Wiederaufgreifen des Verfahrens
Erneute Aufnahme des Verfahrens nach Eintritt der Unanfechtbarkeit.
1. Allgemein
Auch eine durch die Bestandskraft des Verwaltungsaktes unanfechtbare Entscheidung kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen durch die Behörde abgeändert werden.
Das Wiederaufgreifen des Verfahrens ist eine reine Verfahrensvorschrift. Die materielle Entscheidung richtet sich nach den Vorschriften über die Rücknahme und den Widerruf eines Verwaltungsaktes.
2. Voraussetzungen
- a)
Formelle Voraussetzungen (die Voraussetzungen müssen vollzählig vorliegen):
Der Betroffene hat einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt.
Der Verwaltungsakt ist unanfechtbar geworden.
Der Betroffene war ohne grobes Verschulden außer Stande, den Grund für das Wiederaufnahmeverfahren in einem früheren Verfahren bzw. durch Rechtsbehelf geltend zu machen.
Der Antrag wurde binnen drei Monaten, beginnend mit der Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes, gestellt.
- b)
Materielle Voraussetzungen (Das Vorliegen einer Voraussetzung reicht aus):
Es sind Änderungen in der dem Verwaltungsakt zu Grunde liegenden Sach- und Rechtslage eingetreten.
Es liegen neue Beweismittel vor.
Es ist ein in § 580 ZPO genannter Wiederaufnahmegrund gegeben.
"Neue Beweismittel" i.S. des § 51 VwVfG sind nur solche, die schon in dem ersten Verwaltungsverfahren vorlagen, aber dem Betroffenen nicht bekannt bzw. durch ihn nicht verfügbar waren.
3. Entscheidung über die Wiederaufnahme
Sind die Voraussetzungen gegeben, ist die Behörde verpflichtet, das Verfahren wieder aufzunehmen, sie ist in ihrer Entscheidung gebunden.
In allen anderen Fällen unterliegt es dem Ermessen der Behörde, das Verfahren wieder aufzunehmen.
4. Folgen des Wiederaufgreifen
Hat die Behörde das Verfahren wieder aufgenommen, entscheidet sie, ob die bereits ergangene Entscheidung durch eine Rücknahme bzw. einen Widerruf aufgehoben werden kann.
5. Rechtsmittel
Lehnt die Behörde im Falle der gebundenen Entscheidung die Wiederaufnahme ab, kann der Betroffene Verpflichtungsklage gemäß § 42 VwGO vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben.
Hatte die Behörde nur eine Ermessensentscheidung zu treffen, kann der Betroffene die Entscheidung mit der Bescheidungsklage gemäß § 113 Abs. 5 anfechten
Rücknahme eines Verwaltungsaktes