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Wettbewerbsverbot - Arbeitsrecht

 Normen 

§ 110 GewO

§§ 74 ff. HGB

 Information 

1. Während des Arbeitsverhältnisses

Allgemein ist es dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Treuepflicht untersagt, während des bestehenden Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Nebentätigkeit dem Arbeitgeber Konkurrenz zu machen.

Daneben hat das Bundesarbeitsgericht mit der Entscheidung BAG 26.09.2007 - 10 AZR 511/06 die §§ 60, 61 HGB für alle Arbeitsverhältnisse anwendbar erklärt: Danach ist es dem Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses verwehrt, selbstständig oder bei einem anderen Arbeitgeber der Branche (Konkurrenztätigkeit) zu arbeiten. Eine Verletzung dieser Pflicht begründet einen Schadensersatzanspruch, der jedoch gemäß § 61 Abs. 2 HGB innerhalb von drei Monaten verjährt.

Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt dabei während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Ein Arbeitnehmer darf deshalb grundsätzlich auch nach Zugang einer von ihm gerichtlich angegriffenen fristlosen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit ausgeübt haben, falls sich die Kündigung später als unwirksam herausstellt. Er ist in der Regel auch während des - für ihn erfolgreichen - Kündigungsschutzprozesses an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden. Aber:

Auf diese Besonderheiten ist bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz der Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers zumutbar ist, Bedacht zu nehmen. Es spricht dabei zugunsten des Arbeitnehmers, wenn die Wettbewerbstätigkeit erst durch die frühere - unwirksame - Kündigung ausgelöst worden ist. Auch ist zu berücksichtigen, ob der Wettbewerb auf eine dauerhafte Konkurrenz zum bisherigen Arbeitgeber angelegt ist oder zunächst nur eine Übergangslösung für den Schwebezustand bis zur Klärung der Rechtslage darstellt (BAG 23.10.2014 - 2 AZR 644/13).

Das Wettbewerbsverbot kann auch allgemein als Vertragsstrafe (bei Beachtung der Vorgaben an eine wirksame Vertragsstrafe) im Arbeitsvertrag vereinbart werden.

2. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

2.1 Allgemein

Rechtsgrundlage sind die §§ 74 ff. HGB. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann allgemein gelten (jegliche Tätigkeit in der Branche) oder partiell (Aufnahme einer bestimmten Tätigkeit in der Branche).

Wettbewerbsverbote können mit allen Arbeitnehmern vereinbart werden, ausgenommen sind nur Auszubildende, Minderjährige und Arbeitnehmer mit sehr geringem Einkommen.

2.2 Voraussetzungen

Wettbewerbsverbote sind grundsätzlich nur wirksam und verbindlich, wenn sie schriftlich vereinbart wurden, die Dauer von zwei Jahren nicht überschreiten und dem Arbeitnehmer während ihrer Dauer eine Karenzentschädigung von wenigstens der Hälfte der zuletzt gezahlten Arbeitsvergütung gezahlt wird.

Der Anspruch erstreckt sich gemäß § 74 Abs. 2 HGB auf alle Vergütungsbestandteile. Sachbezüge sind mit ihrem entsprechenden Wert zu berücksichtigen. Bei Vergütungen in unterschiedlicher Höhe (z.B. durch Tantieme, Provisionen) ist gemäß § 74b Abs. 2 HGB bei der Berechnung der Entschädigung der Durchschnitt der letzten drei Jahre in Ansatz zu bringen.

Wettbewerbsverbote sind unverbindlich, wenn sie nicht ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers schützen, sondern z.B. lediglich den Arbeitsplatzwechsel eines Arbeitnehmers erschweren sollen oder den ausgeschiedenen Partner / Arbeitnehmer als Mitbewerber ausschalten sollen.

Ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers besteht, wenn das Wettbewerbsverbot entweder dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dient oder den Einbruch eines ausgeschiedenen Mitarbeiters in den Kunden- oder Lieferantenkreis unter Ausnutzung besonderer Kenntnisse oder persönlicher Kontakte verhindern soll. Das bloße Interesse, Konkurrenz einzuschränken, genügt nicht. Die Reichweite des Verbots muss sowohl sachlich als auch örtlich und zeitlich von einem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt sein. Wettbewerbsverbote sind dynamisch. Ihre genaue Reichweite steht regelmäßig erst im Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers fest. Bis dahin können sich die tatsächlichen Verhältnisse zugunsten beider Parteien immer wieder verändern (BAG 21.04.2010 - 10 AZR 288/09).

