorbringen einzurichten haben.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 8. Dezember 2009
beschlossen:

Tenor:

Der Senat stimmt der Rechtsansicht des anfragenden 1. Strafsenats zu.

Er gibt möglicherweise entgegenstehende eigene Rechtsprechung auf.

Gründe

1

Der 4. Strafsenat folgt der Rechtsauffassung des anfragenden Senats und hält an möglicherweise entgegenstehender eigener Rechtsprechung nicht fest.

2

1.

Die Umgrenzungsfunktion der Anklage sieht der Senat durch die beabsichtigte Rechtsprechung nicht gefährdet. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass zur Verdeutlichung und ergänzenden Erläuterung des Anklagesatzes auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zurückgegriffen werden kann (vgl. nur BGHSt 46, 130, 134 m.N.). Nach Ansicht des Senats begegnet es auch keinen Bedenken, wenn die weitere Konkretisierung nicht dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen, sondern einer Anlage zur Anklage entnommen werden könnte. Denn auch dann stünde zweifelsfrei fest, innerhalb welcher tatsächlichen Grenzen sich die Hauptverhandlung und die Urteilsfindung gemäß §§ 155, 264 StPO zu bewegen haben.

3

2.

Durch die Verlesung des Anklagesatzes sollen die Richter, die an der Hauptverhandlung teilnehmen und diesen noch nicht kennen, darüber informiert werden, auf welchen geschichtlichen Vorgang sich das Verfahren bezieht und auf welche Verfahrensvorgänge sie daher ihr besonderes Augenmerk zu richten haben. Die übrigen Verfahrensbeteiligten sollen Gewissheit darüber erlangen, auf welche Tat(en) sie ihr Angriffs- und Verteidigungsvorbringen einzurichten haben (vgl. BGH NJW 1982, 1057; BGHR StPO § 243 Abs. 3 Anklagesatz 2). Schließlich dient die Verlesung des Anklagesatzes auch der Unterrichtung der Öffentlichkeit über den Verfahrensgegenstand. Der Senat teilt die Auffassung des anfragenden Senats, dass durch die unter Umständen stundenlange Verlesung einer ins Einzelne gehenden Darstellung einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle für dieses Informationsbedürfnis nichts gewonnen würde. Eine solche Verfahrensweise wäre in vielen Fällen vielmehr eher kontraproduktiv.

Tepperwien
Solin-Stojanovic
Ernemann
Franke
Mutzbauer

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