2.3 Unwirksamkeit

Ein Wettbewerbsverbot ist unwirksam, wenn zwar ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wird, das Arbeitsverhältnis jedoch vor Aufnahme der Tätigkeit wieder gelöst wird und der Arbeitnehmer die Tätigkeit nicht aufnimmt. Die Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung entfällt in diesem Fall (BAG 26.05.1992 - 9 AZR 27/91).

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist jedoch nach der Entscheidung BAG 28.06.2006 - 10 AZR 407/05 wirksam, wenn das Arbeitsverhältnis zunächst in Vollzug gesetzt wurde, dann aber in der Probezeit wieder gelöst wurde. Etwas anderes gilt nur, wenn die Parteien eine dahin gehende eindeutige Vereinbarung geschlossen haben.

Nach § 74 Absatz 1 Satz 1 HGB büßt ein zu weit gefasstes Wettbewerbsverbot seine Wirksamkeit nicht insgesamt, sondern nur teilweise ein. Es wird aufgrund der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls auf das erlaubte Maß zurückgeführt. Das Wettbewerbsverbot bleibt in dem Umfang wirksam, der dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient (LAG Rheinland-Pfalz 03.08.2012 - 9 SaGa 6/12, LAG Baden-Württemberg 30.01.2008 - 10 Sa 60/07).

Beispiel:

Wird das Wettbewerbsverbot unzulässigerweise für einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren vereinbart, so endet es mit dem Ablauf der zwei Jahre.

Aber ein Wettbewerbsverbot kann auch nichtig sein:

"Wettbewerbsverbote, die entgegen § 74 Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung vorsehen, sind hingegen nach ständiger Rechtsprechung nichtig. Weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber können aus einer solchen Abrede Rechte herleiten" (BAG 22.3.2017 - 10 AZR 448/15).

2.4 Aufhebung

Ein Wettbewerbsverbot kann jederzeit von beiden Parteien einvernehmlich aufgehoben werden. Der Arbeitgeber kann vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Wettbewerbsverbot verzichten; damit wird der Arbeitnehmer von seinen Pflichten sofort frei, der Arbeitgeber hat die Karenzentschädigung jedoch noch ein Jahr nach Zugang der Verzichtserklärung zu zahlen.

Auch mit der oftmals in einem Prozessvergleich enthaltenen Ausgleichsklausel kann das Wettbewerbsverbot aufgehoben werden (BAG 24.06.2009 - 10 AZR 707/08).

2.5 Inkrafttreten

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot tritt mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Kraft. Unerheblich ist, aus welchen Gründen das Arbeitsverhältnis endet.

2.6 Zuständiges Gericht

Für Streitigkeiten aus der Vereinbarung von arbeitsrechtlichen Wettbewerbsverboten sind die Arbeitsgerichte zuständig.

2.7 Mandantenübernahmeklausel

Siehe insofern den Beitrag "Arbeitsvertrag - Rechtsanwalt"

 Siehe auch 

Arbeitsvertrag

Wettbewerb

Wettbewerbsrecht

Wettbewerbsverbot - Wirtschaftsrecht

BAG 15.01.2014 - 10 AZR 243/13 (Wirksamkeit einer in das Ermessen des Arbeitgebers gestellten Höhe der Karenzentschädigung)

BAG 22.10.2008 - 10 AZR 360/08 (Berechnung der Karenzentschädigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Elternzeit)

BAG 07.09.2004 - 9 AZR 612/03 (nachvertragliches Wettbewerbsverbot)

BAG 26.05.1992 - 9 AZR 27/91

Fischer: Wettbewerbstätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2009, 331

Gravenhorst: Die Zusage der Karenzentschädigung nach § 74 II HGB; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2006, 3609

Korinth: Die Reichweite allgemeiner Ausgleichsklauseln in arbeitsgerichtlichen Vergleichen. Nur sorgfältige Formulierungen schützen vor bösen Überraschungen; Der Arbeits-Rechts-Berater - ArbRB 2013, 321

Lingemann/Chakrabarti: Kundenschutzklauseln und Abwerbeverbote bei Arbeitnehmern; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2020, 2316

Reuter: Wettbewerbsrechtliche Ansprüche bei Konflikten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2008, 3538

Urban: Wettbewerbsverbote rechtssicher vereinbaren; Arbeitsrecht Aktuell - ArbR 2012, 241